Tatiana Tibuleac

Der Sommer, als Mutter grüne Augen hatte

Roman
Cover: Der Sommer, als Mutter grüne Augen hatte
Schöffling und Co. Verlag, Frankfurt am Main 2021
ISBN 9783895612336
Gebunden, 192 Seiten, 22,00 EUR

Klappentext

Aus dem Rumänischen von Ernest Wichner. Der siebzehnjährige Aleksy verabscheut seine Mutter, denn sie ist hässlich und hat als Mutter versagt. Als sie ihn aus dem Erziehungsheim abholt, will er nichts von ihr wissen. Trotzdem lässt er sich zu einem gemeinsamen Urlaub in Frankreich überreden, Bestechungssumme: ihr Auto. Kaum angekommen in dem kleinen Dorf, in dem er sich fremd fühlt und nur mühsam mit den kauzigen Bewohnern zurechtkommt, erfährt er, wie es in Wahrheit um seine Mutter steht. Ihn verfolgen fortwährend schmerzliche Erinnerungen aus der Kindheit, und die ungewohnte Sorge um die Mutter überschattet sein erstes unbeholfenes Liebesglück. Nach diesem Sommer ist in seinem Leben nichts mehr, wie es einmal war.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 28.12.2021

Rezensent Franz Haas scheint sich gut unterhalten zu haben mit Tatiana Tibuleacs zweitem Roman über ein kaputtes Mutter-Sohn-Verhältnis, das auf einem Sterbetrip nach Südfrankreich noch einmal eine Wendung erfährt. Wie die Autorin von ihrem renitenten Protagonisten erzählt, der lieber kifft als der sterbenden Mutter den letzten Wunsch einer Reise zu erfüllen, findet Haas gekonnt. Retrospektiv und mit "funkelndem Witz" berichtet der inzwischen selbst dem Tod geweihte Erzähler von der Reise, verändert seinen Ton, ohne je sentimental zu werden, erläutert Haas.  

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 31.08.2021

Rezensent Wolfgang Schneider atmet auf: Tatiana Tibuleacs Debütroman ist nicht von der Stange. Die retrospektiv erzählte Adoleszenzgeschichte eines hasserfüllten Jugendlichen versieht die Autorin laut Schneider mit Zwischentönen. Wie der Ich-Erzähler seine Wut überwindet und seine ihm eigentlich verhasste kranke Mutter pflegt, rührt Schneider durch "sensible Momente", in denen nicht zuletzt die Versehrungen des jungen Mannes sichtbar werden. Der poetische Ton der Geschichte und der Verzicht auf Psychologisierungen machen den Text für Schneider gut lesbar.
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Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 09.07.2021

Rezensentin Judith von Sternburg muss ein wenig schnaufen unter der Last von Tatiana Tibuleacs Debütroman. Aber das macht der Kritikerin nicht allzu viel aus, denn die in Moldawien geborene und in Paris lebende Autorin erzählt ihr derart bildgewaltig und poetisch vom Tod, dass Sternburg sich der "Wucht" des Romans nicht entziehen kann. Sie folgt hier einem Sohn, dessen kleine Schwester vor vielen Jahren bei einem Unfall ums Leben kam und dessen Mutter sich in ihre Trauer zurückzieht und schließlich an Krebs stirbt. Die Einsamkeit des Jungen kanalisiert sich in Wut, die sich den letzten Sommer, den er mit der Mutter verbringt, entlädt, resümiert die Kritikerin, die auf die ein oder andere grausame Einzelheit allerdings hätte verzichten können. Mit Ernst Wichners Übersetzung ist sie hingegen rundum zufrieden.

Rezensionsnotiz zu Deutschlandfunk Kultur, 09.04.2021

Rezensent Jörg Plath hat das Gefühl, dass Tatiana Tibuleacs Debütroman von allem zu viel bietet: Zu viel Liebe, Unglück, Tragik. Beim Lesen zunächst scheint ihm die retrospektiv erzählte Geschichte einer problematischen Mutter-Sohn-Beziehung mit angehängter Lovestory allerdings durchaus zu gefallen. Die Erzählweise findet er mitreißend, lakonisch und weitgehend unsentimental. Rückblickend aber wundert er sich darüber, dass die ganze Dramatik im Text ihm zugesagt hat.