Mariana Enriquez

Unser Teil der Nacht

Roman
Cover: Unser Teil der Nacht
Tropen Verlag, Stuttgart 2022
ISBN 9783608501612
Gebunden, 832 Seiten, 28,00 EUR

Klappentext

Dunkelheit und Licht, Grausamkeit und Liebe. Eine große Familiensaga in einem von Extremen geprägten Land. Mariana Enriquez nimmt uns mit in die gewaltvolle Geschichte Argentiniens und die albtraumhaften Abgründe der Macht. Eine einzigartige Vater-Sohn-Geschichte, in der doch die Frauen alle Fäden in der Hand halten.Ein Vater und sein Sohn fahren quer durch Argentinien, als wären sie auf der Flucht. Wohin wollen sie? Vor wem fliehen sie? Es sind die Jahre der Militärjunta: Menschen verschwinden spurlos, überall lauert Gefahr. Sein Vater versucht den jungen Gaspar vor dem Schicksal zu schützen, das ihm zugedacht ist, seit seine Mutter unter ungeklärten Umständen gestorben ist. Bei einem Unfall, der vielleicht keiner war. Wie sein Vater Juan soll Gaspar einem Geheimbund, genannt der Orden, als Medium dienen. Mit grausamen Ritualen versuchen sie, dem Geheimnis des ewigen Lebens auf die Spur zu kommen. Doch der Preis ist hoch und der körperliche und geistige Verfall schnell und unerbittlich, wie Juan weiß. Eine scheinbar aussichtslose Flucht beginnt, denn der Einfluss des Ordens kennt keine Grenzen.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 25.10.2022

Rezensent Martin Ebel wünscht sich schon lange eine Renaissance der lateinamerikanische Literatur beziehungsweise ein Wiedererwachen des Interesses an ihr. Dass Mariana Enriquez mit ihrem Roman "Unser Teil der Nacht" einen veritablen Horror-Kracher vorlegt, kann ihn nur halb glücklich machen: Ebel ist nicht unbedingt ein Freund von Genre-Literatur und All-Age-Lektüre. Dies vorweggeschickt, muss der Rezensent aber zugeben, dass Enriquez ihn mit ihrem Roman ziemlich gepackt hat. Ungeheuer raffiniert verwebt sie Ebel zufolge die fantastische Geschichte eines alten englischen Geheimbundes, der für seine sadistischen Rituale permanent auf frisches Menschenfleisch angewiesen ist, mit der wahren Geschichte der argentinischen Militärdiktatur. Trotz mancher Länge findet er die Wucht der Geschichte überwältigend, und auch die Übersetzung lobt er trotz mancher Zeitgeistigkeit als "funkelnd". Dankbar ist Ebel zudem für die Entscheidung der Autorin, ihn nicht mit einer rationalen Erklärung des Horros zu enttäuschen.
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Rezensionsnotiz zu Deutschlandfunk Kultur, 22.03.2022

Rezensentin Victoria Eglau schaudert und staunt bei der Lektüre des neuen Romans von Mariana Enríquez, die sie auch in ihrem Haus in Buenos Aires getroffen hat. Die argentinische Autorin, ausgezeichnet mit dem renommierten Premio Herralde, so Eglau, erzählt in ihrem Buch von einem Vater in den Fängen eines brutalen Ordens, der mit seinem Sohn Anfang der 1980er Jahre eine Reise durch Argentinien zu Zeiten der Militärdiktatur unternimmt. Dabei seien, wie Eglau eine Aussage der Autorin zitiert, alle ihre "Obsessionen" eingeflossen: der argentinische und englische Okkultismus, der Horror, die Politik und die Volksreligiosität ihrer Heimat, dem Nordosten Argentiniens. Daraus ergibt sich ein düsterer 800-Seiten-Roman über die Vergangenheit Argentiniens, dem man Enríquez' Bewunderung für Stephen King deutlich anmerkt, so Eglau. Ein grausames Epos, das aber "äußerst elegant konstruiert" ist, lobt die gefesselte Kritikerin.

Rezensionsnotiz zu Deutschlandfunk Kultur, 25.02.2022

Für den Rezensenten Dirk Fuhrig übertreibt es Marianna Enriquez nicht nur mit dem magischen Realismus, wenn sie einen Vater mit seinem Sohn auf einen "Psycho-Roadtrip" durch das Argentinien der frühen 80er Jahre schickt. Dass die Autorin von der zu Beginn erzählten Geschichte um Geheimbünde der argentinischen Oberklasse und die Militärdiktatur in die Post-Diktatur-Ära springt, in der der zum Mann gereifte Protagonist die Libertinage erlebt, tut dem Buch ebenfalls nicht gut, findet Fuhrig. Auch wenn Enriquez hier plastisch und packend erzählt, fügen sich die unterschiedlichen Teile des Buches, volkstümlich Sinnliches hier, Sozialrealistisches dort, doch nicht ineinander, meint der Rezensent. Es bleibt der Eindruck einer etwas langatmigen Fantasy-Geschichte ohne viele Bezüge zur Realität, so Fuhrig.