Willem Frederik Hermans

Die Dunkelkammer des Damokles

Roman
Cover: Die Dunkelkammer des Damokles
Gustav Kiepenheuer Verlag, Leipzig 2001
ISBN 9783378006409
Gebunden, 415 Seiten, 20,40 EUR

Klappentext

Aus den Niederländischen von Waltraud Hüsmert. Mit einem Nachwort von Cees Nooteboom. Krieg und Totalitarismus als Versuchsanordnung: Furios und spannend erzählt Willem Frederik Hermans von der unentrinnbaren Schuld des einzelnen. Die Verstrickungen des Henri Osewoudt führen uns in die Zeit des Zweiten Weltkriegs in die Niederlande... . "Die Dunkelkammer des Damokles" - 1957 erschienen und in den Niederlanden ein Klassiker - wurde in etwa ein Dutzend Sprachen übersetzt, in Deutschland ist der Roman bislang nie verlegt worden.

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 17.01.2002

Evelyn Finger ist schwer beeindruckt von diesem 1958 im Original erschienenen Roman. Wie der Autor in seinem Verschwörungsszenario aus dem holländischen Untergrundkrieg das Doppelgängermotiv nutzte, "indem er allem Allegorischen auswich, die Motivgeschichte nicht zitierte, sie aber einkalkulierte, um eine Gleichnishaftigkeit zu erreichen, die auf den geschickt gelenkten Assoziationen des Lesers beruht", das lässt sie vom Autor als von einem "scharfen Denker" und "ausgefuchsten Erzähler" sprechen. Sehr gut gefallen hat Finger auch die Mischung aus Verschwiegenheit und Detailfreude, mit der Hermans ohne Hast und doch "in null Komma nichts" etwa das Setting der Geschichte vors Leserauge zaubert. Die eigentliche Größe des Buches allerdings will die Rezensentin darin erkennen, dass sein Autor die Legitimität des Widerstands (hier in der Nazizeit) nie anzweifelt, obgleich er mit dem Dilemma spielt, das den Dissidenten in die Nähe des Täters bringt. Hermans füge so den beiden gängigen Perspektiven der antifaschistischen Literatur (Identifikation mit den Opfern, Abschreckung durch Schrecken) in aller Sachlichkeit etwas Drittes hinzu und schaffe "Raum für Ambivalenzen, die zum Abrechnungsbedürfnis nach Ende des "Dritten Reichs" nicht passten".

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 18.10.2001

Endlich, endlich, betont Dorothea Dieckmann in ihrer langen Besprechung über Willem Frederik Hermans Roman "Die Dunkelkammer des Damokles", wird der 1995 verstorbene niederländische Schriftsteller einer deutschsprachigen Leserschaft zugänglich gemacht. Das wird, meint die Rezensentin, allerhöchste Zeit. Denn sie hält Hermans für wahrhaft brillant, für einen, der die Traditionen von E. T. A. Hoffmann, Kleist, Kafka, Leo Perutz, Celine und Sartre auf einzigartige Art integriert und fortgeführt habe. Nicht nur, dass Waltraud Hüsmert den 1958 im Original erschienenen Roman "hervorragend" ins Deutsche übersetzt hat, versetzt die Rezensentin ins Schwärmen. Den ganzen Roman hält sie für ein literarisches Meisterstück, in dem der Autor mit furiosem Tempo, mit kafkaeskem Geschick und "Hitchcock'scher Dämonie" die Geschichte des höchst widersprüchlichen Widerstandskämpfers Henri Osewoudt, dem sich Dieckmann einen Platz zwischen Josef K. und Oskar Matzerath in der Weltliteratur wünscht, erzählt.

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 18.09.2001

Bei der "Dunkelkammer des Damokles" handelt es sich um das wohl berühmteste Werk des niederländischen Schriftstellers Willem Frederik Hermans. Das späte Erscheinen der Übersetzung liegt an dem Übersetzungsverbot, das der Schriftsteller über dieses Werk verhängte. Dieses wurde aufgrund des "Charmes" und der geschickten Verhandlungen der Kiepenheuer-Mitarbeiterin Birgit Peter vom Sohn des Schriftstellers aufgehoben, berichtet Rezensent Gerd Busse. Der Roman erzählt die Geschichte des Zigarrenhändlers Henri Osewoudt in den Wirren des zweiten Weltkriegs, während der deutschen Besatzung. Eines Tages wird Osewoudt von einem Widerstandskämpfer namens Dorbeck aufgesucht, der ihm Aufträge erteilt, die Osewoudt "treu und ergeben und ohne viel zu fragen durchführt". Dabei gerät er immer tiefer in Verstrickungen und hofft am Ende des Krieges auf einen Orden. Der Leser wird, was die reale Existenz von Dorbeck angeht, bis zur letzten Seite im Ungewissen gelassen. Die Frage, ob es sich bei ihm um eine bloße Ausgeburt der Fantasie handelt, bleibt offen, und Gerd Busse beendet seine Nacherzählung mit der Frage: "Aber kann es eigentlich ein schöneres Kompliment für einen Roman geben, als dass er seinen Leser auch ohne 'Botschaft' noch zu fesseln vermag?"

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 15.09.2001

Das bereits 1958 im Original erschienene Buch, findet Hermann Wallmann, ist mehr als eine Vervollständigung der Reihe moderner Klassiker der Nachkriegsliteratur. Für Wallmann kann es sich gar Aktuellerem stellen, Marcel Beyer ("Spione") zum Beispiel. Schon deshalb höchste Zeit, dass wir es zu lesen bekommen, meint unser Rezensent und holt gewaltig aus, um uns die einigermaßen vertrackte Handlung des Agentenromans näher zu bringen, obgleich das, wie er einräumt, nicht allzuviel hilft, steckt die Essenz des Ganzen doch im Detail: "Hermans setzt die einzelnen Handlungsschritte so ein, wie der 'konkrete' Lyriker jeden einzelnen Buchstaben einsetzt, um den Leser Sprache geradezu körperlich spüren zu lassen."
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