Uta Ruge

Windland

Eine deutsche Familie auf Rügen
Cover: Windland
Kindler Verlag, Berlin 2003
ISBN 9783463404455
Gebunden, 222 Seiten, 19,90 EUR

Klappentext

Mit 50 s/w Abbildungen. Heimat ist etwas Fernes und Fremdes - mit dieser Erfahrung ist Uta Ruge in den fünfziger Jahren aufgewachsen. Die Erzählungen der Eltern, die Fotografien aus den Familienalben, selbst ihr Dialekt haben mit der Gegenwart nichts zu tun. Geboren auf Rügen und aufgewachsen in Niedersachsen, sind Herkunft und Heimat für die Autorin Legende. Nach der Wende fährt sie als Journalistin mehrmals nach Wittow, die Halbinsel im Norden Rügens, Windland genannt, und beginnt mit der Recherche auch jener Geschichte, über die geschwiegen wurde: die Vertreibung der Juden von Rügen. Dabei begleiten sie ihr Vater und ihre Tante. Sie erzählen von ihren Vorfahren, erinnern sich an den Stolz der Bauernfamilie, die sich zu Beginn des 19. Jahrhunderts aus feudalem Besitz freikaufte, schnell aufstieg und sich durch die schweren zwanziger Jahre lavierte. Schließlich erlag sie den Verführungen des Nationalsozialismus und verlor nach dem Krieg den Hof durch die Bodenreform.

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 29.05.2004

Gleich zu Beginn will der Rezensent Dirk Knipphals dieses Buch von der derzeit boomenden Familienerinnerungsliteratur unterschieden wissen. Nicht weil es in "Windland" nicht um Erinnerungen ginge, sondern weil er Uta Ruges Buch "mindestens zwei Aspekte" abgewinnt, die es innerhalb der Erinnerungswelle "unverwechselbar" machen: zum einen, der "norddeutsche, direkte Ton", in dem Ruge ihre größtenteils auf Rügen angesiedelte Familiengeschichte erzählt, und zum anderen Ruges Auseinandersetzung mit ihrer verstorbenen Mutter, die einmal nicht mit dem üblichen Mutter-Weichzeichner arbeitet. Da wo es um die Mutter geht, so Knipphals, wird das Buch zu einer regelrechten "Studie der menschlichen Kälte", die nicht einmal in den Aufzeichnungen des mütterlichen Lehrlingsbuchs aufbricht. Keinerlei Regung zeige das früher "schüchterne und traurige Mädchen", nur "Pflicht, Fleiß und Gehorsam". Der 1938 angetretene Arbeitsdienst, so der Rezensent, habe die Mutter dann definitiv zur "Angst einflößenden jungen Frau" gemacht, die nur noch Kälte an die nächste Generation weitergeben konnte. Uta Ruges "Windland", so das Fazit des Rezensenten, sollte man nicht unter bombastischen Begriffen wie Vergangenheitsaufarbeitung begraben, denn es ist "eine kleine Erzählung" um "Neugier und Abwehr", die zu verstehen gibt, dass diese "Ambivalenz" eine für Deutschland sehr prägende und zentrale Haltung ist.
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