Peter Fabjan

Ein Leben an der Seite von Thomas Bernhard

Ein Rapport
Cover: Ein Leben an der Seite von Thomas Bernhard
Suhrkamp Verlag, Berlin 2021
ISBN 9783518429471
Gebunden, 195 Seiten, 24,00 EUR

Klappentext

"Du musst das halt in meinem Sinn machen", trägt Thomas Bernhard seinem Halbbruder Peter Fabjan auf, als er spürt, dass er nicht mehr lange zu leben hat. Und der sieben Jahre Jüngere gehorcht und übernimmt die Verantwortung, dieses Mal für ein schwieriges Erbe - so wie er es immer getan hat von Jugend an, wenn ihn der Ältere gebraucht hat. Den anderen galt er als "der liebe Bruder", Fabjan selbst sieht sich eher als "Helfer in der Not", denn oft genug fand er sich in der Rolle des Chauffeurs und dienstbaren Geistes wieder, der am Nebentisch saß, während der Bruder mit Persönlichkeiten aus Politik und Kunst parlierte.
Peter Fabjan, Bruder und gleichzeitig behandelnder Arzt Thomas Bernhards, gibt in seinen Erinnerungen einen Einblick in das Leben an der Seite, besonders aber auch im Schatten des österreichischen Dramatikers und Romanschriftstellers, der Weltruhm erlangte. Er erzählt von den schwierigen und vielfach belasteten familiären Verhältnissen genauso wie von der Kriegskindheit, von gemeinsamen Reisen in die USA oder nach Portugal und von seinen Bemühungen um das Leben seines von langer und schwerer Krankheit gezeichneten Patienten. Ein offenherziger, freimütiger und ehrlicher Bericht.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 06.02.2021

Rezensentin Judith von Sternburg haben die Erinnerungen des Mediziners Peter Fabjan an seinen Halbbruder Thomas Bernhard spürbar bewegt. So diskret, wie er anscheinend auch an der Seite seines raumfordernden Bruders agierte, schreibt der Autor der Kritikerin zufolge auch: Zart, knapp und unrasant berichtet er von den eigentümlichen, meist dunklen Momenten mit dem berühmten Schriftsteller, eine Ästhetik, die Sternburg für das Resultat eines unbedingten Willens zur genauen Erinnerung hält. Die Schwierigkeit im Umgang mit Bernhard tritt klar zutage, ohne dass der Autor seine Rolle beklagen würde, erzählt die faszinierte Rezensentin.

Rezensionsnotiz zu Deutschlandfunk Kultur, 02.02.2021

Ins Herz schließt Rezensentin Daniela Strigl Thomas Bernhard auch nach der Lektüre dieses Berichts des Halbbruders Peter Fabjan nicht. Dennoch findet sie Fabjans Schilderungen ziemlich fair. Denn der Autor beschreibt nicht nur Bernhards "Egozentrik" und "seelische Grausamkeit", sondern auch dessen Geselligkeit, seinen Charme und das Aufwachsen in schwierigen Verhältnissen, fährt die Kritikerin fort. Neu ist das alles nicht, auch dass Bernhard vermutlich "asexuell" war, hat Strigl schon an anderer Stelle gelesen. Zudem ist Fabjan wahrhaftig kein Literat, vielmehr biete das Buch eine nicht ganz fertige Materialsammlung mit Hintergrundberichten, medizinischen Informationen, Briefzitaten und bisher unbekannten Fotos, meint sie. Wenn Fabjan, der als Internist tätig ist, über seine Sterbebegleitung und Bernhards Bindegewebserkrankung schreibt, entnimmt Strigl dem Buch aber doch auch Neues, Interessantes. Einige Aussagen Bernhards über die gemeinsame Familie rückt der Halbbruder zurecht, seine eigene Rolle als Nachlassverwalter, der für die Schließung des Thomas-Bernhard-Archivs in Gmunden verantwortlich ist, hätte er aber durchaus eine Spur selbstkritischer beleuchten dürfen, findet sie.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 18.01.2021

Schmerzlich vermisst Rezensent Willi Winkler Thomas Bernhards einstigen Lektor Raimund Fellinger. Der hätte manchen Satz in Peter Fabjans Erinnerungen an den Halbbruder nicht durchgehen lassen, vermutet er. Die Geschichte einer "Unglücksfamilie", die Fabjan erzählt, liest Winkler dennoch mit Spannung. Dass der Autor psychologisch kapitulieren muss, wenn er Bernhards Verachtungsfuror zu erklären sucht, dass er noch die "übelste Beschimpfung" verkraftet, scheint Winkler für ihn einzunehmen. Auch wenn fast alles über Bernhard gesagt ist, Fabjans Ansinnen, dem Bild noch etwas hinzuzufügen, respektiert der Rezensent.
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Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 16.01.2021

Rezensent Hannes Hintermeier lobt Peter Fabjan als vorbildlichen Nachlassverwalter seines Halbbruders Thomas Bernhard. Auch wenn dem Band ein Personenregister und eine Ahnentafel fehlen, die die Familienverhältnisse Bernhard hätten aufschlüsseln können, erfreut Hintermeier das Buch als nüchterne, offene Lebensbeschreibung, die Bernhards Ängste und Neurosen besser verständlich macht, weil sie die kalten Verhältnisse, unter denen Bernhard aufwuchs, darlegt. Für Psychologen wie andere Fans ein Muss, lässt Hintermeier durchblicken.
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Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 15.01.2021

Rezensent Paul Jandl ist gerührt von Peter Fabjans Buch. Wie ein zaghaftes Umdrehen zum Halbbruder Thomas Bernhard hin erscheint ihm, was der Autor hier unternimmt, die Erinnerung an einen Menschen mit großen emotionalen Defiziten und künstlerischer Begabung. Wie Bernhards Literatur die eigenen Lebenswege und -Menschen spiegelt, erläutert der Autor laut Jandl detailliert, empathisch und ohne Groll auch anhand eigener Erfahrungen. Ein Buch von nahezu geschwisterlicher Zuneigung gegen die vehementen, allumfassenden Auslöschungsversuche des Halbbruders, findet Jandl.