Roberto Bolano

Exil im Niemandsland

Fragmente einer Autobiografie
Cover: Exil im Niemandsland
Berenberg Verlag, Berlin 2008
ISBN 9783937834269
Gebunden, 140 Seiten, 19,00 EUR

Klappentext

Aus dem Spanischen von Kirsten Brandt und Heinrich von Berenberg. Roberto Bolano, in Chile geboren, in Mexiko aufgewachsen, in Spanien zu literarischem Weltruhm gelangt und früh gestorben, ist so etwas wie der Fliegende Holländer Lateinamerikas: Wie wenige hat er das Exil kennengelernt - und sich dazu unsentimentale Gedanken gemacht. Sie bilden den roten Faden dieser Fragmente zur Autobiografie eines Umhergetriebenen. Das Lied vom traurigen Latino, der im kalten Exil die warme Heimat besingt (wo Mord und Totschlag herrschen) hat dieser Autor nie mitgesungen. Bolano ist sein Leben lang durch die Welt gereist, gezwungen, freiwillig, immer aber mit äußerster Intensität. In diesen Artikeln, Essays und Reisebildern kann man nachlesen, wie krumm die Wege waren, auf denen er zum Herold der lateinamerikanischen Gegenwartsliteratur wurde.

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 28.03.2009

Als einen Autor, der aus Chile floh, um programmatisch zum Exilautor zu werden, beschreibt Eva-Christina Meier den Dichter Roberto Bolano, der gerade postum in den USA groß entdeckt und gefeiert wird. Näheres zum Leben und Schreiben und Denken des Autors in Spanien - genauer gesagt, und das ist wichtig: in der an der Costa Brava gelegenen Kleinstadt Blanes nahe Lloret de Mar - ist nun dem vorliegenden Band zu entnehmen, der kürzere, teils für die Zeitung geschriebene Texte versammelt. Eine Hymne auf seine Wahlheimatstadt ist ebenso darunter wie sein Lob der für seine Begriffe bedeutendsten chilenischen Dichter Alonso de Ercilla und Ruben Dario. Gefeiert wird das wilde Leben und getrauert wird um die an ihrer Drogensucht oder an Aids verstorbenen Freunde. Als Dokumente, die sowohl Bolanos "feinen Humor" wie seinen Willen zu "bedingungsloser Abgrenzung" belegen, findet die Rezensentin die Texte des Bandes offenkundig mindestens für am Autor Interessierte höchst lesenswert.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 07.10.2008

Die nach dem Tod von Roberto Bolano zusammengesetzte Autobiografie ist eigentlich eine "Antiautobiografie" meint Rezensent Florian Borchmeyer, da sich Bolano zeitlebens immer schon jeglicher Kategorisierung und Niederschreibung entzogen habe. Dennoch war Borchmeyer dankbar über dieses "literarische Lebensbild", das Bolanos Widerstrebungen zum Trotz versucht, seine Person einzufangen. Es befinden sich viele Schriftstücke und Aufzeichnungen, aber auch Interviews in dem Band, die zusammen den Ruf Bolanos als "Enfant terrible" und "Querdenker" bestätigen, resümiert der Rezensent. Bolano sei ein Nonkonformist gewesen, der eigentlich nur im Exil, also einem Niemandsland und in der Literatur zuhause war. Das Leben und die Aussagen des chilenischen Schriftstellers, der gerne mit Beschuldigungen um sich warf und eine große Abneigung gegen obsessive Wahrheitsfindung hegte, errege vor allem "Schwindel im doppelten Wortsinne", also Unwahrheit und Unfassbarkeit zugleich. So gebe er zum Beispiel vor, 1973 nicht die chilenische Revolution miterlebt, sondern eine Heroinsucht in Spanien auskuriert zu haben. In die Irre führen ließ sich Borchmeyer gerne und empfiehlt das Buch als gut geeignete Einführung in das Werk des Schriftstellers.
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Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 15.07.2008

Der postum erschienene Band mit Erinnerungsfragmenten des 2003 verstorbenen chilenischen Autors Roberto Bolano befestigt für Kersten Knipp dessen Ruf als engagierter Schriftsteller. Denn nichts sei Bolano verhasster gewesen als hohle Phrasen, er habe sich immer in der Pflicht gesehen, in seinem Schreiben mehr zu erreichen als lediglich "schönen Klang, so der Rezensent. Bolano, der während der Pinochet-Diktatur ins Exil flüchten musste, kritisiert an der jüngeren Schriftstellergeneration die politische Unverbindlichkeit und wirft ihr vor, es mit ihrem Schreiben lediglich auf Preise und ein angenehmes Leben abgesehen zu haben. Dem Rezensenten imponiert es offensichtlich, wie locker sich der Autor einerseits in einem in diesem Band abgedruckten Playboy-Interview geben kann, bei gleichzeitiger kompromissloser Ernsthaftigkeit, wenn es um für ihn wichtige Dinge geht. Und so bietet dieser Band für Knipp "erhellenden" Einblick in Leben und Werk des Autors und zeigt ihm zudem das ganze "Elend postmoderner Ironiker" in einer Zeit, in der die politischen Ideale Ernüchterung gewichen sind.

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 03.04.2008

Als "Schatzkammer vollgestopft mit Sachen, die verführbare Leser glücklich machen können" feiert Rezensentin Katharina Döbler diesen Essayband des chilenischen Schriftstellers, der 2003 mit nur fünfzig Jahren verstorben sei. Denn das Buch mit Aufsätzen und Glossen beinhaltet Döbler zufolge nicht nur Hinweise auf Autoren, originelle Bemerkungen oder "funkelnde Monologe" zur Weltliteratur und ihren Autoren. Wer wissen wolle, wo die lateinamerikanische Literatur jenseits der bekannten Namen zu finden sei, komme um das Buch ebenfalls nicht herum, das auch Rückblicke auf politische Kämpfe und Stimmungslagen Lateinamerikas zu bieten habe. Roberto Bolano fasziniert die Rezensentin als "scharfsinniger und unterhaltsamer Analytiker", begeistert sie mit Leidenschaft und Emphase, dass sie am Ende nicht anders kann, als ihn zum Klassiker zu ernennen.

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