Navid Kermani

Kurzmitteilung

Roman
Cover: Kurzmitteilung
Ammann Verlag, Zürich 2007
ISBN 9783250601043
Gebunden, 160 Seiten, 16,90 EUR

Klappentext

"Tut mir leid, es dir so zu sagen, kann jetzt aber nicht anders. Meine kollegin maike anfang ist gestorben, die mit uns noch whisky trinken war. Einfach so. Ich weiß gar nichts mehr. Liebe grüße, korinna."
Per SMS erfährt der knapp 40jährige Eventmanager Dariusch in seinem Rückzugsort Cadaques vom Tod einer entfernten Bekannten. Naturgemäß ist er zunächst irritiert, sogar bestürzt über die so plötzliche wie abstrakte Konfrontation mit dem Tod. Aber da er die Frau nur flüchtig kennt, findet er zunächst keinen Grund, aus der Routine des Sommerabends auszubrechen. Sein Leben und das Leben als solches wird weitergehen, als wäre Maike Anfang nicht gewesen. Doch etwas sperrt sich in ihm dagegen, zur Tagesordnung überzugehen. Wieso stirbt Maike Anfang? Wieso stirbt jemand einfach so? Wenn ihr Tod ohne Grund war, muß es dann nicht auch sein Leben sein?

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 16.08.2007

Bemerkenswert scheint Rezensent Jochen Jung dieser Roman von Navid Kermani, auch wenn er die Lektüre nicht immer als angenehm, sondern geradezu als eine "elende" empfunden hat. Der Grund hierfür sieht er in der Hauptfigur, die einem der Autor näher bringt als man es eigentlich möchte: den in Saarbrücken aufgewachsenen deutsch-iranischen über alles Bescheid wissenden und trotzdem dummen Kulturmanager Dariusch, der offensichtlich ein ausgemachter Unsympath ist. Ja, Jung kann es nicht vermeiden, ihn ein "Ekel", einen "Fiesling", ein "Arschloch" gar zu nennen, nicht nur wegen seiner Ansichten über die Islamisten, sondern auch wegen seines Umgangs mit Frauen. Als er per SMS über den plötzlichen Tod einer Bekannten informiert wird, begibt er sich fieberhaft auf Spurensuche in deren Leben. Ein Interesse, das ebenso abrupt endet, wie es begonnen hat. Dass Dariusch Jahre später ein entschiedenes Mitglied von Scientology wird, scheint Jung nicht unplausibel. Ein wenig enttäuscht ist er dennoch von diesem Ende, das aus der "irritierenden Geschichte einer erfolgreichen Niete" ein Fallbeispiel macht, nach dem Motto: so sind sie und das wird aus ihnen.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 03.07.2007

Gehörig beeindruckt ist Rezensent Samuel Moser von diesem ersten Roman Navid Kermanis, den er für so "meisterhaft getarnt" hält, dass ihm selbst die Enttarnung nur als weitere Form der Täuschung erscheint. Held ist der iranisch-deutsche Kulturmanager Dariusch, ein Mann, der überall dabei ist und nirgends hingehört, alles weiß und nichts begreift - eine geistreiche, aber vollkommen überflüssige Existenz. Dariuschs "Menschwerdung" setzt mit dem Tod einer Bekannten ein, der ihn per SMS überraschend aus der Bahn wirft. Für einen besonderen Kunstkniff hält der Rezensent den Epilog, in dem der Roman eine weitere überraschende Wendung per SMS nimmt und der Moser fast dazu gebracht hätte, sich mit der Entfremdung des modernen Menschen zu versöhnen. Ebenso "bitterscharf wie lustvoll geschrieben" findet Moser dies.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 02.04.2007

Jörg Magenau lässt sich zunächst fasziniert in den Bann des Romans "Kurzmitteilung" von Navid Kermani hineinziehen, ist dann aber vom überdeutlichen Schluss des Buches enttäuscht und empfiehlt am Ende gar, das letzte Kapitel nicht zu lesen. Hauptfigur ist der Eventmanager und sexverrückte Deutsch-Iraner Dariusch, der von einer SMS über den Tod einer Bekannten informiert wird und daraufhin aus dem Tritt gerät. Besonders reizvoll findet der Rezensent die seltsame Ambivalenz zwischen der karikaturhaft anmutenden "Kunstfigur" des Icherzählers, die mitunter aber eben auch als alter ego des Autors erscheint, den der unerwartete Tod der Kölner Schauspielerin Claudia Fenner zu dem Roman veranlasst hat. Hier liege eine Irritation, die Magenau interessant findet, und die, wie er moniert, durch das Ende, in dem Dariusch irgendeiner Sekte beitritt und zudem eine Liebeserklärung der Toten an den Ich-Erzähler auftaucht, leider kaputt gemacht werde.
Lesen Sie die Rezension bei buecher.de

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 22.03.2007

Man kennt diese Menschen, die "in Kultur machen", die ebenso gepflegt über Walter Benjamin wie Susan Sontag plaudern können und sich freuen, wenn ihnen ein Freund sein nicht sonderlich gelungenes Buchmanuskript schickt. Navid Kermani hat einen solchen Unsympath zum Helden seiner Erzählung "Kurzmitteilung" gemacht. Rezensent Marco Stahlhut findet diesen Typus mit dem Kulturmanager Dariusch offenbar recht gut getroffen, dessen "moralisch-metyphysische Obdachlosigkeit" und die vergeblichen Versuche, seinem Leben einen Sinn zu geben, offenbar werden, als er per SMS erfährt, dass eine Frau, die er kurz zuvor kennengelernt hat, gestorben ist. Ganz deutlich wird nicht, was den Rezensenten für diesen Roman eingenommen hat, aber er betont, dass Kermani in ihm die "analytische Schärfe" und das "literarische Können" aufweist, die Stahlhut auch an seinen Feuilletons schätzt.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 21.03.2007

Schwer zu sagen, ob Oliver Fink die "literarische Camouflage" Navid Kermanis, die sich auf eine wahre Begebenheit zurückführen lässt, nun gefallen hat. Am Beginn der Geschichte um den Kölner Event-Manager Dariusch liegt eine SMS, die ihn über den plötzlichen Tod einer flüchtigen Bekannten informiert. Ohne sich selbst über die Motive im Klaren zu sein, begibt sich Dariusch auf die Spur der Verstorbenen Maike Anfang. Die Ich-Erzählung ist zugleich Protokoll seiner Nachforschungen und eine "Entwicklungsgeschichte", deren Höhepunkt eine "merkwürdige Bekehrung samt klassischer Begleiterscheinungen wie Erneuerungspathos, Askese und Hingabe" darstellt. Aus psychologischer Sicht erscheint dem Rezensenten die plötzliche Wandlung nicht plausibel. Ob der Autor damit eine Kritik an zeitgenössischen Heilsversprechen darstellen wollte, lasse sich auch nicht ausmachen, aber immerhin wartet der Roman zum Schluss noch mit einer überraschenden Wendung auf, so der Rezensent.