Sandor Marai

Schule der Armen

Ein Leitfaden für Menschen mit geringem Einkommen.
Cover: Schule der Armen
Piper Verlag, München 2006
ISBN 9783492048590
Gebunden, 170 Seiten, 16,90 EUR

Klappentext

Aus dem Ungarischen von Tibor Podmaniczky. "Ich selbst habe öfters die Beobachtung gemacht, dass ich für Geld, und sogar für relativ wenig Geld, zu den edelsten Gefühlen fähig bin", bekennt Sandor Marai nicht ohne Ironie. Doch was, fragt er sich, wenn das Geld fehlt, um edle Gefühle zu entwickeln und tugendhaft zu bleiben? Für diesen Moment sei er nicht gerüstet, und es fehle noch immer ein Wegweiser, der nicht nur die Grundbegriffe der Armut erläutere, sondern diesen beklagenswerten Zustand auch mit Würde ertragen hilft. So diene die "Schule der Armen", schreibt Marai mit schwarzem Humor, in praktischer Manier dazu, wie der Arme sich zu verhalten habe in Fragen der Kleidung und des Reisens, des Essens und Trinkens, der Freizeit und, nicht zuletzt, in der Frauenwelt.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 20.05.2006

Dies ist, fast sechzig Jahre nach dem Erscheinen im Original nun in deutscher Sprache veröffentlicht, Sandor Marais Streitschrift wider den Kapitalismus. Rezensent Eberhard Straub beschränkt sich - offenkundig zustimmend - auf ein ausführliches Referat der von Marai entwickelten Thesen: Zentral ist dabei nicht die Polemik gegen die Gegenwart einer erwerbsversessenen Gesellschaft, sondern die Ausarbeitung eines Gegenprogramms. Dies besteht, wohl durchaus im Bezug etwa auf den Heiligen Franziskus, in einer Art Wiedergewinn der Freiheit inmitten der obwaltenden Umstände. Es geht um eine Emigration nach Innen, ein Abstandnehmen von den groben Notwendigkeiten des Lebens und Geldverdienens, um eine Armut, die in Wahrheit der einzig mögliche Reichtum ist: an Freiheit, auch an Zeit. Der letztere Aspekt scheint besonders wichtig: Die Freiheit zur Armut bedeutet auch den Verzicht auf den Raub der Zeit durch Verpflichtungen. Und erst von dieser Position der Armut aus kann man es sich dann leisten, die eigene Zeit nach Gutdünken zu verschwenden.
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Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 25.04.2006

Mit großem Vergnügen berichtet Rezensentin Ursula Pia Jauch von den erfinderischen Strategien, die Sandor Marai für ein würde- und genussvolles Leben in Armut empfiehlt. Dabei habe der Autor gewissermaßen aus dem Vollen schöpfen können, da er 1933, als die "Schule der Armen" zum ersten Mal erschien, selbst ausreichend arm war, um sich seinen "Knigge der Armut" einfallen zu lassen. Der Rezensentin gefällt insbesondere Marais "leichtfüßige Lakonie", mit der dieser das reiche Potential der Armut beschreibe und die entscheidenden Grundregeln verkünde. In einigen Lebensbereichen müsse der Arme erst einmal alle Hoffnung fahren lassen. Zunächst die Hoffnung auf Religion, anschließend die Hoffnung auch auf jede andere Erlösung, dann die Hoffnung, die Reichen jemals verstehen zu können, und zuerst und zuletzt die Hoffnung auf eine Frau. Ansonsten aber stünde dem "talentierten Armen" die Welt offen, wenn er nur jeden Morgen die aus Geldmangel unterentwickelten Sinne künstlich trainiere, und beispielsweise dem "Quietschen der Trambahn" wie einer Sinfonie lausche.

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 16.03.2006

Das Lob der Armut war in einem kommunistischen Land eine Provokation, behauptet Dieter Borchmeyer überzeugend, denn "der Kommunismus ist nicht weniger vom Besitz besessen als der Kapitalismus". Kurz nach Erscheinen seiner "Schule der Armen", 1948, flüchtete Marai aus Ungarn in den Westen. Sein Essay ist witzig, geistvoll, eine Eloge auf die Armut als natürlicher Zustand, denn nur wenige Lebewesen wie Ameisen, Termiten oder Bienen meinen "unter dem Zwang einer langweiligen Gesellschaftsordnung" arbeiten und Besitz anhäufen zu müssen. Alles in allem eine sehr amüsante und Trost spendende Lektüre, findet Borchmeyer, warnt allerdings die Feministinnen. Für sie sei die "Schule der Armen" eine "bittere Lektüre" - denn Frauen stehen auf Reichtum. Zumindest sah es Marai so, dessen "relativierenden Witz" der Leser bloß nicht übersehen solle, warnt der Rezensent. Ideologische Lösungen seien dem Autor fremd, versichert er. Stattdessen beschwöre er den "Zauber des Individualismus", zitiert Borchmeyer den Verfasser.
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