Karin Kersten

Die Aufgeregten

Ein Großstadtroman
Cover: Die Aufgeregten
Klöpfer und Meyer Verlag, Tübingen 2005
ISBN 9783937667669
Gebunden, 220 Seiten, 22,00 EUR

Klappentext

Gesetzt den Fall, der Sinn des Lebens ist das Leben selbst? Das wäre doch eine ziemlich aufregende Möglichkeit. "Das ist ja hochinteressant", würde Karla Distelkamp rufen und umgehend einen neuen Schreibversuch wagen. Friedrich Tergeune, seines Zeichens Berater, wie es einem Mann seines Alters zukommt, ist davon zwar längst überzeugt, hat aber mit der menschlichen Unzulänglichkeit zu kämpfen. Nur mühsam widersteht er dem Verlangen, die Dummheit mit dem Stock auszutreiben. Ella Hermann hat leider im Augenblick nicht soviel Zeit für die ganz großen Fragen: Sie muß zusehen, wie sie die Löcher im Dach zubekommt, ehe weitere Mieter das Weite suchen. Das ist wohl aufregend genug. Und Halblang? Für den sind die großen Fragen täglich Brot, doch leidet er möglicherweise an fortdauerndem Unernst. Mit seinem Charakter soll etwas nicht stimmen. Das kann einen schon aufregen, findet Friedrich Tergeune. Und Malli? Der Auwacki? Frau Andermatte?

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 17.10.2005

Karin Kersten ist in ihrem literarischen Debüt der "Mainstream" der aktuellen deutschsprachigen Literatur offensichtlich vollkommen egal und so gelingt ihr ein "richtig guter" Roman, meint ein begeisterter Kolja Mensing. Das Buch dreht sich um zwei Frauen, die eine Art Gewerbehof für Lebenspraxis mit verschiedenen Dienstleistungen gegründet haben und nun für die Dachreparatur ihres maroden Gebäudes dringend Geld brauchen; um eine schnelle Mark zu machen, planen sie einen Bestseller aus "reißerisch zusammengeklierten Geschichten von Liebe und Gewalt", fasst der Rezensent zusammen. Die Autorin selbst praktiziert in ihrem Roman den "kontrollierten Regelbruch" als "Formprinzip", indem sie ungehemmt Traumprotokolle, seitenlanges Räsonieren oder "komische Selbstvergewisserungsprosa bietet, so Mensing amüsiert. Der Untertitel, in dem ein "Großstadtroman" versprochen wird, ist natürlich auch reine "Ironie", stellt der Rezensent klar, denn die Protagonisten gehen allenfalls in Villenvororten spazieren oder machen vollkommen ereignislose Reisen beispielsweise nach Braunschweig. Dieses Buch beweist, dass viel versprechende Debütanten keineswegs immer "jung sein müssen", betont der Rezensent.
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Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 24.05.2005

"Die Aufgeregten" sind ziemlich unaufgeregt, stellt Martin Krumbholz fest. Allerdings redeten sie als "gemäßigte Hysterikerinnen" so viel, wie der Tag lang ist; "Die Aufgeregten" von Karin Kersten, ein Debütroman, sei ein ausgesprochen dialogintensives Buch, so Krumbholz, das durch den verbalen Schlagabtausch seiner zwei Protagonistinnnen, zwei ledige Frauen im mittleren Alter, vor Einseitigkeit oder Flucht in die Innerlichkeit geschützt sei. Kersten produziert laut Krumbholz einen ganz eigenen Wort- und Dialogwitz, sie besitzt einen speziellen Humor, der den Rezensenten an Hermann Lenz erinnert. Erstaunlich lässig arbeiteten sich die beiden Figuren an ihrer Umwelt, an ihren Existenzängsten, an ihren Süchten ab, entfalteten in aller Ruhe ihre Schrullen, staunt Krumbholz, weshalb er den Untertitel "Großstadtroman" als eher untauglich empfindet und bei den "Aufgeregten" lieber von einer Peripherie-Geschichte sprechen würde. Da hinein passt auch das Krimi-Motiv, das mitten in den Roman platzt, schwärmt der Rezensent, und die Autorin in souveräner Weise mit der Spannung zwischen Trivialroman und anspruchsvoller Literatur spielen lasse.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 26.04.2005

Der literarischen Einladung ins untergegangene Westberlin, die Karin Kerstens Großstadtroman "Die Aufgeregten" ausspricht, ist Rezensent Hanns Zischler mit Vergnügen gefolgt. Er begleitet die von schriftstellerischen Ambitionen getriebene Hauptfigur Karla Distelkamp bei ihren Versuchen, den Stoff für einen "großen Groschenroman" nach russischem Vorbild aufzuspüren, wobei sie in "unwahrscheinliche" Situationen gerate, so Zischler. Die Komik und Absurdität mancher Szenen, "durchdrungen und gesteigert" von Melancholie, nötigen ihm dabei große Bewunderung für Kerstens Schreibkunst ab, gleiches gilt für ihre Landschaftsdarstellungen: "Seit Arno Schmidt hat man keine derart weltentrückte Heidelandschaft mehr lesend durchwandert, in der seltsame Fluss- und Flurnamen sich - in Orffscher Manier dröhnend - reimen." Nach Abstrichen sucht man in dieser Rezension, die insgesamt einen "mit viel Witz getarnten, ernst zu nehmenden Roman" empfiehlt, vergeblich.
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