Sibylle Berg

Die Fahrt

Vom Gehen und Bleiben. Roman
Cover: Die Fahrt
Kiepenheuer und Witsch Verlag, Köln 2007
ISBN 9783462039122
Gebunden, 340 Seiten, 19,90 EUR

Klappentext

Getrieben sind sie alle, die Figuren in Sibylle Bergs neuem Buch, einem Reiseroman. Ruhelos fahren die einen an exotische Orte, auf der Suche nach einem kleinen bisschen Glück. Oder Sinn oder Abwechslung. Hauptsache, etwas passiert. Die anderen haben keine Wahl und müssen bleiben, wo sie sind. Wo auf der Welt kann der Mensch glücklich sein? Heimat gibt's nicht mehr. Heimat ist für Menschen, die in Bergdörfern aufgewachsen sind, dort wo man alle kennt, auch die Tiere und wo man statt ins Kino Sonnenuntergang schauen geht. Für alle anderen, also für die meisten, stellt sich die Frage immer wieder neu: gehen oder bleiben? Bleibe ich in meinem blöden Berliner Leben hocken oder suche ich das Glück in Sri Lanka, Rio de Janeiro, Shanghai oder Tel Aviv?

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 09.10.2007

Wenn Sybille Berg noch das Moralisieren lassen würde, fiele Kristina Maidt-Zinke ihr wohl um den Hals. So sehr ist die Rezensentin erfreut, dass die Autorin hier die "pseudo-infantile Perspektive" ihres letzten Buches aufgibt, um wieder gepflegt zu hassen - alles und jeden. Das hat wieder Biss und Schärfe, freut sich Maidt-Zinke und sieht über die Fragwürdigkeit der Romanform in diesem Fall (79 Kapitel und jede Menge Einzelschicksale!) und Bergs ausgeprägten Hang zum Selbstzitat großzügig hinweg.
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Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 04.10.2007

Laut Rezensent Rolf-Bernhard Essig stellen sich die Figuren in Sibylle Bergs Roman "Die Fahrt" die existenziellen Fragen, die die Menschen, die es sich leisten können, umtreibt: Was ist der Sinn des Lebens, warum bin ich hier, soll das jetzt alles immer so weiter gehen? Als wollte sie Schopenhauers Philosophie illustrieren, schichtet die Autorin in einer an den Episodenfilm erinnernden Manier Menschenschicksal auf Menschenschicksal aufeinander und bewegt sich dabei durch bekannte und unbekannte Landstriche dieser Erde, erklärt der etwas erschöpft wirkende Rezensent. Während die Autorin ihre desillusionierenden Einblicke in das Menschenlos, in das überall und stets zu findende "seelische und materielle Elend", darlegt, stellt sich bei Essig wegen der redundanten und repetitiven Elemente dieses Romans so etwas wie Überdruss ein, auch wenn er zugibt, dass Berg mit vielen gelungenen Sprachbildern und einem sehr dynamischen Erzählfluss aufwarten kann. Berg-Neulinge werden wahrscheinlich ziemlich beeindruckt sein von der sprachlichen Eindringlichkeit und den bitteren Erkenntnissen, die Berg hier zum Besten gibt. Wer mit den Prosatexten, den Reportagen und Feuilletons der Autorin allerdings schon Bekanntschaft gemacht hat, wird diesem Buch wahrscheinlich nicht viel abgewinnen können, weil sich nicht nur innerhalb ihres Gesamtwerkes, sondern auch innerhalb dieses Buches die Einsichten wiederholen, so Essig gelangweilt.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 20.09.2007

Sibylle Bergs neuer Roman hat Rezensent Rainer Moritz durchaus gefallen, auch wenn ihm vieles bekannt vorkommt. Er nennt hier etwa das Erzählmuster, das schon das Debüt der Autorin  kennzeichnete: eine Reihe von Figuren, deren Wege sich kreuzen, die Beziehungen oder Affären eingehen, sich wieder trennen, und die glauben, die Erfüllung ihrer Hoffnungen vielleicht in der Ferne zu finden und deshalb herumreisen zwischen Berlin, Island, Los Angeles, Sri Lanka, Tel Aviv usw. Berg erweist sich zu seiner Freude dabei noch immer als "bissige", "treffsichere" und "scharfe Beobachterin", die die Lächerlichkeit und Traurigkeit ihres Personals gekonnt auf den Punkt bringt. Außerdem sieht er die Autorin als "Meisterin in der Darstellung unschönen Geschlechtsverkehrs". Fast erstaunt hat ihn, dass es diesmal neben der ganzen Tristesse auch einige idyllische Momente gibt. Allerdings will er nicht verhehlen, dass Berg für diesen Roman Zweitverwertung betrieben hat, fleißig Kommentare und Glossen aus Zeitungen, Magazinen und Weblogs recycelt und ihren Figuren teilweise ihre eigene Meinung in den Mund legt. Damit falle sie ihren Figuren gelegentlich in den Rücken und mache sie zu Meinungsmarionetten. Ein, wie Moritz findet, "ästhetisch unbefriedigender Schachzug".
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