Madeleine Bourdouxhe

Vacances. Die letzten großen Ferien

Roman
Cover: Vacances. Die letzten großen Ferien
Piper Verlag, München 2002
ISBN 9783492043632
Gebunden, 176 Seiten, 16,90 EUR

Klappentext

Aus dem Französischen von Monika Schlitzer. Mit einem Nachwort von Faith Evans. Eigentlich hatten Therese und ihre Freundin Francoise vor, nach Paris zu gehen und dort berühmte Literaturkritikerinnen, Schauspielerinnen oder Geigerinnen zu werden. Wie ihre Freunde aus dem Cafe "Diable au corps", der blasse Daniel, der begabte, etwas arrogante Jean oder der verträumte Luc stellten sich die beiden Mädchen irgend etwas Außergewöhnliches für ihre Zukunft vor. Dann aber wird Francoise schwanger, und plötzlich müssen Entscheidungen gefällt werden, die mit einem Bohemeleben nicht zu vereinbaren sind.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 13.08.2002

Als eine der wichtigsten Wiederentdeckungen der vergangenen Jahren feiert Manuela Reichert die belgische Autorin Madeleine Bourdouxhe, deren Romanfragment "Vacances" aus den dreißiger Jahren nun zum ersten Mal in deutscher Übersetzung veröffentlicht wird. Im Mittelpunkt der Erzählung stehen zwei junge Mädchen, Freundinnen, die in einer französischen Provinzstadt vom richtigen Leben träumen, sich in der Liebe versuchen - und scheitern, wie die Rezensentin zusammenfasst. Zum Schluss wird die eine noch immer auf das neue Leben warten, die andere ist gefangen in einer viel zu früh geschlossenen Ehe. Die meisterhaften Stellen dieses Fragment seien die Schilderung einer Abtreibung, des Liebesaktes und der scheuen Liebkosungen zwischen den Freundinnen, schwärmt Manuela Reichert: "Es sind die Unterschiede im Begehren der Geschlechter, die die Autorin ganz unangestrengt und beinahe nebenbei formuliert."
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Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 28.06.2002

Gemischt fällt Ingeborg Harms Urteil über den schon 1936 geschriebenen und damals nur auszugsweise in einer Brüsseler Anarchistenzeitschrift veröffentlichten Debütroman von Madeleine Bourdouxhe aus. Während sie den "fragmentarisch gebliebenen" Roman einerseits als "weitere Perle der europäischen Adoleszenzliteratur" bezeichnet, ist sie doch auf der anderen Seite mit der Entwicklung der Erzählung nicht wirklich zufrieden. Als Momentnahme des "transitorischen Moments an der Grenze zum Erwachsenenleben" findet sie den Roman gelungen, doch für die "Phase zwei, die Zeit, in der Befreiung von Zwängen zu ertrotzen wäre", fehlt es der Autorin nach Harms Einschätzung schlichtweg "an Reife".
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Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 27.06.2002

Madeleine Bourdouxhe war eigentlich nur ein Stern "dritter Größe" meint Rezensent Jochen Jung. Aber irgendwie hat es ihm dieser Roman angetan. Es geht um eine Gruppe von Studenten und Schülern in einer Kleinstadt, die sich gemeinsam die Zeit vertreiben und große Träume hegen, die allerdings ein trauriges Ende finden: Die siebzehnjährige Francoise wird von ihrem Freund Daniel, der sich das Leben nimmt, schwanger, meint abgetrieben zu haben, ist immer noch schwanger und verliert das Kind letztlich durch eine Fehlgeburt. Das lässt des Lesers Herz zwar zusammenzucken, verkündet der Rezensent, der darüber ins Grübeln gerät: Wie kommt es nur, fragt er sich, dass manche Bücher trotz mäßiger Erzählkunst den Leser in ihre Welt hineinzuziehen, obwohl der wisse, dass es nicht besonders "bedeutend" ist, was er da liest? So ging es ihm jedenfalls hier. "Über Strecken", so Jung, ist dieser Roman "so tief wie flach", "etwas bescheiden in der Melodie, aber durchaus erfolgreich". Immerhin, gesteht Jung zu, "man seufzt" und erinnert sich an die eigene Jugend, in der Sehnsucht, Liebe, Verführung und Verzweiflung von großer Bedeutung waren.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 26.06.2002

Die deutsche Übersetzung des Romanfragments "Vacances" gilt als Erstausgabe dieses Erstlings von Madeleine Bourdouxhe, erläutert Maike Albath. Bourdouxhe hatte den Roman Anfang der 30-er Jahre in einer belgischen Anarchistenzeitschrift veröffentlicht, jedoch nie in Buchform. Kurz darauf erschien "Gilles' Frau", das unter anderen von Simone Beauvoir hochgelobt wurde; da Bourdouxhe Belgierin war, wurde ihre schriftstellerische Karriere durch den zweiten Weltkrieg abrupt beendet. Nach dem Krieg, so Albath, wirkten ihre Geschichten viel zu privat. Die Autorin geriet in Vergessenheit - bis zu den 80er Jahren, als ihre Bücher eine Renaissance erfuhren. Albath hält es für möglich, dass die fehlenden Seiten aus "Vacances" einer späten Prüderie der Autorin zum Opfer gefallen sind, da ausgerechnet eine pikante Liebesszene fehlt. Andererseits hat kaum eine Frau so offen über weibliche Sexualität, widersprüchliche Gefühle und das Geschlechterverhältnis geschrieben, schwärmt Albath. "Vacances" erstellt das Psychogramm einer Gruppe junger Menschen zur Zeit des 1. Weltkriegs, für die zunächst alles nur ein philosophisches Spiel ist, bevor sie sich ernsthaft ihren eigenen Wünschen, Phantasien und Ängsten stellen müssen. Bourdouxhes Sprache ist schlicht und metaphernlos, charakterisiert die Rezensentin deren warmen Erzählstil, der sich ihrer Meinung nach wohltuend von der als Mode propagierten Lakonie heutiger Schriftsteller und Autorinnen unterscheidet.
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