Wolfgang Herrndorf

Stimmen

Texte, die bleiben sollten
Cover: Stimmen
Rowohlt Berlin Verlag, Berlin 2018
ISBN 9783737100571
Gebunden, 192 Seiten, 18,00 EUR

Klappentext

Dass Unfertiges, Unvollendetes, gänzlich Unveröffentlichtes aus seinem Nachlass publiziert wird, wollte Wolfgang Herrndorf nicht. In seinem Testament verfügte er, solche Arbeiten seien zu vernichten. Daran haben die Erben sich gehalten. Es gibt aber eine Anzahl von Texten, die schon zu Herrndorfs Lebzeiten einen Weg in die Öffentlichkeit gefunden hatten, sei es abgedruckt an entlegenem Ort, sei es durch Lesungen, vor allem aber digital: Herrndorf war Mitglied des Internet-Forums "Wir höflichen Paparazzi", einem Verbund von Selbstdenkern und kreativen Menschen, aus dem inzwischen namhafte Autoren wie Kathrin Passig, Klaus Cäsar Zehrer oder Christian Y. Schmidt hervorgegangen sind. Das Forum war, so formuliert es Tex Rubinowitz, "eine beinharte stalinistische Schreibschule". Und alle, die dabei waren, sind sich einig: Am strengsten bei der Beurteilung eigener und fremder Texte war Wolfgang Herrndorf. Meist schrieb er unter dem Pseudonym "Stimmen".
Der vorliegende Band präsentiert eine Auswahl, Texte, die mal an "In Plüschgewittern" erinnern, mal an "Tschick", mal an die magischen Erinnerungsfragmente aus "Arbeit und Struktur". Es gibt u.a. eine Fahrt mit einem gestohlenen Schrottauto über Land, nur sind es keine Jugendlichen und das Auto ist kein Lada; Herrndorf selbst verirrt sich nachts mit dem Fahrrad im Wald und klingt wie Isa auf ihren Wanderungen im Mondschein. Nichts findet sich hier, das nur Dokument oder Autorenreliquie wäre; alles ist Literatur, auch das unvollendet Gebliebene, wo es vom Autor selbst in die Tradition des romantischen Fragments gestellt wird.

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 22.11.2018

Rezensent Ijoma Mangold erkennt die schwankende Qualität der Texte in diesem von Marcus Gärtner und Cornelius Reiber herausgegebenen Nachlassband mit Arbeiten von Wolfgang Herrndorf. Die Texte aus dem Internetforum "Wir höflichen Paparazzi" und von Herrndorfs PC-Festplatte sind laut Mangold mal brillant lakonisch und pointiert, mal eindringlich oder auch bloß okay in ihrem essayistischen Zeitgeistblick. Ob Herrndorf sich mit Jürgen Kuttners Posertum befasst oder mit Joachim Lottmann ein Literatur-Battle liefert, für Mangold ist das lässig und souverän.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 26.10.2018

Schmerzlich wird Ulrich Seidler mit diesen aus dem Nachlass des Autors veröffentlichten Texten an den Tod Wolfgang Herrndorfs erinnert. Allerdings auch daran, dass die Blogeinträge ja nicht unveröffentlicht sind, sondern aus "Wir höflichen Paparazzi" stammen. Die Entscheidung der Herausgeber Marcus Grätner und Cornelius Reiber zur Veröffentlichung in Buchform, ahnt er, war nicht einfach. Herausgekommen ist laut Rezensent ein Sammelsurium aus Wortspielartigem, Lyrischem, durchaus Manieriertem, Glossen und Satiren. Dass Herrndorf recht intolerant über Kunst und Literatur urteilen konnte, erfährt Seidler hier auch. Die Begegnung mit einem oft einsamen, wütenden und zynischen Erzähler, findet er. Herrndorfs Kindheitserinnerungen gefallen ihm noch am besten.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 28.09.2018

Gustav Seibt freut sich über diese aus dem Nachlass herausgegebenen Texte von Wolfgang Herrndorf. Der schmale Band enthält laut Seibt nichts Unfertiges, sondern sorgsam gearbeitete Erinnerungen, Erzählungen und Gedichte. Vor allem die Kindheitserinnerungen haben es dem Rezensenten angetan. Hier glänzt unaufdringlich Herrndorf mit seinem unfeierlichen, doch poetischen Stil, erklärt er seine Faszination. Auf kleine Etüden zu "Tschick" trifft Seibt ebenso wie auf vergnügliche Kurzgeschichten mit versteckten Pointen. Verzichten kann er am ehesten auf die Gedichte im Band, für Seibt bloß "Reimereien".
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