Robert Jütte

Lust ohne Last

Geschichte der Empfängnisverhütung
Cover: Lust ohne Last
C.H. Beck Verlag, München 2003
ISBN 9783406494307
Paperback, 368 Seiten, 14,90 EUR

Klappentext

Empfängnisverhütung ist keine Erfindung der Neuzeit und auch nie reine Privatsache gewesen. Mächtige Institutionen wie Kirche und Staat machten hier ihren Einfluss ebenso geltend wie bestimmte Berufsgruppen, die für sich besondere Kompetenz in ethischen und sittlichen Fragen beanspruchen. Wie sind unsere Vorfahren mit Empfängnisverhütung umgegangen, und wie haben sich Techniken und Moralvorstellungen, die heute noch aktuell sind, entwickelt? Das Buch verfolgt diese Fragen von der Antike bis zur Gegenwart und wirft darüber hinaus noch einen Blick in die Zukunft. Der Schwerpunkt der Darstellung liegt auf dem neuzeitlichen Europa, daneben werden aber auch unterschiedliche Kulturkreise (Europa, Amerika, China, Indien) und Weltreligionen (Christentum, Judentum, Islam) wie auch zentrale demografische und bevölkerungspolitische Aspekte berücksichtigt.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 24.11.2003

Christoph Albrecht findet an diesem Buch von Robert Jütte einiges zu loben. Vor allem, lobt der Rezensent, gehe Jüttes Buch weit über die Aufzählung historischer Mittel der Familienplanung - Albrecht nennt von den gleichwohl im Buch behandelten: Kindsmord, Abtreibung, Kastration, Coitus interruptus, Vaginaldusche, Schaffellkondom, Pessar, Antibabypille - hinaus. Jütte schreibe, so Albrecht, "die erst im neunzehnten Jahrhundert gesprächig gewordenen Geschichte der ehelichen Hygiene" vielmehr "auch und vor allem" als "eine Geschichte der Ideen und Dogmen". So bietet Jüttes Buch dann, wie man erfährt, schließlich auch Antworten auf die "zahlreichen Rätsel" und die interessantesten Forschungsfragen im Zusammenhang mit seinem Thema. Der Rezensent hebt darunter als drei "besonders interessante" heraus: Die Frage danach, ob die großen Weltreligionen Techniken der Familienplanung grundsätzlich feindlich gegenüber stehen; ob der Säkularisierungsschub, den man mit der Reformation verbindet, mit Techniken der Familienplanung im Zusammenhang steht; und ob die Antibabypille tatsächlich die Ursache der Kulturrevolution war, die sich vor etwa 35 Jahren vollzog. Jüttes Antworten, erfährt man, lauten, in der Reihenfolge der Fragen: nein, ja und nein.
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Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 17.05.2003

Auch lange vor der Pille war "Lust ohne Last" angesagt, Empfängnisverhütung also ein wichtiges Thema. Wie mit der Problematik der Geburtenkontrolle in den vergangenen zweitausend Jahren umgegangen wurde, kann man nun in Robert Jüttes "Geschichte der Empfängnisverhütung" nachlesen, berichtet Rezensentin Franziska Sperr. Der Medizinhistoriker hat laut Sperr eine enorme Zahl von Quellen von der Antike bis zur Gegenwart, die sich mit Fragen zu Moralvorstellungen und Verhütungstechniken befassen, ausgewertet. Vom coitus interruptus, über mehr oder eher weniger sichere Stellungen mit kontrazeptiver Auswirkung und mechanisch technischen Hilfsmitteln, bis hin zur Kastration als extremste Form der Empfängnisverhütung reiche dabei das bunte Spektrum von Verhütungstechniken, die Jütte vor Augen führe. Angesichts der "fleißigen historischen Recherchen" Jüttes verkündet Sperr abschließend eine leicht abgewandelte Binsenweisheit: "Eltern werden ist nicht schwer, Eltern sein dagegen sehr."
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Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 03.04.2003

In dieser ersten deutschsprachigen Zusammenfassung der neueren Forschung erfährt man alles zum Thema Empfängnisverhütung. Was die Aufbereitung der technischen Seite des Themas anbelangt, bestätigt Rezensent Balthasar Haußmann einen gelungenen Überblick. Dennoch findet er das Buch nicht ganz überzeugend: "faktenreich, aber thesenarm", lautet seine Kritik, und aus diesem Grund könne der Leser bestimmte Positionen zum Thema "Verhütung" nicht verstehen, wie er am Beispiel der rigiden Position der katholischen Kirche deutlich macht. Haussmann räumt aber ein, dass das Buch überall dort, wo es um historische Erklärungsansätze geht, wieder sehr informativ sei. Insgesamt scheint Jüttes Überblick also trotz der aufgezeigten Schwächen eine lohnende Lektüre für jeden, der an diesem Thema interessiert ist, zu sein.