Marion Poschmann

Geliehene Landschaften

Lehrgedichte und Elegien
Cover: Geliehene Landschaften
Suhrkamp Verlag, Berlin 2016
ISBN 9783518425220
Gebunden, 118 Seiten, 19,95 EUR

Klappentext

"Geliehene Landschaft" heißt ein traditionelles Stilelement in der ostasiatischen Gartenkunst. Eine Szenerie außerhalb der Gartenanlage, oft ein Berg oder ein imposantes Gebäude, wird bewusst in die Gestaltung mit einbezogen. Ein kleiner Raum öffnet sich so ins Weite und steigert seine Pracht. Nicht anders verfahren Gedichte. Ein Garten wird immer als paradiesisches Gefilde angelegt. Jeder Stadtpark kann als Jenseitslandschaft gelesen, jede öffentliche Grünfläche auf ihr utopisches Potential hin untersucht werden. Marion Poschmann leiht sich einen Lunapark in den USA oder ein Stück der finnischen Taiga und geht den spirituellen Sehnsüchten und politischen Implikationen nach, die in diesen Landschaften zum Ausdruck kommen. Ihre Gedichte reflektieren - teils in der Adaption klassischer Formen wie dem Lehrgedicht oder dem japanischen No-Spiel -, wie jede Landschaft als ästhetisches Konstrukt auftritt, und sie feiern die schöpferische Kraft der Sprache und der Natur.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 15.03.2016

Michael Braun ist nicht durchweg überzeugt von Marion Poschmanns neuen Gedichten. Der Versuch, essayistische Betrachtung und poetische Erkenntnis in einem Gang durch europäische, amerikanische und ostasiatische Gärten zusammenzuführen, scheint ihm ein heikles Unterfangen. Kulturelles Wissen und Bildkraft verbinden sich nicht immer zur Zufriedenheit des Rezensenten und produzieren ästhetischen Überschuss. Am besten noch gefallen ihm die Gedichte, wenn das lehrende Element fehlt und die Autorin sich der Dynamik der Bilder und Assoziationen überlässt.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 15.03.2016

Wer mag, kann vor der Lektüre von Marion Poschmanns neuem Gedichtband "Geliehene Landschaften" zunächst zu ihrem ebenfalls gerade erschienenen, sehr lesenswerten Essayband über Dichtung greifen, schreibt Rezensent Tobias Lehmkuhl. Muss man aber nicht, fährt der Kritiker fort, denn die wunderbar sinnlichen, bisweilen rätselhaften, mitunter sehr gelehrten Bilder, Beobachtungen, Gedichte und Sonette Poschmanns wollen gar nicht zwingend verstanden und analysiert, sondern vielmehr erfahren werden. So begibt sich Lehmkuhl mit der Dichterin auf eine lyrische Reise über die Grenzen von Parks und Gärten hinaus, erlebt den "Coney Island Lunapark" oder den "Kindergarten Lichtenberg" und zeigt sich ganz hingerissen von den Betrachtungen ostasiatischer Gärten in Kyoto, Matsushima oder Shanghai. Gelegentlich meint der Kritiker gar, dadaistische und surrealistische Anklänge in Poschmanns Gedichten zu entdecken.
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Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 14.03.2016

Eberhard Geisler hält Marion Poschmann für ein großes Lyriktalent. Viele Leser wünscht er dem neuen Buch der Autorin wegen der darin zu besichtigenden Fähigkeit, Leerstellen nicht nur zu erzeugen, sondern auch stehenzulassen. Wo immer es Poschmann hinzieht, nach Lichtenberg, Coney Island oder Schanghai, immer, erklärt Geisler, werden das Ich und seine Erkenntnis in Frage gestellt. Misstrauen lernen, kann der Rezensent mit den Texten, die Andersheit des Dings und die Wonnen der Unvollständigkeit. Poesie und Reflexion, Poschmann kann beides, versichert Geisler.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 08.03.2016

Rezensent Patrick Bahners widmet Marion Poschmanns neuem Gedichtband eine ausführliche Interpretation, der bei aller Theorie doch seine Bewunderung für das Werk zu entnehmen ist. Von Helsinki über Berlin bis Kyoto reist der Kritiker mit der Dichterin, die sich Parks und Gartenanlagen, aber auch dem Fuji metaphysisch nähert, die Landschaften von verschiedenen Seiten vergegenwärtigt und dem Rezensenten so als "logos creator" erscheint. Wenn Poschmann etwa unter dem Titel "Bernsteinpark Kaliningrad" verschiedene Gartenanlagen ineinanderschiebt, denkt Bahners an die Sprachphilosophie des Kant-Widersachers Johann Georg Hamann, der die Schöpfung als Sprachpanorama betrachtete. Am Ende der Lektüre dieser herrlich leichten Gedichte meint der Kritiker wie eine "glückliche Leuchtpapierkugel" um sie zu kreisen.
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Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 03.03.2016

Rezensent Hubert Winkels liest Marion Posch­manns neuen Gedichtband mit Gewinn. Dichtung als das Unbewusste der Macht erfährt er in den "Fundstücken" aus Kaliningrad. Andere historische Erkundungen führen ihn nach Ostberlin, Königsberg, Coney Island und Fukushima. Winkels schätzt Poschmanns Furor der lyrischen Durchdringung, weil er Verfestigungen der Anschauung löst, Vorstellungen und Begriffe. Auch oder gerade weil der Rezensent zur Konzentration aufgerufen wird von Poschmanns disziplinierter Kunst, um Bezüge zur Aufklärung, zur Naturphilosophie und zur Landschaftslyrik zu erkennen, den Assoziationen zu folgen und dem gelegentlichen Humor, gefällt ihm der Band so gut.