Tahar Ben Jelloun

Yemma - Meine Mutter, mein Kind

Cover: Yemma - Meine Mutter, mein Kind
Berlin Verlag, Berlin 2007
ISBN 9783827007582
Gebunden, 208 Seiten, 18,00 EUR

Klappentext

Aus dem Französischen von Christiane Kayser. "Yemma - Meine Mutter, mein Kind" ist Ben Jellouns bewegende Erzählung von der Alzheimererkrankung seiner Mutter. "Ich habe meiner Mutter zu essen gegeben. Meiner Mutter, meinem Kind. Einen Löffel Milch mit Käse. Wie einem Kind, das mit geschlossenen Augen isst, und meine Hand zittert vor Rührung." Der hier seine an Alzheimer erkrankte Mutter füttert, ist Tahar Ben Jelloun. Und das Kind ist Lalla Fatma, seine alte Mutter, die mit einer Pflegerin zurückgezogen in ihrem Haus in Tanger lebt. Mal verwechselt sie ihn mit ihrem vor dreißig Jahren gestorbenen jüngeren Bruder. Dann mit ihrem ältesten Sohn Mustafa aus ihrer ersten Ehe mit fünfzehn. Oder sie sieht in ihm nur den kleinen kranken Tahar, den sie in Fes hätschelte. Oder beklagt sich, dass er sie seit seiner (!) Beerdigung nicht besucht hat. Dazwischen Momente von großer Klarsichtigkeit: Von ihrem Bett aus erinnert sie sich an ihre Jugend, ihre Ehen, die Hochzeitsfeste, die Vorbereitungen im Hamman. Eines Morgens bestellt sie Handwerker, die ihr Haus für die Beerdigung schmücken sollen. Dann wieder lacht sie und schminkt sich für ihre drei (verstorbenen) Ehemänner, die sie zum Essen erwartet. Lalla Fatma bevölkert ihr Haus mit Fantomen, Erinnerungen und Halluzinationen. Doch eines Tages bleiben auch die aus.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 08.01.2008

Eher durchwachsen scheint Rezensent Christoph Schröder dieses Buch Tahar Ben Jellouns über die Alzheimer-Krankheit seiner Mutter. Zwar sieht er darin ein "demonstrativ menschliches Buch", ja ein "Buch der Liebe", das sehr subjektiv und ganz nah dran an seinem Gegenstand sei. Aber er hält dem Autor auch vor, nicht immer ohne Redundanzen, "Sentimentalität" und "Kitsch" auszukommen. Der Text wirkt auf ihn weitgehend wie "persönliche Aufarbeitungsprosa". Dennoch hält er das Buch passagenweise für interessant. In diesem Zusammenhang nennt Schröder zum einen die Gegenüberstellung des unterschiedlichen Umgangs mit dem Altern in Marokko und im westlichen Europa, zum anderen das beeindruckende Charakterbild seiner Mutter, das Jelloun in Rückblenden und Erinnerungssequenzen zeichnet.
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Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 03.01.2008

Einen zwiespältigen Eindruck haben Tahar Ben Jellouns Aufzeichnungen über das Leben und Sterben seiner alzheimerkranken Mutter bei Rezensentin Angela Schader hinterlassen. Einerseits hat sie das Buch bewegt, andererseits beschleicht sie bei der Lektüre immer wieder ein gewisses Unbehagen. Sie hebt die literarische Qualität des Buchs hervor, lobt die starken Bilder und die berührenden, aber nie sentimentalen Beschreibungen der Qual der Alzheimerkrankheit. Doch meint sie in langen Passagen, in denen die Mutter spricht, zu stark die Stimme des Schriftstellers zu hören. Sie rügt in diesem Zusammenhang die etwas "gleichmäßige Sprachoberfläche", die sich wie eine Scheibe zwischen Leser und Figuren schiebe. Auch die scharfe Gegenüberstellung des Verhältnisses von Eltern und Kindern im westlichen Europa und in Marokko hat sie nicht wirklich überzeugt, auch wenn ihr die Kritik am hiesigen Umgang mit alten Menschen durchaus berechtigt scheint. Allerdings nimmt der Umstand, dass die Sorge für die Kranke auch in Ben Jellouns Familie vor allem in den Händen zweier Hausdienerinnen liegt, in ihren Augen dieser Kritik ein wenig die Glaubwürdigkeit.

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 22.11.2007

Einigen Eindruck hat Tahar Ben Jellouns Buch über seine Alzheimer-kranke Mutter auf Rezensentin Eugenie Bott gemacht. Denn der Autor verkehrt darin ihrem Eindruck zufolge auf höchst "wunderliche" Weise das Kranke und das Gesunde - filtere aus den seltsamen Geschichten der alten und kranken Mutter ein Stück der Geschichte und Kultur Marokkos heraus. Aber auch die Art, wie Ben Jelloun hier eine "Eloge an eine Kultur" der Würde präsentiert, gibt der Rezensentin sehr zu denken - gerade weil hier der Autor so subjektiv und lyrisch westliche und nordafrikanische Kultur gegeneinander abwägt und sich dann stark zur nordafrikanischen bekennt. Aber auch jenseits aller Kulturkritik gefällt der Rezensentin der "unaufhörliche Fluss der arabischen Erzählungen".