Radka Denemarkova

Stunden aus Blei

Roman
Cover: Stunden aus Blei
Hoffmann und Campe Verlag, Hamburg 2022
ISBN 9783455010442
Gebunden, 880 Seiten, 32,00 EUR

Klappentext

Aus dem Tschechischen von Eva Profousová. Peking ist der Sehnsuchtsort für eine Gruppe von Europäern, die nach China kommen, um sich zu finden und ihr Leben in neue Bahnen zu lenken. Doch den Möglichkeiten zur eigenen Entfaltung sind in dem kommunistischen Land starre Grenzen gesetzt. Die Begegnung mit chinesischen Dissidenten stellen ihre Wertvorstellungen auf die Probe, und sie alle geraten an einen dramatischen Wendepunkt in ihren Leben. Den Mittelpunkt dieser Gruppe bildet eine tschechische Schriftstellerin, die sich voller Überzeugung für demokratische Werte einsetzt und zum moralischen Leitstern für eine chinesische Studentin wird. Die gemeinsame Lektüre philosophischer Texte animiert die junge Frau schließlich zum politischen Widerstand - mit fatalen Folgen.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 15.02.2022

Rezensent Jörg Plath liest Radka Denemarkovas politischen Roman über ihre schriftstellernde Heldin Birgit Stadtherrova, die vehement gegen Menschenrechtsverletzungen in China und Verbrüderungsversuche ihrer Heimat Tschechien mit dem Reich der Mitte anschreibt, als wütende Anklage gegen die Diktatur. Die surreale, vielstimmige Form des Romans fordert Plaths Aufmerksamkeit, es gibt nach Leitartikel klingende Passagen, aber wenn die Autorin nah an den Figuren ist und die Verhältnisse in Peking schildert, spürt Plath eine starke, mitunter auch beklemmende Atmosphärik.

Rezensionsnotiz zu Deutschlandfunk, 31.01.2022

Rezensent Marko Martin scheint gebannt von Radka Denemarkovas Roman über eine von der friedlichen Revolution in ihrem Land geprägte Prager Schriftstellerin, die über China arbeitet und die Zensur und andere Repressalien der Volksrepublik am eigenen Leib erfährt. Dass die Autorin ihr autobiografisch grundiertes  Buch nicht als "eindimensionale Abrechnung" anlegt, gefällt Martin ebenso wie die abwechslungsreiche Gestaltung aus Dialogen, essayistischen Passagen und sich langsam entwickelnden Charakteren. Die Verwicklungen im Verlauf der Handlung erscheinen Martin beklemmend und von existenzieller Dringlichkeit. Eva Profousovas Übersetzung findet er elegant noch in den längsten Sätzen.

Rezensionsnotiz zu Deutschlandfunk Kultur, 29.01.2022

Rezensent Jörg Plath erzählt interessiert den Inhalt von Radka Denemarkovás Roman "Stunden aus Blei" nach. Die Autorin erzählt darin hochpolitisch von ihrer tschechischen Protagonistin, der Schriftstellerin Birgit Stadtherrová, und deren Einfluss auf eine zu ihrer Überwachung abgestellte Chinesin, die gegen die Diktatur aufbegehrt, gefoltert und hingerichtet wird, berichtet Plath. Die Romanatmosphäre findet der Rezensent surreal und traumartig, doch viele der historischen Exkurse und medienkritisierenden Tiraden sind ihm bereits bekannt. Überzeugen können ihn vor allem die Figuren, die, abgesehen von der Protagonistin, keine Eigennamen haben, was ihre Funktionalität verdeutlichen soll. Alles in allem eine "wütende Anklage der chinesischen Diktatur" einer Autorin, die nicht erst aufgrund dieses Romans lebenslanges Einreiseverbot in China bekam, resümiert Plath.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 22.01.2022

Radka Denemarkovás Buch erschlägt Rezensentin Cornelia Geißler optisch erst einmal - über 800 Seiten, roter Umschlag, schwarzer Titel -, eröffnet ihr dann aber Welten. Um eine tschechische Schriftstellerin geht es (eher nicht die Autorin, meint Geißler), die durch China reist, Begegnungen macht und vom Staat beobachtet wird. Verhandelt werden dabei Themen wie der Kommunismus als Schnittmenge von Tschechien und China, die Ein-Kind-Politik, der Holocaust oder die chinesische Bleiförderung. Wie Denemarková einerseits "reihenweise" Vergleiche und Verweise auslegt, andererseits aber auch Rätsel stellt, beeindruckt die Kritikerin. Auch die zahlreichen Nebenfiguren, darunter ein Diplomat, ein Programmierer und eine Spionin, bereichern das Buch, erklärt Geißler. Ein vielseitiger Roman zum Zweimal-Lesen, der dem Leser das vermeintlich ferne Land China näherbringt, lobt die Kritikerin.