Susan Buck-Morss

Hegel und Haiti

Für eine neue Universalgeschichte
Cover: Hegel und Haiti
Suhrkamp Verlag, Berlin 2011
ISBN 9783518126233
Kartoniert, 221 Seiten, 16,00 EUR

Klappentext

Aus dem Amerikanischen von Laurent Faasch-Ibrahim. 1791 revoltierten die Sklaven von Saint Domingue, dem heutigen Haiti, unter Absingen der Marseillaise gegen die französischen Kolonialherren. Die "schwarzen Jakobiner" bewiesen so die Unteilbarkeit der Aufklärung. Diese im Okzident verdrängte Geschichte Haitis wird derzeit angesichts zunehmender weltweiter Ungleichheit wiederentdeckt. Anknüpfungspunkte dafür finden sich ausgerechnet bei Hegel, der die Ereignisse in der Karibik verfolgte. Seine Überlegungen zum Verhältnis von Herrschaft und Knechtschaft lesen sich wie ein Kommentar zum Geschehen ohne dass Haiti mit einem Wort erwähnt würde. Susan Buck-Morss konfrontiert Hegels Interesse mit seiner Philosophie und skizziert die Grundlinien einer neuen Universalgeschichte.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 04.01.2012

Das Kapitel "Selbstbewusstsein" in der Phänomenologie des Geistes zählt Dieter Thomä zu den Hegel-Classics. Umso erstaunter ist er, wenn Susan Buck-Morrs dem Text noch einmal eine neue Seite abgewinnt. Laut Rezensent unternimmt sie das in einer Mischung aus Detektivstory, Traktat und Pamphlet und indem sie behauptet, Hegel spiele mit seinem Text auf den Sklavenaufstand in Haiti an und nehme von der deutschen Provinz aus die Weltwirtschaft, Hegemonie, Humanität und Gewalt in den scharfen Blick. Hegel als konkreter politischer Autor - das muss der Rezensent erst einmal verdauen. Bei allen Widersprüchen gegen eine solche Lesart, die er in Hegels sonstigen Äußerungen ausmacht, kann Thomä sich dem Reiz der wohllautenden Verbindung Hegel-Haiti nicht entziehen. Wenn auch keine echte Solidarisierung Hegels im Spiel war, eine Bezugnahme findet der Rezensent eigentlich schon sensationell genug.
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Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 14.09.2011

"Hegel und Haiti" ist nicht nur Buchtitel, sondern "Schlüsselpaar unserer revolutionären Zeit", erklärt Tilman Vogt nach der Lektüre von Susan Buck-Morss' Buch, das die Beziehung zwischen den philosophischen Freiheitsidealen der Aufklärung und den Sklavenaufständen in Haiti heraus präpariert. Wenn sich mit der Globalisierung die "Lebensrealitäten" annähern, weiß Vogt, muss auch die Forderung nach Freiheit allgemeingültigen Anspruch haben. Buck-Morss schildert für Vogt eben das an einem historisch-philosophischen Beispiel deutlich: Während in Europa die Philosophen die monarchistische Unterdrückung anprangern, wird in den Kolonien eifrig versklavt. Dass diese paradoxe Parteilichkeit nur auf der "Angst um die europäische Macht" beruht, wird für Tilman Vogt in diesem Buch sehr überzeugend klar. Mit diesem "mustergültigen Stück kritischer Theorie" gelingt es Buck-Morss das bewusste Wegschauen der europäischen Freiheitsphilosophen diskursiv zu hinterfragen, findet Vogt .

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 15.07.2011

Sven Hanuschek hat dieses Buch von Susan Buck-Morss mit großem Interesse gelesen. Buck-Morss, Professorin für politische Philosophie an der Cornell University, verbindet darin die Revolution von Haiti von 1791 mit Hegels Dialektik von Herr und Knecht, derzufolge der Knecht sich durch die Arbeit und seine Fähigkeiten dem untätigen Herrn gegenüber emanzipiert. "Möglicherweise" weise Buck-Morss nach, schreibt Hanuschek etwas vage, dass Hegel sich dabei nicht auf die Französische Revolution bezog, sondern eben auf die Ereignisse in Haiti, wo sich die versklavten Plantagenarbeiter gegen ihre französischen Unterdrücker auflehnten - wobei sie durchaus die Marseillaise sangen, die schwarzen Jakobiner. Was Hanuschek an dieser Studie schätzt, ist, dass sie sich gegen die "Zerhütteltung der Einzelwissenschaften" wende, Hegel und Haiti wieder zusammendenke und für eine Universalgeschichte plädiere. Bei der Revolutionsromantik des zweiten Teils geht er dann aber wieder auf Distanz.

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