Manfred Fuhrmann

Latein und Europa

Geschichte des gelehrten Unterrichts in Deutschland von Karl dem Großen bis Wilhelm II.
Cover: Latein und Europa
DuMont Verlag, Köln 2001
ISBN 9783770156054
Gebunden, 248 Seiten, 32,72 EUR

Klappentext

Latein prägt als Schlüsselfach der Bildungstradition, als Sprache der Wissenschaft und als übernationales Verständigungsmittel die Epochen der europäischen Geistesgeschichte. Manfred Fuhrmann vergleicht dieses Tradition mit einer "goldenen Kette", deren Glieder das Mittelalter, den Humanismus und die Reformation, die Aufklärung und den Neuhumanismus des 19. Jahrhunderts miteinander verbinden. Er legt eine umfassende Bestandsaufnahme der inzwischen "fremd gewordenen Fundamente Europas" vor und wählt dabei einen Blickwinkel, der die Geschichte des Lateinischen als leitender Disziplin mehr von innen als von außen betrachtet: die Inhalte und Ziele, die Methoden und Lektüreprogramm des Lateinunterrichts finden Beachtung, von der mittelalterlichen Klosterschule bis zum neuhumanistischen Gymnasium des 19. Jahrhunderts.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 15.10.2001

Mit spöttischer Ironie begegnet Volker Breidecker diesem Buch, das seiner Einschätzung nach wie schon im vorangegangenen Buch des Altphilologen über den bürgerlichen Bildungskanon in Europa vor allem den Zweck verfolgt, den "Verlust" eines Kanons humanistischer Bildung beklagen zu können. Obwohl das Buch die Latinität Europas weder "überzeugend" rekapituliert noch eine "streitbare Verteidigung der humanistischen Traditionen" bietet, wird es vom Rezensenten als "lehrreich und lesenswert" bezeichnet. Denn es demonstriere, dass "das fortgesetzte Nachleben der Antike" bis jetzt trotzdem nicht gänzlich aus der Welt geschafft ist, und das rechnet der Rezensent dann auch absolut nicht irgendwelchen Lateinlehrern zugute, sondern vielmehr der in Jahrhunderten gewachsenen "Latinität", von dem das Buch einen Eindruck vermittelt.
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Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 02.08.2001

Der Untertitel zu Manfred Fuhrmanns Werk über das deutsche Gymnasium sei wesentlich treffender als der eigentliche Titel, findet Hanno Helbig, denn um Europa gehe es hier nur ganz am Rande. Man dürfe aber auch keine kontinuierliche Entwicklung des Bildungswesens von Karl dem Grossen bis Wilhelm dem II erwarten, erläutert er, sondern vielmehr "verschiedene optische Einstellungen" innerhalb dieses Zeitraumes, die Helbig jedoch sehr gelungen findet. Man erfährt viele interessante Details zum Beispiel über die Entwicklung der Klassenlektüre, über Schulschriften oder das Konkurrenzverhalten des Gymnasiums zu den anderen Schultypen. Die zum Ende hin "geradezu fesselnde Untersuchung" sei nicht nur Schulgeschichte, sondern "eine ergiebige Spielart der Mentalitätsgeschichte", lobt er abschließend.

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 02.08.2001

Ach je, die neuen Bildungsideale - nichts als Sinnleere und Geschichtsvakuum. Ulrich Greiner ist tief betrübt. Dabei gibt es doch immer noch Leute wie Manfred Fuhrmann. Gebildete alter Schule, die eine "ebenso lehrreiche wie glanzvoll geschriebene Geschichte des deutschen Gymnasiums" hinzulegen vermögen, die 1000 Jahre europäische Bildungstradition "als Wechselspiel geistiger und politischer Kräfte" erzählen und dem Leser plausibel machen können, dass humanistische Bildung noch immer bedeutsam ist, dass aber "eine Bildungsidee nichts ist, was irgendjemand in edler Absicht beschließen könnte". Allein, es hilft alles nichts, den Rezensenten überfällt bei der Lektüre die traurige Erkenntnis, "dass der breite Strom humanistischer Bildung ... heute zum bloßen Rinnsal geworden ist."

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 27.07.2001

Gerrit Walther vergleicht dieses Buch in seiner Rezension mit der im Jahr 1919/1921 erschienene 'Geschichte des gelehrten Unterrichts auf den deutschen Schulen und Universitäten' von Friedrich Paulsen. Gegen diesen "konzentriert und kritisch, unendlich belesen und stets unterhaltsam" geschriebenen Klassiker hat Fuhrmanns Buch nach Ansicht des Rezensenten keine Chance. Fuhrmann lehne sich weitgehend an Paulsens Werk an und biete sogar eigentlich eine "handliche Kurzfassung des Paulsenschen Werks". Die eingeschobenen Exkurse, etwa über die Krise des humanistischen Gymnasiums in den siebziger Jahren hält Walther jedoch für inzwischen überholt, die "wissenschaftshistorische Forschung (habe) vieles revidiert". Doch nach Walthers Diagnose ist Fuhrmann in dieser Zeit stehen geblieben. Auch die Literaturliste weist - so Walther - kaum Bücher auf, die nicht älter als dreißig Jahre sind. "Nichtdeutsche Bücher fehlen fast ganz", bemängelt Walther, dem nicht klar ist, an welche Lesepublikum sich der Band überhaupt richtet. Denn Spezialisten biete das Buch nichts Neues, und Studenten empfiehlt er, doch lieber gleich einen Blick in Paulsens Werk und einige andere Bände, die er auflistet, zu werfen.
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