Tobias Kaestli

Selbstbezogenheit und Offenheit - Die Schweiz in der Welt des 20. Jahrhunderts

Zur politischen Geschichte eines neutralen Kleinstaats
Cover: Selbstbezogenheit und Offenheit - Die Schweiz in der Welt des 20. Jahrhunderts
NZZ libro, Zürich 2005
ISBN 9783038231417
Gebunden, 596 Seiten, 47,00 EUR

Klappentext

Aus der Besonderheit ihrer Neutralitätspolitik gewann die Schweiz eine starke Identität, die es ihr erlaubte, sich gegenüber der Welt zu öffnen. So trat sie 1920 dem Völkerbund bei und leistete wichtige Beiträge zur Entwicklung des Völkerrechts. Die Weltwirtschaftskrise der 1930-er Jahre ließ die Parteien und Interessengruppen näher zusammenrücken, mit dem Ziel, die Unabhängigkeit des Landes zu wahren. In der Zeit des Zweiten Weltkriegs lebte die Schweiz in einseitiger Selbstbezogenheit. Die positive Seite davon: Sie immunisierte sich gegen den Nationalsozialismus, die negative zeigte sich in einer allzu restriktiven Flüchtlingspolitik. 1945 war die Schweiz international isoliert. Dank ihrer Wirtschaftsmacht und ihrer Bereitschaft, Wiederaufbauhilfe im kriegszerstörten Europa zu leisten, wusste sie sich wieder Respekt zu verschaffen. Zur Zeit des Kalten Krieges hielt sie unbeirrbar an ihrer Neutralität fest. Sie machte sie zu einem Dogma, das im Verbund mit dem Antikommunismus einen politischen Immobilismus zementierte. Sie trat der UNO nicht bei, arbeitete aber bei den "technischen" Organisationen der UNO und in gesamteuropäischen Institutionen mit. Nach der weltpolitischen Wende von 1989/90 knüpfte die Schweiz wieder an der Tradition von 1920 an. Eine markante außenpolitische Öffnung war feststellbar, deren vorläufiger Höhepunkt der Beitritt zur UNO im Jahre 2002 darstellte.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 15.10.2005

Gelungen erscheint Rezensent Georg Kreis dieser Band von Tobias Kaestli, der einen Überblick über die Schweiz in der Welt des 20. Jahrhunderts gibt. Kreis beschreibt das Werk als eine Gesamtschau, die zahlreiche Teilgeschichten integriert und die große Leitfrage einer größeren Offenheit der Schweiz nach außen ins Zentrum stellt. Ein Blick auf die erste Nachkriegszeit, in der sich die Schweiz international stärker engagierte, habe gezeigt, dass es eine offenere Haltung schon einmal gegeben habe. Mit dieser These als Interpretationsrahmen rekapituliere Kaestli die mehr oder weniger bekannten Teilgeschichten, unter anderem die helvetistische Kulturpolitik vor 1914, die Versorgungsproblematik während des Ersten Weltkriegs, die Kriseninitiative und das Friedensabkommen von 1937. Aber auch die "außenpolitischen Klassiker" wie der Abstimmungskampf um den Völkerbundsbeitritt 1920, die Rückkehr zur uneingeschränkten Neutralität 1938, die Normalisierung der Beziehungen zur Sowjetunion 1946, die Korea-Mission nach 1953 und andere kommen nicht zu kurz. Ausführungen, die man nach Einschätzung des Rezensenten mit Gewinn liest. Dabei hebt er hervor, dass der Autor selber für eine offene Grundhaltung und für den Abbau einseitiger Selbstbezogenheit eintritt.