Karl Heinz Bohrer

Imagination des Bösen

Zur Begründung einer ästhetischen Kategorie
Cover: Imagination des Bösen
Carl Hanser Verlag, München 2004
ISBN 9783446204942
Gebunden, 269 Seiten, 19,90 EUR

Klappentext

Gewalt, Grausamkeit, Krieg - diese Sphäre zieht die Künstler vor allem an. Warum paktiert die literarische fantasie mit dem Bösen? Karl Heinz Bohrer erläutert anhand der Werke von Poe, Baudelaire, Shakespeare, Kafka und anderen die Natur des Bösen und gibt dem Leser einen Einblick in diese ästhetische Kategorie.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 02.06.2004

"Es scheint", schreibt Ludger Heidbrink, "große Schwierigkeiten zu bereiten, die Schrecken der Moderne ohne Absicherung zu denken, seien sie moralischer oder ästhetischer Art". Dabei scheint Karl Heinz Bohrer erstmal auf einem ganz anderen Dampfer zu sein, interessiert ihn doch das Böse, anders als einen Großteil der abendländischen Philosophen, "nicht als Mangel des Guten, sondern als Motiv und Stil in der modernen Kunst". Und dort, so seine Argumentation, steht es für nichts außer sich selbst; es bringt nichts zum Ausdruck, sondern ist selber der Ausdruck, und zwar ein ganz besonders gewaltsamer - ein wirkungsmächtiges ästhetisches Mittel. Schön und gut, doch dann, hadert Heidbrink, schleicht sich der Sinn durch die Hintertür wieder ein: Das Böse erfüllt nämlich eine Aufgabe - es soll unsere "Vorstellungskraft" erweitern und mithin unseren geistigen Horizont. Es bleibt also dabei: "Nicht das Böse ist treibende Kraft des Denkens, sondern der Versuch, ihm einen Platz in der prekären Ordnung der Dinge zu geben."

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 29.04.2004

Mit "Spannung" hat Stephan Schlak das Buch von Karl Heinz Bohrer über das Böse in der Kunst zur Hand genommen, aber nach der Lektüre ist er ein bisschen enttäuscht. Der Sammelband enthält Aufsätze aus dreißig Jahren, in denen Bohrer das Böse als "ästhetische Kategorie" in der Literatur unter die Lupe nimmt, erklärt der Rezensent. Denn für den Autor ist die Kunst immer Nutznießerin des Krieges und der dort ausgeübten Gewalt, so Schlak weiter. Während er die Texte zu Ernst Jünger und Peter Weiss durchaus "brillant" findet, fragt er sich dennoch, wen der Autor denn heute noch mit diesen Essays "erschrecken möchte". Das größte Problem sieht Schlak darin, dass Bohrer, wie er meint, seit den sechziger Jahren der "ideologiekritischen Gegner" verloren gegangen ist. Damit, so der Rezensent bedauernd, trifft die "begnadete polemische Feder" nicht mehr so recht und die Essays wirken insgesamt etwas "marmoriert-museal ".
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Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 22.04.2004

Niels Werber bespricht einen Band mit acht Essays von Karl Heinz Bohrer über das Böse als ästhetische Kategorie. Der Rezensent macht als Hauptthese des Bandes aus, dass "große Kunst" stets eine "Affinität zum Bösen" aufweist, wie Bohrer anhand von Texten Kafkas, Jüngers und Weiss'" sowie Bildern von Delacroix, Goya und Bacon zu zeigen versuche. Der Autor argumentiert, dass die "Deutung als Sinnstiftung" letztlich nicht den Kern dieser Kunst trifft, erklärt der Rezensent. Am Text "Kriegsgewinnler", dem einzigen "Originalbeitrag" des Bandes, wie Werber betont, demonstriert der Bohrer dann, dass die Kunst von je her ihre besondere "Energie" aus dem Krieg mit seinen Grausamkeiten und Schrecken gewonnen hat. Bedauerlich findet es der Rezensent am Ende, dass Bohrer nicht auch die Kunst nach dem Terroranschlag des 11. Septembers unter diesem Aspekt untersucht hat.