Klaus Günther

Schuld und kommunikative Freiheit

Studien zur personalen Zurechnung strafbaren Unrechts im demokratischen Rechtsstaat
Cover: Schuld und kommunikative Freiheit
Vittorio Klostermann Verlag, Frankfurt a. Main 2005
ISBN 9783465033783
Kartoniert, 281 Seiten, 49,00 EUR

Klappentext

Die Debatte um den strafrechtlichen Schuldbegriff schwankt zwischen metaphysischen, auf Willensfreiheit sich gründenden Positionen und verschiedenen Versuchen, die Bedeutung strafrechtlicher Schuld an präventive Strafzwecke zu assimilieren. Im Gegensatz dazu stellt Günther strafrechtliche Schuld in einen engen Zusammenhang mit der Idee eines demokratischen Rechtsstaates. Es gibt einen nicht nur zufälligen Zusammenhang zwischen der Zurechnung strafbaren Unrechts zur Schuld einer Person und der Art und Weise der Legitimation derjenigen Strafrechtsnormen, deren Verletzung zugerechnet wird. Die Legitimation muß von der Art sein, dass die individuell verantwortlichen Rechtspersonen von der Rolle des Normadressaten in die Rolle des Staatsbürgers wechseln können, in welcher sie sich an der Herstellung legitimer Rechtsnormen beteiligen. Die Berechtigung, eine Rechtsperson schuldig zu sprechen, ergibt sich aus der kommunikativen Freiheit, die sie als Staatsbürger in einer Demokratie hat und in Anspruch nehmen kann. Eine undemokratische Rechtsordnung darf daher niemanden schuldig sprechen. Dieser Gedanke wird in Auseinandersetzung mit präventiven Schuldtheorien und kriminalsoziologischen Theorien der Schuldzuschreibung ausgeführt.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 14.03.2005

Zurückhaltend zeigt sich Michael Pawlik gegenüber diesem Buch des Frankfurter Strafrechtlers und Rechtsphilosophen Klaus Günther, das um die Frage kreist, unter welchen Voraussetzungen eine Rechtsordnung den Gehorsam der Bürger beanspruchen kann. Zwar würdigt Pawlik das Werk als "imponierendes Buch", was die Souveränität seines Umgangs mit einer kaum noch überschaubaren Literatur und der Scharfsinnigkeit vieler seiner Einzelanalysen anbelangt. Günthers inhaltliche Aussagen aber, die Habermas? Diskurstheorie des Rechts verpflichtet sind, überzeugen ihn wenig. Wie Habermas bestehe auch Günther darauf, dass die Verpflichtung zum Rechtsgehorsam nicht aus einem vorteilhaften Tausch von Freiheitsverzicht gegen Freiheitsgewinn erwachse, sondern, wie Pawlik den Autor zitiert, "aus dem Recht auf wirksame Teilnahme an den rechtlich institutionalisierten Verfahren demokratischer Selbstgesetzgebung, in denen gleiche und freie Rechtspersonen sich selbst die Normen geben, unter denen sie gleiche Freiheitsrechte in Anspruch nehmen". Diese Auffassung führt nach Ansicht Pawliks zu "äußerst radikalen Konsequenzen". So erscheine etwa der Gehorsamsanspruch eines demokratischen Rechtsstaats nach Art der Bundesrepublik wegen der "Mischung aus Populismus und expertokratischer Regelungswut" , die derzeit im Bereich des Strafrechts zu beobachten sei, als zweifelhaft. Letztlich will Pawlik den Überlegungen Günthers "allenfalls" die Rolle einer regulativen Idee zuerkennen, nicht aber den Status einer "konstitutiven Voraussetzung des staatlichen Gehorsamsanspruchs".
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