Martin Mosebach

Der Mond und das Mädchen

Roman
Cover: Der Mond und das Mädchen
Carl Hanser Verlag, München 2007
ISBN 9783446209169
Gebunden, 192 Seiten, 17,90 EUR

Klappentext

Ein Sommernachtstraum mitten im steinernen Frankfurt. Die mädchenhafte Ina und ihr junger Ehemann, ein verlorener Ehering und die verhexten Trinkgelage im Mondlicht zwischen Schnellimbiss und Autowaschanlage - ein Roman von schwebender Komik und Melancholie vor dem Hintergrund des nächtlichen Bahnhofsviertels.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 10.10.2007

Rezensent Ernst Osterkamp meint es gut mit Martin Mosebach. Er schätzt ihn als "guten Schriftsteller" und bewundert Vieles an seinem Schreiben. Dieses Buch aber hält er für ein "Nebenwerk" und hätte ihm eine Überarbeitung und Straffung zur Novelle dringend gewünscht. Das nämlich ist vor allem Osterkamps Kritik, dass eine "schöne Novelle" hier zum "Roman aufgeplustert" worden ist, ergo erstens zu lang und zweitens "undiszipliniert" erzählt. Die "bunten Vögel" des Frankfurter Hinterhofs, die eine so bedeutende Rolle im Ehedrama von Hans und Ina spielen, hätten den Schriftsteller allzu oft aufs Glatteis sprachlicher "Kabinettstückchen" geführt; auch der ihnen zugestandene "Repräsentativitätsanspruch" ist dem Rezensenten gar zu "plakativ" geraten. Der Kritiker hat sich von Mosebach ein anderes Buch gewünscht.
Lesen Sie die Rezension bei buecher.de

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 04.10.2007

Im Aufmacher der Buchmessen-Literaturbeilage bespricht Iris Radisch den jüngsten Roman des Büchnerpreisträgers Martin Mosebach im direkten Vergleich mit Katja Lange-Müllers am ganz anderen Ende des sozialen Spektrums angesiedeltem Roman "Böse Schafe". Mosebach und sein "ins Kostbare und Welhistorische hinaufmultipliziertes" Liebesdramolett kommt dabei schlechter weg. Was Mosebach hier ausbreite, sei nicht mehr als eine Oberschicht-Behaglichkeit, die auch durch die angedeutete Ironisierung nicht wirklich desavouiert wird. Im Kern des Ganzen gehe es doch tatsächlich darum, dass der Held, der ein Frankfurter Bankmensch ist, seiner Geliebten nur eine nicht standesgemäße Wohnung in Hauptbahnhofnähe bieten kann. Dahinter steckt, so Radisch wenig amüsiert, eine "intellektuelle Gemütlichkeit", die mit "alteuropäischer Kostbarkeitssuada" garniert wird. Gut geht es aus, das verrät die Rezensentin noch, für die Figuren jedenfalls. Für die Leserin und den Leser wohl eher nicht.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 20.08.2007

Zunächst irritiert Barbara von Becker der antiquierte und ziselierte Ton in Martin Mosebachs jüngstem Roman um ein distinguiertes, frisch verheiratetes Paar, das nach Frankfurt zieht und unversehens in der multikulturellen Umgebung des Hauptbahnhofviertels landet. Doch im Verlauf des Buches stellt sie fest, dass sich damit durchaus die speziellen Lebensumstände und psychologischen Eigenheiten der Protagonisten festhalten lassen, und so ist sie dann auch bereit, diesen Ton als "poetisches Programm" anzunehmen. Zudem bemerkt sie, dass durch die Sprache, die durchaus ihre redundanten Momente habe, dem alltäglichen Leben der Gegenwart etwas Außergewöhnliches verliehen wird, was seinen eigenen, "produktiven" Reiz entfaltet, wie sie lobt. Sie zeigt sich von der Leichtigkeit, mit der Mosebach seine Handlungsstränge knüpft und die sich schleichend verstärkenden Unstimmigkeiten der jungen Ehe vor der Folie des multikulturellen Frankfurts entfaltet, recht angetan und findet, dass dem Autor ein genauer Blick auf die Gegenwart gelingt. Trotzdem scheint ihr am Ende Mosebachs Angriff sowohl auf grammatikalische beziehungsweise syntaktische Ordnung wie auf die "Grenzen der Wahrscheinlichkeit" doch etwas strapaziös, weshalb sie von diesem Roman nicht gänzlich überzeugt ist.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 11.08.2007

Ein Sommerstück, zauberhaft leicht, virtuos konstruiert - so liest Ijoma Mangold den neuen Roman Martin Mosebachs, der ihm seiner Kürze wegen eher als eine Novelle erscheint. Mangold legt dar, welch wichtige organistorische Funktion die manchmal kritisierte altertümliche Sprache Mosebachs seiner Meiung nach hat. Sie bildet die Kontrastfolie zur Unordnung der Verhältnisse, in die die bürgerliche Ehe dieses Romans schnell gerät. Denn alles ist auf Ordnung angelegt im Leben des jungen Paars, und doch stößt es in seinem Wohnhaus in der Nähe des Frankfurter Bahnhofsviertels gleich nach der Hochzeit auf die multikulturelle Unordentlichkeit der heutigen Gegenwart. Gerade im Formwillen Mosebachs, so Mangold in seiner begeisterten Kritik, bricht sich die Ideologie einer "neuen Bürgerlichkeit", die sich nur was vormacht. Mosebach ist dieser Ideologie darum nach Mangold auch gar nicht zuzuschlagen: Unter der Fassade des Bürgerlichen erscheinen ihm Mosebachs Werke als Hommagen ans Unbürgerliche.
Lesen Sie die Rezension bei buecher.de

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 07.08.2007

Mit hohem Lob bedenkt Rezensent Paul Jandl den neuem Roman Martin Mosebachs. Er bewundert die subtile Wahrnehmung des Autors, seinen präzisen Stil und seine virtuose Komik. Der in Frankfurt spielende Roman "Der Mond und das Mädchen" hat in seinen Augen wenig mit den ausufernden früheren Großstadtepen des Autors zu tun. Er sieht darin eher eine Novelle, in der Mosebach leichthändig sein "poetologisches Programm" auf den Punkt bringe. Die Geschichte um einen jungen Mann, der gleich nach der Hochzeit eine neue Stelle bei einer Frankfurter Bank antritt und in einem merkwürdigen alten Gebäude zwischen Bahnhofsviertel und Stadtautobahn Quartier bezieht, wirkt auf ihn wie eine Art Mischung aus Shakespeareschem "Sommernachtstraum" und deutscher Wirklichkeit. Dabei attestiert er Mosebach, einen beeindruckend weiten Bogen von der betonierten Logik der neuen Städte über die Täuschungen der Liebe bis hin zum Übersinnlichen zu schlagen, dabei aber immer eine "soziologisch stimmige Welt" zu schildern.

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 07.08.2007

Vielleicht hätte Rezensent Dirk Knipphals diesen neuen Roman von Martin Mosebach einfach nur achselzuckend weggelegt, wenn der Autor nicht gerade zum "Zentralgestirn der aktuellen deutschsprachigen Literatur" hochgepusht würde (Vorabdruck in der FAZ, Büchner-Preis). So aber mengt sich in seine Langeweile auch Ärger. Denn in den Augen des Rezensenten handelt es sich bei "Der Mond und das Mädchen" weniger um einen Roman, der den Leser eine andere Welt kennen lernen ließe, sondern um "Konzeptprosa" - und zwar ziemlich altbackene: Es geht um die junge Liebe und den delikaten Sex eines Ehepaars, das - Jahr 2007! - nach der Hochzeit erstmals zusammenzieht (und hin und wieder auf Parties geht, bei denen jemand vergessen hat, seine Hosenträger hochzuziehen). Befremdlicher als dieses etwas inaktuelle Sujet findet Knipphals allerdings Mosebachs gespreizten Ton ("Hans musste länger im Büro ausharren"). Mosebach, glaubt Knipphals schließlich, interessiert sich gar nicht für seine Figuren, statt zu erzählen, produziert er Bonmots und den Leser lässt er auch nicht selber denken.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 05.08.2007

Im Juni noch präsentierte die FAZ Martin Mosebachs Roman "Der Mond und das Mädchen" als Vorabdruck und pries ihn als seinen bisher "schmalsten, zartesten und leichthändigsten Roman. In einer Besprechung in der Sonntags-FAZ schlägt Marius Meller nun die Hände über dem Kopf zusammen, wobei nicht auszumachen ist, was er schlimmer findet: Inhalt oder Sprache. Ein Graus sind dem Rezensenten das "altväterliche Männerbild" und "kitschige Frauenideal", das Mosebach in der Geschichte eines jungen Paares, das nach seiner Hochzeit erstmals zusammenzieht. Wobei Hans die Wohnung sucht, während Frau und Schwiegermutter - wir schreiben das Jahr 2007 - in den Süden reisen. Hin und wieder rätselt der Erzähler auch, warum Afrikaner und Asiaten so gut aussehen, obwohl sie sich doch nicht waschen. Die Sprache, schüttelt sich der Rezensent, "ist meistens Retro und häufig Kitsch". Mosebach lässt Hans "angelegentlich" ein Bier trinken, ein "schicksalsträchtiges Ringlein" kreisen und von Inas "Schmetterlingszartheit" schwärmen. Nein, urteilt Meller, Poesie sei das nicht: "Das Reaktionäre als Programm bleibt bei Mosebach ein uninspirierter Griff in das Magazin der Literaturgeschichte."
Lesen Sie die Rezension bei buecher.de