Larry Siedentop

Demokratie in Europa

Cover: Demokratie in Europa
Klett-Cotta Verlag, Stuttgart 2002
ISBN 9783608940411
Gebunden, 366 Seiten, 25,00 EUR

Klappentext

Aus dem Englischen von Klaus Kochmann. In welchem Europa möchten wir leben? Trotz der tiefen Gegensätze zwischen den Gegnern und den Befürwortern eines Vereinigten Europa sind die Umrisse einer ernsthaften, über das rein Ökonomische hinausgehenden öffentlichen Auseinandersetzung bislang kaum skizziert worden. Was signalisiert das Fehlen einer großen Debatte über den Zustand Europas zu Beginn des 21. Jahrhunderts? Larry Siedentop wagt einen Neuanfang: Ausgangspunkt seiner Betrachtung ist der heftige, aber höchst wichtige Meinungsaustausch, der der Schaffung einer Bundesregierung in den USA voranging. Was können wir von den Vereinigten Staaten von Amerika lernen, was dürfen wir von einem Vereinigten Europa erwarten und was haben wir zu befürchten?

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 07.01.2003

Seit 1999 wird in den europäischen Institutionen und seit gut zwei Jahren in einem Verfassungskonvent über eine Verfassung für die Europäische Union debattiert. Der liberale Politikwissenschaftler Larry Siedentop aus Oxford prüft in seinem Buch "Demokratie in Europa" die politischen Systeme Großbritanniens, Frankreichs und Deutschlands auf ihre "Tauglichkeit als Vorbild für Europa". Deutschland zum Beispiel mit seiner föderalen Ordnung und daraus resultierenden "mangelnden Effizienz" ist kein Vorbild, referiert Rezensent Michael Brüggemann die Ansicht des Autors. Siedentop setze sich für eine "dezentralisierte Verfassung" ein, die auf einer föderalen Ordnung beruhen solle. Für ihn seien Ideale wie Gleichheit und Freiheit des Einzelnen wichtig, die Grundvoraussetzungen des Pluralismus. Diese Ideale findet Siedentop in der EU jedoch nicht, erklärt der Rezensent, schuld daran sei für den Autor der Einfluss der zentralistisch gesinnten französischen Beamten auf die Elite in den europäischen Institutionen. Für Brüggemann hat das Buch "Erklärungskraft für viele Phänomene in Brüssel" und ist nicht nur für die Abgeordneten ein hervorragendes Buch um Diskussionen nach dem Vorbild des amerikanischen Verfassungskonvents führen zu können.
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Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 09.07.2002

"Intelligent und anregend - aber leider zu abstrakt", findet Rezensent Carsten Schymik Larry Siedentops Thesen über die künftige "Demokratie in Europa". Wie Schymik darlegt, sollte sich die EU nach Meinung Siedentops ein Beispiel an der föderalen Verfassung der USA nehmen und endlich eine am US-Föderalismus orientierte Verfassungsdebatte führen. Die Reaktionen auf Siedentops Buch in Großbritannien und auch hierzulande waren laut Schymik so positiv, dass er sich fragt, ob Siedentop sein Anliegen, einen "veritablen Streit" über die demokratische Zukunft Europas anzuzetteln, verfehlt hat. Vielleicht hat der Mangel an "erfolgreicher Provokation" damit zu tun, vermutet Schymik, "dass Siedentops Buch keiner so recht versteht". Zwar seien seine Analysen und Argumente gedanklich wie stilistisch klar, doch über weite Strecken so abstrakt, "dass sich kaum jemand direkt provoziert fühlen muss". Den einen konkreten Vorschlag zur künftigen Verfassung der EU, den Siedentop dann doch macht, die Einrichtung eines EU-Senats nach amerikanischen Vorbild, findet Schymik "merkwürdig". Es erscheint ihm schlicht "rätselhaft", wie sich daraus eine Stärkung der Demokratie in Europa ergeben soll.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 20.04.2002

Leonhard Neidhart ist schwer beeindruckt von Larry Siedentops "breit angelegter" und "begründungsstarker" Untersuchung der Frage, wie die europäische Union zu demokratisieren sei. Ausgehend von einem Vergleich mit der Geschichte der USA und Frankreichs untersuche Siedentop das demokratische Entwicklungspotential der EU. Dabei komme der Autor zu dem Ergebnis, dass es in den USA gelungen sei, eine zentrale Regierung mit örtlicher Selbstverwaltung zu einem funktionierenden Föderalismus zu verbinden, in Frankreich dagegen nicht. Alles in allem ist Europa nach Siedentop aber noch nicht reif für einen föderalen Superstaat vergleichbar mit den USA. Hierfür fehle es vor allem an einer gemeinsamen Vorstellung, wie dieser Staat genau aussehen könnte - das es ein Bundesstaat sein muss, ist für Siedentop noch nicht ausgemacht. Neidhart findet die Herangehensweise des Autors an sein Thema ungeheuer produktiv, auch in dem Widerspruch, den Siedentop gewiss provoziere. So wird der Rezensent nicht müde zu betonen, "wie gründlich fundiert, aber auch kritisch und teilweise hoch polemisch" diese Studie ist. Zudem lobt er die Komplexität der Überlegungen des Autors: Siedentop setze mit dieser Arbeit Maßstäbe, "an denen niemand vorbeikommen wird, der sich mit der politischen Entwicklung Europas befassen will", resümiert der begeisterte Rezensent.