Tadeusz Borowski

Bei uns in Auschwitz

Erzählungen
Cover: Bei uns in Auschwitz
Schöffling und Co. Verlag, Frankfurt am Main 2006
ISBN 9783895613296
Gebunden, 422 Seiten, 24,90 EUR

Klappentext

Aus dem Polnischen von Friedrich Griese. Scheinbar moralisch indifferent beschreibt Borowski die Gräuel der nationalsozialistischen Vernichtungslager und verzichtet dabei auf eine klare Trennung zwischen Opfer und Täter. Aus der Perspektive des Kapos, der Mithäftlinge beaufsichtigt und dafür Privilegien erhält, schildert er mit zynischem Realismus den Wettlauf der Häftlinge ums Überleben. Mit einer Genauigkeit, die dem Leser nichts schenken will, berichtet er von der Mutter, die bei der Selektion ihr Kind verleugnet, und der Arroganz der alteingesessenen Häftlinge gegenüber den Neuankömmlingen im Lager.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 05.03.2007

Franziska Augstein lässt keinen Zweifel über das Opfer, das diese Erzählungen erst ermöglicht hat. Es ist der Autor selbst, Tadeusz Borowski, aufgegangen in der "fürchterlich durchdringenden" Sachlichkeit und Poesie seiner Texte über das Lagerleben. Die moralfreie, doch nicht amoralische, "selbstentlarvende" und zum Teil sogar "amüsante" Schilderung des Unsagbaren erscheint der Rezensentin ungeheuerlich. In der kunstmäßigen, den Leser einbindenden Entfremdung des selbsterlebten Grauens erkennt sie die Auslöschung der hoffnungsspendenden Einteilung in Gut und Böse ("das Lagerleben als schwarzes Loch"), an der Borowski ihrer Meinung nach schließlich zugrunde gegangen ist.
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Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 17.02.2007

Marta Kijowska begrüßt die erweiterte und hinsichtlich ihrer ursprünglichen Entstehungsgeschichte besser gegliederte Neuausgabe der Erzählungen Tadeusz Borowskis als Chance, die Texte kennenzulernen, für die dieser widersprüchliche Autor uns ihrer Meinung nach in Erinnerung bleiben sollte. Borowskis autobiografisch gefärbte Schilderung der KZ-Realität hat für die Rezensentin nichts von ihrer Meisterschaft verloren, die sie in der "pietätlosen" Sachlichkeit und Genauigkeit der Darstellung erkennt und in der allumfassenden, traditionelle Opfer-Täter-Dualismen missachtenden Perspektive und Anklage der Verhältnisse.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 13.12.2006

"Beklemmend" findet es Yaak Karsunke, wie detailreich Tadeusz Borowski in seinen Erzählungen das Leben der Häftlinge in Auschwitz, den "Displaced Persons"-Lagern der Nachkriegszeit oder nach der Heimkehr in Warschau beschreibt. Der Titel bezieht sich laut Karsunke auf den Stolz der Auschwitz-Häftlinge gegenüber jenen des Nebenlagers Birkenau, der sich in einer feinverästelten Hierarchisierung unter den Häftlingen fortsetzte. Zur Veranschaulichung der Eindrücklichkeit und Dringlichkeit der Schilderungen Borowskis zitiert Karsunke einen Satz, dem nichts mehr hinzuzufügen ist. "Richtigen Hunger hat man, wenn man einen Menschen als etwas Essbares betrachtet."

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 07.12.2006

Rezensentin Olga Martynova mahnt die lesende Welt, "nicht zu vergessen" und spricht dabei von der Nazi-Diktatur, speziell den Opfern im Todeslager Auschwitz. Darüber hat Tadeusz Borowski, ein in der Ukraine geborener Pole, geschrieben und seine Erzählungen bilden "eines der erschütterndsten Zeugnisse" dieser Zeit. Der Autor liefere eine "physische Anschauung des Ungeheuerlichen". In allen Details beschreibe er den grauenvollen Lageralltag, in dem selten die Täter, sondern vor allem die Opfer erscheinen und sich mitunter auch zu Mittätern machen. Das habe Borowski von vielen Seiten den Vorwurf des Sarkasmus eingebracht, den die Rezensentin so nicht stehen lassen will. Dass der Autor, der sich mit 28 Jahren das Leben nahm, auf so viel "Unverständnis" gestoßen sei, liegt ihrer Ansicht nach darin, dass die Welt in seinen Büchern mit Mitteln der Vernunft nicht begreiflich ist.