Richard Wagner

Miss Bukarest

Roman
Cover: Miss Bukarest
Aufbau Verlag, Berlin 2001
ISBN 9783351029265
Gebunden, 190 Seiten, 16,82 EUR

Klappentext

Wenige Jahre nach der rumänischen Revolution kommen die Leichengräber des Kommunismus nach Berlin, wohin sich der ehemalige Geheimdienstoffizier Dino Schullerus zurückgezogen hat. Als die faszinierende Erika Binder plötzlich auftaucht, mit der Dino ein Verhältnis hatte und die er bespitzelte, gerät seine Schattenexistenz ins Wanken. Kurze Zeit später ist die schöne "Miss Bukarest" tot, und der rumänische Detektiv macht sich auf, die Mörder zu finden

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 16.02.2002

Jörg Plath bespricht das neueste Buch von Richard Wagner sehr differenziert. Er kann dem Werk zwar einiges abgewinnen, sieht es aber als Roman, als der es betitelt ist, sehr kritisch. Obwohl der Rezensent den Autoren schätzt, vermisst er hier dessen Fähigkeit, genau zu beobachten und plausible Charaktere zu zeichnen. Zudem vertritt Plath die Ansicht, dass der dreimalige Wechsel der Erzählperspektive zwar einen gewissen Reiz habe, letztlich aber zu viel des Guten sei. Auch das zentrale Thema - der richtige Umgang mit der Vergangenheit - sei zu komplex für den schmalen Erzählband. Sein Fazit lautet daher: "Vielleicht sollte man Miss Bukarest nicht als Roman, sondern als essayistisch-erzählenden Versuch lesen, mit der Vergangenheit umzugehen, statt sie zu umgehen."

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 14.12.2001

Nach Ansicht des Rezensenten Eberhard Falcke hat es der aus Rumänien emigrierte Schriftsteller Richard Wagner gut gemeint mit seiner Kriminalgeschichte, in der er sich - nicht zum ersten Mal - mit der Ceausescu-Diktatur und ihren Folgen beschäftigt. Aber gut gemeint hat hier offensichtlich nicht gereicht. So findet Falcke etwa die Rückblende ins Rumänien der siebziger, achtziger Jahre "von der Sache her fesselnd", in der Form wirkt sie aber auf ihn "wie ein überdimensionierter Exkurs". Die verschiedenen Teile des Romans passen nach Meinung des Rezensenten einfach nicht richtig zusammen. Durch unnötige Wiederholungen gerate der Roman in eine "fatale Antiklimax", die ihn immer schwächer werden lassen. Dass Falcke diesen Kriminalroman so schwach findet, hängt wohl auch damit zusammen, dass er dem Autor zwischen den Zeilen unterstellt, dieses Genre nur gewählt hat, um sich massentauglich an seinem "Leib- und Lebensstoff" abzuarbeiten: "Dissidenten sind Vergangenheit, Detektive aber gehen immer". So bescheinigt Falcke dem Roman zwar "innere Werte", doch empfehlen kann er ihn nicht.
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Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 30.10.2001

Wie der Autor sein "großes Thema," die Bewältigung des Ceausescu-Regimes, hier in eine Kriminalstory verpackt, findet Wolfgang Schneider recht geschickt. Die Idee mit dem Krimi scheint indes auch nötig gewesen zu sein. Denn dass unser Rezensent nicht eingeschlafen ist bei der Lektüre, so sieht es aus, liegt im Wesentlichen eben an dieser Idee. Mit "hautnah-atmosphärischen Qualitäten" jedenfalls wartet das Buch kaum auf und auch nicht mit "brennend neuen Einsichten", dafür aber mit einem hohen Grad an Konstruiertheit und dem zweifelhaften Reiz der "Feststellungsprosa". Dagegen lobt Schneider die "geglückte Rollenprosa", mittels deren der Autor das "reizvolle" Psychogramm eines ehemaligen Securitate-Mannes entwirft. Das und besagte Idee genügen dem Rezensenten schließlich, das Buch dennoch zu empfehlen.

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 23.10.2001

Für ein großartiges Buch hält Anita Kugler diesen Roman, der spannend sei wie ein Krimi, weil er ja auch ein Krimi ist, und zugleich komplex erzählt, weil die Geschichte, von der er handelt, kompliziert ist. Es geht um den rumänischen Geheimdienst, stellvertretend für alle Geheimdienste und Diktaturen der Welt, der selbst im nachhinein und im Exil auf ehemalige Mitarbeiter und Opfer einen negativen Einfluss ausübt. Kugler zitiert den Autor: "Die Macht der Geheimdienste besteht im Zerstören der Gefühle". Eine exilierte schöne Rumänin taucht als Wasserleiche in Berlin auf, berichtet Kugler, in ihrem Umfeld einige Männer, die aus verschiedener Perspektive und höchst widerwillig mit der Vergangenheit abrechnen. Die schöne Tote kommt Kugler in der Handlung allerdings zu makellos weg, wo doch sonst für alle Beteiligten des Kriminalromans gelte: jeder ist vergiftet, jeder hat Dreck am Stecken, jeder ist gezeichnet für immer.