Jürgen Busche

Die 68er

Eine Biografie
Cover: Die 68er
Berlin Verlag, Berlin 2003
ISBN 9783827005076
Gebunden, 160 Seiten, 17,90 EUR

Klappentext

Bei der Bundestagswahl trafen zwei Politiker aufeinander, die, obwohl fast altersgleich, zwei verschiedenen Generationen angehören: Gerhard Schröder hatte in den sechziger Jahren der Studentenbewegung nahe gestanden. Edmund Stoiber hatte sich von ihr ferngehalten. Beide verkörpern in scharfer Ausprägung ihre jeweilige Generation diesseits und jenseits einer historischen Wendemarke. Was aber prägte die Generation der 68er? Sie wuchs in einer fast ausschließlich nach Wohlstand und Sicherheit strebenden Nachkriegsgesellschaft heran. Als Studenten stellten sich die 68er in der Mehrzahl gegen das Schweigen der Väter, gegen die Autoritäten, die der Nationalsozialismus diskreditiert hatte. Sie wurden damit Teil einer internationalen Protestbewegung. Heute besetzen 68er die Schaltstellen des Staates, der Wirtschaft und der Universitäten, aber hat diese Generation die Kraft und die Überzeugung, einer Ära ihren Stempel aufzudrücken? Wird sie Bleibendes hinterlassen?

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 28.03.2003

Jürgen Busches Biografie der 68er-Generation hat Rezensent Dieter Rulff nur teilweise überzeugt. Für den Autor spricht nach Rulffs Ansicht zum einen, dass sein Text frei ist von dem Weihrauch, "der einem bisweilen bei der einschlägigen Lektüre in die Nase steigen kann", zum anderen, dass er, obgleich von Hause aus eher konservativ, kein Anti-68er ist. Der Rezensent hebt hervor, dass die Ermordung John F. Kennedys im November 1963 bei Busche als Initiationserlebnis der klassischen 68er-Biografie firmiert. Die Auseinandersetzung der 68er mit der Vätergeneration spiele bei Busche eine wichtige Rolle. Im weiteren verenge Busche allerdings den Blick auf die Biografien der "üblichen Verdächtigen". Dabei wandelt er auf einem Pfad, den vor ihm schon viele betreten haben, so Rulff. Der Marsch durch die Institutionen findet bei ihm vor allem in der SPD statt. Zum Bedauern des Rezensenten erhellt Busche aber weder die Spannungen zwischen den Führungskadern der SPD und der Grünen, noch unterzieht er dessen strategische Öffnung der Partei nach links einer kritischen Würdigung. Schade findet Rulff zudem, dass die 68er in der Union von Busche "geradezu stiefmütterlich" behandelt werden. "Busches Buch", resümiert Rulff, "ist ein Gewinn in den leider zu seltenen Passagen, in denen er sich von der politischen Genealogie löst und den kulturellen Einflüssen nachgeht."

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 20.03.2003

Jürgen Busche traut sich "tollkühne Verallgemeinerungen" zu, und das mag manchmal arg problematisch sein, doch es macht auch, findet Martin Lüdke, den Wert seines "merkwürdigen" Buches aus. Denn die Zuspitzungen lassen Erkenntnisse zu, die dem exakt arbeitenden Historiker nicht gelingen können - weder eine "Ereignis- noch eine Wirkungsgeschichte" sei das hier, und von denen gebe es ja ohnehin schon mehr als genug. Busche, ein Zeitgenosse, aber Gegner der 68er, habe wohl, entlarvt ihn Lüdke, eine Abrechnung im Sinn gehabt: "Nach einer ... erwarteten Wahlniederlage der rot-grünen Koalition wollte er Bilanz ziehen, aus dem Psychogramm der Akteure das Scheitern ihrer Politik erklären". Dass es anders gekommen ist, schade diesem so angreifbaren Versuch einer "Typisierung" der 68er keineswegs; er sei, gerade seiner Unkonventionalität wegen, "bedenkenswert und durchgehend spannend".

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 17.03.2003

Hanns Zischler spricht Jürgen Busche für dessen Studie der 68er respektvolle Anerkennung aus, auch wenn sie seinen Widerspruch herausgefordert hat. So findet er Busches Beschreibung des schwierigen und zwiespältigen Verhältnisses der 68er zu den "großen Brüdern", die den Krieg noch als Kinder erlebt hatten, sehr zutreffend, ist aber nicht einverstanden damit, Helmut Kohl und Martin Walser als exklusive Repräsentanten herauszuheben. Überhaupt seien es vor allem personelle Auslassungen, die dem Buch nicht gut zu Gesicht stünden: die Berliner Professoren Klaus Heinrich und Jacob Taubes, die Literaten Rolf-Dieter Brinkmann und Thomas Brasch, die Filmemacher Harun Farocki und Hartmut Bitomsky, außerdem Klaus Theweleit und Jörg Schröder - alle fehlen sie und gehören doch, bekräftigt Zischler, unbedingt hinein in eine Studie, die sich den 68ern heute, wo einige von ihnen nach oben durchmarschiert sind, rückblickend widmet. Auch die taz, "eine der erstaunlichsten Leistungen der 68er", finde keine Erwähnung. Richtig gut hat Zischler dagegen die "idiosynkratisch präzise" Darstellung der "Schattenseiten der 68er" gefallen. Sein Fazit: "Stark und schwungvoll in der Herleitung der vielfältigen Anfänge, verblüfft dieser Essay durch unerwartete Querverbindungen. Es ist Zündfläche geboten, man darf sich daran reiben."
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