Sibylle Berg

Ende gut

Roman
Cover: Ende gut
Kiepenheuer und Witsch Verlag, Köln 2004
ISBN 9783462033588
Gebunden, 335 Seiten, 19,90 EUR

Klappentext

Die Heldin dieses Romans sieht, dass alles den Bach runtergeht: Flutkatastrophen vorm Fenster und im Fernseher, mal wieder bricht eine neue Seuche aus, irgendwas mit Hautausschlag und Sterben, ihren Job in irgendeiner Agentur ist sie los, nun denn. Die Menschheit ist immer Scheiße gewesen. Und nun geht eben die Welt unter. Etwas Besseres kann nicht passieren. In einem Cafe explodiert eine Bombe, die Heldin mittendrin. Sie schält sich aus den Trümmern und macht sich auf, das Glück oder zumindest ein Leben zu suchen. Durch die Ödnis der deutschen Provinz, über Weimar, Berlin und Amsterdam, gelangt sie schließlich in Begleitung ihres stummen Freundes nach Finnland, wo sie nicht nur auf einen überraschend freundlichen Menschenschlag trifft, sondern auch etwas findet, was ihr erlaubt, wie ein Mensch zu leben. Friedlich und gut.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 15.02.2005

Einen "nicht zu überbietenden Roman" erblickt Rezensent Stephan Maus in Sibylle Bergs neuem Werk "Ende gut", eine "Generalabrechnung" mit Gott und Vaterland, einen "kristallklar leuchtenden Rundumschlag" und schließlich noch eine "aufklärerische Groteske". Maus zeigt sich völlig geplättet von "Madame Berserker", wie er Berg nennt, und kann ihren Roman gar nicht genug loben. Er bescheinigt der Autorin, als Erste die Katastrophe als "Lebensform und Erzählprinzip" erkannt zu haben, und mit "Röntgenblick" zu durchleuchten. Den Roman beschreibt Maus als eine "Studienreise durch die Apokalypse", die Bergs Heldin zu absolvieren hat. Die ist, nebenbei bemerkt, "um die 40", und damit "Ende gut" für Maus der "definitive Roman über dieses Lebensalter". Durch namen- und gesichtlose Städte schicke Berg ihre Heldin über zahlreiche trostlose Stationen in den Norden der Republik hinauf nach Finnland. Genüsslich beschreibt Maus dabei die verkommenen Szenarien, durch den sich Bergs Heldin bewegt, und delektiert sich am Wüten der Autorin, die ihn mitunter an Celine und Houellebecq erinnert. "Oft wurde versucht, unsere madige Speckgürtel-Republik in all ihrer grenzenlosen Trost- und Ruchlosigkeit auszumessen", befindet Maus. "Selten bis nie gelang es so überzeugend wie in Bergs Roman".
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Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 13.08.2004

Wolfgang Schneider findet Sibylle Berg so richtig schön böse, aber eben nicht nur. Auch Frédéric Beigbeder beispielsweise lasse die zivilisierte Welt mit Schmackes untergehen, doch im Gegensatz zum Franzosen habe Berg schriftstellerisches Format, und zwar nicht zu knapp. Sie ist, so Schneider, keine "Trittbrettfahrerin des Grauens", sondern eine sprachgewitzte, in düsterer Komik begabte Virtuosin, die in ihrer Misanthropie wahre Größe erreicht. Zunächst mal, schreibt Schneider, geht es um das Altwerden: "Über das Vergammeln der Körper zu Lebzeiten - und die Seele in der Wiederholungsschleife - hat seit Gottfried Benn vielleicht niemand mehr so gehässig und untröstlich geschrieben wie Sibylle Berg." Ferner um die sinnlose Banalität von Alltag, der höchstens, im Falle der Bessergestellten, mit Eitelkeiten verhangen wird, die von Berg natürlich fortgerissen werden - Schneider spricht von einem "Panorama der Trostlosigkeiten". Und im Hintergrund lauert die Apokalypse. Mit anderen Worten: "Die alte Sehnsucht der Menschheit, metaphysisch abgestraft zu werden, wird übererfüllt." Doch der Rezensent hat noch etwas anderes entdeckt: Hinter dem "Weltekel" nämlich verberge sich bei Berg kein wohlfeiler Zynismus, sondern "unerledigtes romantischen Potential", und das macht für ihn die ganze Sache noch interessanter. Fazit: Sibylle Berg - "der Piranha im Goldfischteich" der deutschen Literatur.
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Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 30.06.2004

Wolfgang Schneider fühlt sich alles in allem gut unterhalten von diesem apokalyptischem Roman, auch wenn er einiges zu bemängeln hat, wie etwa das leise Ende des Buches. Trotzdem erfüllt Sibylle Berg seine Erwartungen, sie zelebriert ihren "methodischen Pessimismus". Die Geschichte, die sie erzählt, ist "von erwartbar schlechter Laune, ein Panorama der Trostlosigkeiten". Besonders abgesehen hat sie es auf die Abgründe des modernen Lebens, zum Beispiel auf die "Lifestyleredakteusen und "die Welt, die sie erschaffen". Nach Schneiders Meinung ist das Buch ebenso "archivierungslustig" wie ein Poproman, er findet reichlich "surreal entstellte O-Töne aus der deutschen Lebenswirklichkeit". Kompositorisch ist der Roman zwar nach Ansicht des Rezensenten keine Glanzleistung, doch tut das dem Unterhaltungswert keinen Abbruch.

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 25.03.2004

Ein wenig zu weit gegangen ist Sibylle Berg mit ihrem Endzeit-Roman, findet Sebastian Domsch. Obwohl die Autorin in der Geschichte das "Erbärmliche" unserer Welt so "schonungslos" darlegt, wie es ihr sonst kaum einer nachmachen kann, so hätte sie doch auf die "Rückfahrkarte" für den Leser verzichten sollen, meint Domsch. Nach den "großen Knall" die Hoffnung zu setzen, erinnert ihn an Gedankenspiele "eher unguter Vorgänger". Außerdem wirke Bergs "Zivilisationskritik" mit zunehmendem Chaos aus Bomben, Seuchen und Giftanschlägen immer "unangemessener", falle doch die Dummheit der Menschen in einer Welt in Flammen "kaum noch" auf. Abgesehen vom Ende sei die Autorin sich aber mehr als treu geblieben, ja, sie habe sich sogar selbst noch an schwarzem Gedankengut übertroffen. "Nihilismus und Weltverneinung" seien in einem Format präsentiert, wie man es selbst von Berg "so noch nicht gekannt" habe. Und so wird der Leser immerhin von den ersten hundert Seiten "überrollt", wie von einer "gewaltigen Schlammlawine", verspricht Domsch.

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 25.03.2004

Walter von Rossum ist entzückt von Sybille Bergs jüngstem Werk, einem Roman in 48 Erzählclips, die ihn auf eine schön "schräge Tour" mitnehmen. Das mit den Clips will Rossum nicht abwertend verstanden wissen, denn 48 "zierlich plappernde Kapitelüberschriften" verschaffen dem Leser erzählerischen Überblick oder vielmehr willkommene Anhaltspunkte in einer Odyssee durch ein seuchen- und katastrophenversehrtes Deutschland, versichert der Kritiker. Der Roman ist in einer nicht genauer bestimmten nahen Zukunft angesiedelt, in der "die überhitzten Systeme" dank Börsenmaklern, Terroristen und selbsternannten Gurus "kurz vor dem Kollaps" stehen, schreibt Rossum. Unschwer sei darin das Endstadium unserer Gegenwart zu erkennen. Die Heldin, die sich in der Mitte des Buches auf den Weg mache, an den Rändern Europas ein Fleckchen unbehelligte Erde zu finden, verlange nach Ruhe außerhalb von Katastrophenalarmen und Schlachtengetümmel. Selten ist dieses Missverhältnis zwischen dem einfachen Verlangen nach einer friedfertigen Existenz und zivilisatorischen Zwängen so bösartig und witzig beleuchtet worden, lobt der Rezensent.
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