Judith Kuckart

Die Verdächtige

Roman
Cover: Die Verdächtige
DuMont Verlag, Köln 2008
ISBN 9783832180720
Gebunden, 288 Seiten, 19,90 EUR

Klappentext

Robert ist 39, sieht aus wie George Clooney und arbeitet beim Mord­dezernat. Seine Frau hat er bei einer Verkehrskontrolle kennengelernt, aber die hat ihn gerade verlassen. Da kommt zu ihm aufs Kommissariat eine Frau, an der alles seltsam ist, nicht nur der Kragen ihres Mantels, der ihr wie ein Rhabarberblatt über die Schultern fällt. Marga Burg will eine Vermisstenanzeige aufgeben. Sie war mit ihrem Freund Mathias auf der Kirmes, er stieg allein in die Geisterbahn und kam nicht mehr heraus: "Er war einfach verschwunden, wie eine Faust verschwindet, wenn man die Hand öffnet." Robert macht sich zusammen mit seiner forschen Kollegin Nico auf die Suche. Doch überall begegnet er Marga, die umso undurchschaubarer wird, je näher er ihr kommt.

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 06.11.2008

Hier sei ein guter Stoff einem schlechten Krimi zum Opfer gefallen, seufzt Rezensent Martin Lüdke nach vollzogener Lektüre dieses Romans über eine Frau, deren Mann eines Tages in einer Geisterbahn abhanden kam. Zwar sei Judith Kuckart eine gute Erzählerin, doch wird Lüdke den Verdacht nicht los, dass sie hier mit Blick auf die Bestsellerlisten erfolgreiche Kollegen nachgeahmt hat und dabei das Potenzial ihres eigenen Stoffes verkannte. ”Flotte Dialoge”, ”hübsche Pointen” und ”gute Beobachtungen”, bescheinigt der Rezensent der Geschichte. Auch die Figuren und Konstellation des Plots findet er interessant, den ”filmischen Auftakt” des Romans gar ”furios”. Doch bald überlagert und beschwert die komplexe Psychologie der Figuren den Fortgang der Geschichte, gelingt es Kuckart aus Sicht des Rezensenten nicht, daraus die Handlung voranzutreiben. Stattdessen stülpe sie ihrer Geschichte eine weitere Psychologisierung über, weshalb der Roman seine Spannung immer stärker einer ”an den Haaren herbei gezogenen” Geschichte verdanken müsse. In diesem Zusammenhang sieht Lüdke, wie eine ”Menge Kamele” durch Nadelöhre gezwängt werden, was ihm den Lesespaß am Ende ziemlich vergällt.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 22.09.2008

Ein seltsames Gefühl des Unzeitgemäßen weht Meike Fessmann aus Judith Kuckarts Roman "Die Verdächtige" an, der sie besonders durch seinen alles durchdringenden "zärtlichen Blick" eingenommen hat. Die Geschichte von Marga Burg, einer merkwürdig anachronistischen Erscheinung, die ihre große Liebe bei der Polizei als vermisst anzeigt, und des gerade von der Ehefrau verlassenen Polizisten Robert hat sie in den Bann gezogen. Der Roman erinnert Fessmann nicht nur wegen seiner Krimielemente an alte Filme von Louis Malle, Godard oder Hitchcock. Ein durchdringendes Gefühl der "Wehmut" durchdringt für sie dieses Buch, das von Verlust und Trauer und von der Angst, den "Boden unter den Füßen zu verlieren" handelt, wie die Rezensentin meint. Sie bewundert Kuckarts Fähigkeit, trotz ihrer ausgefeilt formulierten, genauen Beobachtungen souverän die Klippen des Prätenziösen zu umschiffen. Als eigentlichen Glücksgriff aber will der Rezensentin die Figur des Bob Dylan verehrenden Polizisten erscheinen, dessen wechselnde Liebschaften im Roman die "kühnsten Verwandtschaften" erzeugen, wie sie verrät.
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Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 30.08.2008

Mit diesem Roman hat die Autorin den Kriminalroman als Märchen wieder erfunden, feiert Rezensent Roman Bucheli das neue Buch von Judith Kuckart. Und nicht nur das: auch als "vollendete" Studie über "die Melancholie des Verlassenen" hat die Geschichte von der seltsamen Marga, die ihren Geliebten in einer Geisterbahn verlor, und dem Kriminalbeamten Robert, der den Fall untersucht, den Rezensent begeistert. Die Beziehung, die sich entwickelt, fesselt Bucheli ebenso, wie der Fortgang des virtuos geschilderten Kriminalfalls. Manchmal fühlt sich der bezauberte Rezensent beim Lesen dieser Geschichte an die Kunstmärchen der Romantiker erinnert. Die fatalistische und bedingungslose Liebe, die in diesen Fabeln die Hauptrolle hatte, werde von Kuckart nicht nur wiederbelebt, sondern in eigene, ""sinnlich betörende Bilder übersetzt".

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 28.08.2008

Nicht frei von Schwächen, aber dennoch lohnenswert findet Rezensent Thomas Meissner den Roman von Judith Kuckart, in dem ein melancholischer Kommissar auf der Spur eines Verschwundenen einer geheimnisvollen Frau namens Marga begegnet. Nur "vordergründig" handelt es sich hierbei um einen Krimi, weiß der Rezensent, im Grunde interessiere sich die Autorin für Zwischenmenschliches, Undurchdringliches und Magisches. Dieser Anspruch werde ihr jedoch zum Verhängnis: Um den kriminalistischen Plot am Laufen zu halten, opfere Kuckart die anfänglich zelebrierte Unklarheit. Was der Roman in Sachen Suspense im zweiten Teil des Buches gewinne, verliere er daher an "poetischer Suggestivkraft". Der Rezensent bedauert die "genretypische" und eher simple Auflösung des anfangs so wunderbar rätselhaften Falles. Dennoch böte der "labyrinthische" Roman einige äußert eindringliche Passagen, die Meissner sogar über den relativ "dümmlichen" Titel "Die Verdächtige" hinweg trösten.
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Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 26.08.2008

Nicht wirklich überzeugt hat Rezensent Ulrich Rüdenauer der Roman "Die Verdächtige", den Judith Kuckart vorgelegt hat. Hier treffen Krimi und "Selbstfindungsprosa" in einem "poetisch aufgeladenen Gemisch" aufeinander, wobei letztere zu dominieren scheint, wie der Rezensent etwas irritiert berichtet. Der Roman handelt von einem zum Philosophieren neigenden Kommissar namens Robert, der sich auf der Suche nach einem verschwundenen Mann in eine Reihe von Amouren verstrickt, unter anderem mit der Hauptverdächtigen Marga. Weniger die kriminalistische Handlung stehe dabei im Vordergrund, sondern vielmehr die privaten Reflexionen des Kommissars, der sich sowohl bei der Lösung des Falles als auch im Leben allgemein reichlich verloren zeige. Dieser Ermittler tauge zwar dazu, alle gängigen Klischees über Polizisten zu revidieren, meint der Rezensent, aber auch nicht zu mehr. Letztlich stünden die eher eindimensionalen Charaktere und deren Selbstbezogenheit dem Plot des Romans im Wege.
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