Marie NDiaye

Ein Tag zu lang

Roman
Cover: Ein Tag zu lang
Suhrkamp Verlag, Berlin 2012
ISBN 9783518423332
Gebunden, 159 Seiten, 15,95 EUR

Klappentext

Aus dem Französischen von Claudia Kalscheuer. Am 2. September, nicht wie sonst üblich am 1. September, will der Lehrer Herman mit seiner Frau Rose und Kind die Ferien beenden und in die Hauptstadt zurückreisen. Als er am Morgen aufwacht, muss er feststellen: beide sind verschwunden. Zugleich beherrscht statt des sonnigen Wetters dichter Nebel die Landschaft, macht alles unsichtbar. Herman macht sich in den nahegelegenen Ort auf, um bei den zuständigen Stellen die Verlustmeldung zu erstatten - und wird lange Zeit durch diesen Ort irren: als der Fremde schlechthin. Einen Tag zu lang blieb Herman in seiner Ferienidylle - und schon hat sich alles zur Unkenntlichkeit entstellt. Die große, sprachmächtige Erzählerin Marie N'Diaye läßt uns mit dem Lehrer erleben, was es heißt, die Mitmenschen, die Umwelt, nicht zuletzt die eigene Familie, als Fremdes entdecken zu müssen. Herman macht die Grunderfahrung menschlicher Existenz: Es genügt eine winzige Abweichung vom Vorgegebenen, und schon sind alle bisherigen Gewissheiten nicht mehr gültig. Auf sich selbst zurück geworfen erfindet Herman, gemeinsam mit dem Leser, sich und die Welt neu: Ausgang offen.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 18.12.2012

Der Roman schildert den Alptraum des Parisers: Kaum bleibt er einen Tag länger als Saison ist in seinem Urlaubsort, schon wird aus der Idylle die Provinz. Das Klima verschlechtert sich, die Familie verschwindet, die Einheimischen helfen nicht weiter. Die Provinz erscheint so ziemlich kafkaesk und ausweglos. Der Rezensent Ulrich Baron erzählt den Roman recht detailreich und atmosphärisch durchaus überzeugend nach, um dann doch zum Schluss zu kommen, dass er nur ein sattsam bekanntes Motiv neu variiere und sich am Ende tot laufe.
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Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 04.10.2012

Bereits im Jahre 2004 erschien Marie NDiayes kurzes Erzählstück "Ein Tag zu lang" in Frankreich und ist nun brillant von Claudia Kalscheuer ins Deutsche übersetzt worden, informiert Rezensentin Martina Meister. Dennoch warnt die Kritikerin vor einer möglichen Enttäuschung nach der Lektüre, denn trotz des gleichen, klaren Erzählstils erscheint ihr diese Erzählung im Vergleich zu NDiayes herausragendem Roman "Drei starke Frauen" wie eine "Fingerübung", welche die Goncourt-Preisträgerin unter dem Einfluss der "Droge Kafka" geschrieben habe. Dennoch lässt sich die Rezensentin von dieser verstörenden Geschichte um einen in Paris lebenden Lehrer, dessen Frau und Sohn im Urlaub auf unerklärliche Weise verschwinden, in den Bann ziehen. Angespannt folgt Meister NDiayes Helden bei seiner Suche in einer unheimlichen Parallelwelt und beobachtet, wie er schließlich genauso teilnahme- und seelenlos wird wie seine Mitmenschen und seine Angehörigen bald vergisst. Leider muss die Kritikerin nach der Lektüre feststellen, dass sie dieses Buch als Parabel auf die "Fragilität der Verhältnisse" nicht ganz überzeugen konnte.
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