Birgit Birnbacher

Ich an meiner Seite

Roman
Cover: Ich an meiner Seite
Zsolnay Verlag, Wien 2020
ISBN 9783552059887
Gebunden, 272 Seiten, 23,00 EUR

Klappentext

Birgit Birnbacher erzählt vom jungen Arthur, der nach seiner Zeit im Gefängnis nur schwer eine neue Chance bekommt. Arthur, 22, still und intelligent, hat 26 Monate im Gefängnis verbracht. Endlich wieder in Freiheit stellt er fest, dass er so leicht keine neue Chance bekommt. Ohne die passenden Papiere und Zeugnisse lässt man ihn nicht zurück ins richtige Leben. Gemeinsam mit seinem unkonventionellen Therapeuten Börd und seiner glamourösen Ersatzmutter Grazetta schmiedet er deshalb einen ausgefuchsten Plan. Eine kleine Lüge, die die große Freiheit bringen könnte.  Birgit Birnbacher erzählt davon, wie einer wie Arthur überhaupt im Gefängnis landen kann, und geht der großen Frage nach, was ein "nützliches" Leben ausmacht.

Rezensionsnotiz zu Deutschlandfunk Kultur, 14.07.2020

Knapp, aber begeistert bespricht Sonja Hartl den Debütroman der letztjährigen Bachmann-Preisträgerin Birgit Birnbacher. Die Geschichte um den stets angepassten und unauffälligen, aber traumatisierten Arthur, der gerade frisch aus der Haft entlassen wurde und nun im Resozialisierungsprogramm in den Alltag zurückzufinden versucht, besticht laut Kritikerin durch einfühlsame und authentische Figurenzeichnung. Mehr noch: Dass Birnbacher ihre "sozialrealistische" Geschichte mit Witz und Skurrilitäten auffrischt - und ihren Helden für seine Tat nie verurteilt, machen den Roman für Hartl außergewöhnlich.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 29.04.2020

Judith von Sternburg schätzt die sanfte, menschenfreundliche Note in Birgit Birnbachers Roman über einen Haftentlassenen und die Versuche eines Soziologen, ihn zu resozialisieren. Für Sternburg ist die Hauptfigur eine Art Biberkopf in glücklicheren Verhältnisse, dem sie gerne folgt. Das liegt an Birnbachers unaufdringlich spürbarer Expertise als Soziologin, aber auch an der "intelligenten, antiheldischen" Figur selbst und ihrem "höchst gegenwärtigen" Leben, meint die Rezensentin. Die Geschichte ist glaubhaft und rührend, die Erzählung von leichter Hand, das Ende tröstlich offen, lässt Sternburg uns wissen.

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 18.04.2020

Rezensent Carsten Otte liest aus Birgit Birnbachers Roman eine Anklage gegen die ökonomisch orientierte Gesellschaft heraus. Für Birnbachers Prosa und den "soziologisch-literarischen" Blick der Autorin ist Otte Feuer und Flamme, eröffnet der Text ihm doch den Mikrokosmos Bewährungshilfe auf kunstvolle Weise. Dazu gehören laut Otte Birnbachers genaue Kenntnis des Systems, die glaubhafte Entwicklung der Figuren, vor allem des Antihelden und seines Therapeuten, eine bis zum Schluss überzeugende Spannungsdramaturgie sowie ein Sinn für Widersprüche und den Zickzack von Lebensläufen. Dass die Geschichte Raum für Interpretation lässt, gefällt Otte auch sehr gut.

Rezensionsnotiz zu Deutschlandfunk Kultur, 27.03.2020

Die hier rezensierende Autorin Helena Adler empfiehlt Birgit Birnbachers Roman über den 22-jährigen Arthur, der eigentlich aus gutem Hause stammt, dann aber zum Internetbetrüger wird und in Therapie muss. Auf inhaltlicher Ebene gefällt Adler, wie anschaulich und "nachvollziehbar" Arthurs Absturz geschildert werde, und sie findet in der Beziehung, die sich zwischen Arthur und seinem sonderlichen Therapeuten Börd entwickelt, "tragisch-komische" Elemente. Die Frage im Zentrum des Romans - wer sind wir ohne die richtigen Papiere? - verhandle Birnbacher zudem keinesfalls besserwisserisch, lobt Adler. Vor allem aber begeistert sich die Rezensentin für die nuancierte Sprache der Autorin, die sich trotzdem nie über ihre Figuren erhebe, sondern ihnen mit "ehrlichem Interesse" und großem Gespür für Zwischenmenschliches begegne, schließt sie.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 19.03.2020

Rezensent Christoph Schröder erkennt in Birgit Birnbachers Romandebüt sowohl ihr "feines Gespür für sozial Unterprivilegierte und Menschen, die es aus der Bahn geworfen hat," als auch ihre enorme Fähigkeit zur Empathie. Beides entfaltet die Autorin dem Kritiker zufolge an der Geschichte des frisch entlassenen Häftlings Arthur, der für ein Resozialisierungsprogramm all seine Gedanken zu bedeutsamen Momenten in seiner Kindheit und Jugend aufzeichnet. Aus der raffinierten Kombination der Selbstauskünfte über die Vergangenheit und der Geschehnisse in der Gegenwart wird ein feinsinniger und auch "literarisch versierter" Roman über Menschen, denen der übliche Rettungsanker namens Familie verwehrt bleibt, lobt der ergriffene Rezensent.
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Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 18.03.2020

Rezensent Wolfgang Schneider überzeugt der Debütroman von Birgit Birnbacher nicht auf ganzer Linie. Viel mehr als eine Talentprobe ist der Text für ihn nicht, auch wenn es der Autorin laut Rezensent in "starken Szenen" immer wieder gelingt, ihrer Geschichte eines Kriminellen inklusive Resozialisierungsprojekt skurrile Momente abzugewinnen. Die Entwicklung der Figur scheint Schneider letztlich nicht einzuleuchten. Dass Birnbacher sich eine eigene "Wahrnehmungsschneise" im Hinblick auf Milieus und Lebensweisen schlägt, findet Schneider gleichwohl verdienstvoll.
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Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 18.03.2020

Rezensent Paul Jandl hat viel Freude mit diesem Roman der letztjährigen Bachmann-Preisträgerin Birgit Birnbacher. Im Gegensatz zu anderen "Prekariatsgeschichten" setzt die österreichische Schriftstellerin nicht auf soziologische Milieuschilderungen, sondern auf Witz und "Satire", erkennt der Kritiker, der hier dem Ex-Knacki Arthur von der österreichischen Provinz in eine spanische Palliativklinik und zurück nach Wien folgt. Ganz gleich, ob Birnbacher ihren Helden auf eine "schillernde" Schauspielerin im Pflegeheim oder auf einen verrückten Psychiater namens "Börd" treffen lässt - stets behält sich die Autorin ihre lockere "Lakonie" bei, staunt der Kritiker, der sich bisweilen wie in einem "Wiener Film noir" fühlt. Und der Blick für "soziale Härte" kommt hier auch nicht zu kurz, ergänzt er.