Nick Hornby

A Long Way Down

Roman
Cover: A Long Way Down
Kiepenheuer und Witsch Verlag, Köln 2005
ISBN 9783462034554
Gebunden, 342 Seiten, 19,90 EUR

Klappentext

Aus dem Englischen von Clara Drechsler und Harald Hellmann. Silvester, auf dem Dach eines Hochhauses: Pech, dass gleich vier Menschen auf die Idee gekommen sind, sich dort das Leben zu nehmen. Da man sich schlecht umbringen kann, wenn einem andere dabei zusehen, steigt die seltsame Gruppe erst mal vom Dach, um das Problem der jüngsten Kandidatin, die nicht weiß, warum ihr Freund sie verlassen hat, zu lösen. Nach und nach erzählen sie sich ihre Geschichten. Da ist die altjüngferliche Maureen, deren Sohn Matty schwerstbehindert ist und die diese Belastung allein tragen muss - da ist Martin, der berühmte Talkmaster, den nach einem Gefängnisaufenthalt niemand mehr auf dem Bildschirm sehen will - Jess, die aufmüpfige Tochter eines Politikers, ist so direkt, dass sie alle vor den Kopf stößt - und JJ, der von seinem besten Freund, dem Sänger seiner Band, im Stich gelassen wurde.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 18.10.2005

Das hätte sehr schnell schief gehen können, meint Rezensent Uwe Pralle, aber auch dieser Hornby sei wieder einmal "höchst amüsant", "listig" und randvoll mit schwarzem Humor. Die Story von "A long way down" liege nämlich, so Pralle, gefährlich nahe an der Grenze zum Klischee. Vom Dach eines schäbigen Hochhauses wollen vier entschiedene Selbstmörder ihrem schäbigen Leben in einer Silvesternacht ein schäbiges Ende bereiten. Dass Hornby alle Klippen für seinen Roman umschifft liegt für Pralle in erster Linie an den vier "bizarren" Protagonisten, die unterschiedlicher kaum sein könnten. Aus den wechselnden Perspektiven von zwei Frauen und zwei Männern gelänge es dem Autor, seine Helden mit allen ihren "Macken und Mängeln" ins rechte, gnadenlose Licht zu setzen. Diese "erprobten" Reigentechnik gebe dem Roman die nötige Dynamik und erlaube dem Leser, so Pralle, hautnah mitzuerleben wie das "kleine Wunder geschehe", und sich alle gegenseitig Zug um Zug vom Abgrund fortzögen.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 17.08.2005

Nicht nur enttäuscht, sondern richtig böse scheint Felicitas von Lovenberg auf Nick Hornby zu sein, dessen neuester Roman im Gegensatz zu seiner bisherigen leichten Kost diesmal tiefgründig sein will. Vier intentionierte Selbstmörder treffen sich zufällig auf dem Dach eines Hauses, berichten sich von ihrem Leid und beschließen, sich gegenseitig vom Sprung abzuhalten. Diese Grundidee findet die Rezensentin eigentlich ganz hübsch, doch wird der gute Gedanke von der "eigenen Kakophonie" Hornbys übertönt. Lautstark vermisst von Lovenberg die Glaubwürdigkeit der Charaktere, Tempo und Witz. Zuviel aufgesetzte Weinerlichkeit und Jammern produziert der Bestseller-Autor, findet sie und konstatiert: "Wer tief in Abgründe schaut, die er nicht versteht, wird darüber nicht unbedingt selbst tiefgründiger." Und kann dann weder für den vermeintlichen Tod noch für das Leben der Figuren Empathie aufbringen, was sie dem holprigen und verwaschenen Erzählstil der vier Protagonisten zuschreibt. Schlicht "fad" resümiert sie das Suizidkomplott und verzeiht Hornby diesen Ausflug in den menschlichen Abgrund nicht.
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Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 14.07.2005

"Nichts als Tumult" - das ist die gute Nachricht, die Walter van Rossum nach der Lektüre des neuen Romans von Nick Hornby, "A long way down", zu überbringen hat. Vier Leute treffen sich an einem Silvesterabend zufällig auf dem Dach eines Londoner Hauses, und sie alle haben einen Wunsch gemeinsam: Sie möchten aus dem Leben scheiden. Aus den verschiedenen Motiven, die die Suizidalen haben - der eine hat zusammen mit seiner Band auch seine Freundin und zugleich die Würze seines Lebens verloren, die andere opfert sich seit Jahren alleinstehend für ihr behindertes Kind auf, ohne zu wissen, ob dieses sie überhaupt wahrnimmt, und fühlt sich nun erschöpft -, entwickelt Hornby, so van Rossum, "kakofone Kammermusik der Meisterklasse". Der Rezensent ist hingerissen; zwar fehlt ein Happy End, teilt er mit, dafür aber bleiben dem Leser auch "metaphysische Erörterungen über den Sinn des Lebens erspart". Besonders angetan hat es van Rossum die 18 Jahre alte Jess, eine "durchgeknallte Göre", die den Rezensenten zuweilen "von der Wiedereinführung der Prügelstrafe träumen" ließ.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 06.06.2005

Julia Encke behauptet, man könne Hornby nur entweder lieben oder hassen. Wie ihrer Rezension von Hornbys "A Long Way Down" zu entnehmen ist, gehört sie zweifellos zu seinen Liebhabern. Das Buch handelt von vier Selbstmordkandidaten, die sich an einem Sylversterabend zufällig auf demselben Hochhausdach begegnen und - durch ein langes Gespräch vorerst geläutert - beschließen, dem Leben eine zweite Chance einzuräumen, erzählt Encke. Obwohl die Charaktere auch diesmal wieder autobiografische Züge Hornbys tragen und die Rezensentin diesbezüglich bereits die Klagen der Kritikerkollegen hört ("'Das ist platt!' heißt es dann. 'Das ist keine Kunst!'") würden sie "Funken schlagen", meint sie. Vor allem Maureen, die Mutter eines neunzehnjährigen, schwerbehinderten Sohnes, sei solch ein anregender Charakter, schreibt die stark beeindruckte Rezensentin. Weiterhin vergleicht sie Hornbys Roman mit "absurdem Theater", weiß aber zu schätzen, dass er sich "an keiner Stelle über eine seiner Figuren lustig" macht.
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Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 21.05.2005

Den Rezensenten Jörg Magenau hat dieses Buch schlichtweg depressiv gemacht. Und das nicht nur, weil es in "A Long Way Down" um Depression geht. Nick Hornby bringe vier Figuren, die beschlossen haben, sich das Leben zu nehmen, am Silvesterabend auf einem Dach zusammen. Wie es das Leben so will, kommen sie ins Gespräch, und geben sich noch einmal eine Chance, indem sie das tödliche Vorhaben auf den Valentinstag vertagen. Hornby, so der Rezensent, beabsichtigt, seine Figuren vom Selbstmordgedanken hin zum "kollektiven Lebensmut" zu entwickeln. Doch zum einen seien die vier Charaktere zu verschieden, um nicht nur aus literarischen Gründen zusammenzubleiben, und zum anderen vermeide es der flapsige Hornby tunlichst, in geistige Abgründe zu schauen, so dass es dem Roman entschieden an Plausibilität mangele. Und wenn JJ, dessen Sinnkrise darin besteht, dass er glaubt, seine Möglichkeiten nicht auszuschöpfen, sich am Ende im sozialen Engagement entfaltet, verabschiedet sich der Rezensent angeekelt von so viel frömmlerischer Sentimentalität: "Das ist eine recht christliche Pointe nach so viel Negationsaufwand." Womit eines klar wäre: "A Long Way Down" ist kein Buch, "das rockt".
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