Efeu - Die Kulturrundschau - Archiv

Architektur

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Efeu - Die Kulturrundschau vom 06.04.2024 - Architektur

Niklas Maak durchstreift für die FAZ die Pariser Vorstadt und erhascht einen ersten Blick auf das entstehende "Olympische Dorf", das ihn nicht besonders beeindruckt: "Am Eingang stehen zwei Wachmänner und schauen streng, man darf noch nicht überall hineinlaufen. Wobei, Dorf: Was man hier sieht, ist kein enges Gassengewirr, wie es Werner Wirsing 1972 für das Olympische Dorf in München errichtete, das wirklich etwas Dörflich-Intimes hatte. Was hier entsteht, könnte so auch im Frankfurter Europaviertel oder dem sagenhaft öden Viertel hinter dem Berliner Hauptbahnhof stehen: viel zu große, viel zu breite Straßen, an denen sich endlose Aneinanderreihungen von sechs- bis neungeschossigen Wohnblocks und -riegeln aufreihen. Dominique Perrault, der seit seinem Bau der neuen Pariser Nationalbibliothek für monumentale Großformen bekannt ist, hat als oberster Stadtplaner des neuen Viertels die Quersumme aller durchschnittlichen europäischen Neubauviertel inklusive aller Fehler gezogen."

Efeu - Die Kulturrundschau vom 05.04.2024 - Architektur

Centre Aquatique Olympique. Bild: Ateliers 2/3/4 Paris.


Viele olympische Sportstätten verwandeln sich nach ihrem großen Auftritt bei den Spielen in Millionengräber, weil sich keiner ihren Unterhalt leisten kann, weiß Martina Meister in der Welt, in Paris soll das dieses Jahr endlich einmal anders sein. Die Architektinnen Laure Mériaud und Cécilia Groß haben nicht nur umweltfreundlich, sondern in mehrfacher Hinsicht nachhaltig gebaut. Das "Centre Aquatique Olympique" in der finanziell schwachen Vorstadt Saint-Denis soll nach den Spielen der dortigen Bevölkerung zugutekommen, ohne dass das Projekt in "olympischen Gigantismus" verfällt: "Mit einem eleganten Nest aus Holz und Glas ist es den beiden Architektinnen und ihren Teams gelungen, neue Maßstäbe zu setzen, nachhaltig zu bauen, ohne dass dies auf Kosten der Ästhetik geht: Das Dach aus 90 Meter langen, schmalen Holzstreben ist konkav geschwungen, um das Heizvolumen zu verringern. Außerdem ist das 70 Meter lange Becken komplett modulierbar. Von einer 'weltweit einzigartigen Meisterleistung' spricht Patrick Ollier, Präsident der Metropole Grand Paris. 188 Millionen Euro hat der Bau gekostet, inklusive Gift-Entsorgung der ehemaligen Industriebrache, einer Autobahnbrücke und eines Parks, der entstehen wird." In der taz berichtet Lea Fauth über die nicht gerade rosigen Arbeitsbedingungen auf den Baustellen.

Efeu - Die Kulturrundschau vom 28.03.2024 - Architektur

Vergangene Woche hatte der Architekturhistoriker Stephan Trüby in der NZZ den Israelhass im Architekturdepartement der ETH Zürich offengelegt (Unser Resümee). Nun soll dort der französische Aktivist Léopold Lambert sprechen, seines Zeichens Chefredakteur des Architekturmagazins The Funambulist, dessen Weltbild Lucien Scherrer in der NZZ so zusammenfasst: "Islamistische Terroristen sind Freiheitskämpfer, gegen Israel gerichtete Vernichtungsphantasien Pflicht für jeden anständigen Menschen. Selbst die Geiselnahmen der Hamas rechtfertigt Lambert." Weder zu Trübys Artikel noch zu Lamberts Auftritt bezieht die ETH klar Stellung, ärgert sich Scherrer: "Die ETH versicherte im Zuge der Publikation von Trübys Artikel, man nehme das Problem ernst und wolle mit den Betroffenen reden. Eine Interviewanfrage an den ETH-Präsidenten Joël Mesot lehnte die Medienstelle letzte Woche ab. Die Frage, wo die Institution die Grenze zwischen Aktivismus und Wissenschaft ziehe, bleibt bis anhin unbeantwortet."

Weitere Artikel: In der FAZ erzählt Uwe Ebbinghaus die Geschichte eines Zisterzienserklosters in Neuzelle, das in der NS-Zeit als Schule für den "Führernachwuchs", in der DDR als Institut für Lehrerbildung und ein Priesterseminar und später als Privatschule diente - bis die Mönche 2016, 199 Jahre nach der Zwangsauflösung unter dem preußischen König Friedrich Wilhelm III., zurückkehrten und den Neubau eines Klosters in der näheren Umgebung von Neuzelle planten.

Efeu - Die Kulturrundschau vom 27.03.2024 - Architektur

Die S21-Baustelle, Stand 2022, © Pjt56, Lizenz: CC BY-SA 4.0 DEED, Quelle: Wikipedia

Gerhard Matzig besucht für die SZ Stuttgart - und schaut sich am Hauptbahnhof um, dort, wo einmal, wenn das Endlosprojekt Stuttgart 21 endlich fertig ist, einmal eine neue Stadt in der Stadt entstehen soll. Bisher besteht die Vision zukünftiger Urbanität allerdings nur aus einem Einkaufszentrum namens "Milaneo", dessen Design Matzig das kalte Grauen einflöst. Kommt da noch was? Noch lebt die Hoffnung, ein bisschen: "Gebaut werden drei Quartiere. Das Europaquartier (zu dem schon die leider grausam missglückte Mall als Menetekel gehört), das Quartier Rosenstein und, nun ja, 'Maker City'. Die Fläche, um die es letztlich geht, ist zweieinhalbmal so groß wie der Cannstatter Wasen. Es entstehen angeblich bezahlbare Wohnungen, kleine Gewerbeeinheiten, ein neuer 'Gleisbogenpark' und Schulen, Kitas, Sportplätze, Spielflächen sowie Kulturräume. Die Autostadt Stuttgart, die sich nach dem Krieg als 'autogerechte' Stadt neu erfunden hat (also zur Stau- und Feinstaubfalle in menschenunwürdigen Räumen wurde), gönnt sich diesmal ein ambitioniertes ÖPNV-Konzept und Platz für Menschen statt für Bleche. Das ist mal was Neues."
Stichwörter: Stuttgart 21

Efeu - Die Kulturrundschau vom 20.03.2024 - Architektur

Nationales Zentrum für Darstellende Künste Peking, Architekt:
Paul Andreu, © Hui Lan, Lizenz: CC BY 2.0 DEED

Paul Andreus Gebäude kennt die ganze Welt - er selbst wurde bislang selten angemessen gewürdigt, meint Marc Zitzmann in der FAZ. Nun ist dem Architekten, der unter anderem das Aérogare 1 und das Aérogare 2 des Flughafen Paris-Charles-de-Gaulle entwarf, in der Pariser Cité de l'architecture et du patrimoine die Ausstellung "Paul Andreu - L'architecture est un art" gewidmet. Einen eigenen Stil hat der Architekt nicht ausgebildet, so Zitzmann, aber manche Motive tauchen im Werk mehrfach auf. So etwa spektakuläre Eingangswege: "Beim Meeresmuseum von Osaka steigen die Besucher vom Empfangsgebäude auf dem Festland in einen Tunnel hinab, dessen Glasdecke den Blick auf die Unterwasserwelt freigibt, bevor eine Rolltreppe zu einer scheinbar schwimmenden Halbkugel aus Glas und Stahl emporführt, die unter anderem den Nachbau eines Schiffes aus der Edo-Zeit birgt. In die Chinesische Nationaloper in Peking endlich, eine 212 Meter breite Superellipse aus Glas und Titan, die drei Theatersäle überdacht, führt eine unter einem Wasserbecken gelegene Galerie hinein."

Efeu - Die Kulturrundschau vom 19.03.2024 - Architektur

Bereits am 14. November des vergangenen Jahres lancierte eine Gruppe namens Architects and Planners Against Apartheid einen internationalen Aufruf mit dem Titel "Call for immediate action", der fordert, gegen die Zerstörungen in Palästina und für die "akademische Freiheit" aufzustehen, Israel kritisieren zu dürfen, dem Genozid und "Urbizid" vorgeworfen wird, berichtet der Architekturtheoretiker Stephan Trüby in der NZZ. Unter den Unterzeichnern finden sich vor allem Personen mit ETH-Affiliation, so Trüby weiter, der auf den Israelhass im Architekturdepartement der ETH Zürich blickt - und zwar nicht nur unter den Doktoranden, sondern auch unter den ProfessorInnen: "Namentlich die aus Algerien stammende Architekturtheoretikerin Samia Henni und der niederländische Architekt Anne Holtrop. Beide haben den eingangs erwähnten Aufruf 'for immediate action' unterzeichnet. Samia Henni, die derzeit eine Gastprofessur an der ETH innehat, legte 2017 ein Buch vor mit dem Titel 'Architecture of Counterrevolution. The French Army in Northern Algeria', das aus ihrer gleichnamigen ETH-Dissertation hervorging. Darin verwischt sie die beträchtlichen Unterschiede zwischen nationalsozialistischen Konzentrationslagern und französischen 'camps de regroupement'. Die parallel zur algerischen Unabhängigkeitsbewegung und zur Gründung Israels betriebene Vertreibung von 900 000 Jüdinnen und Juden im islamisch geprägten Raum würdigt sie dagegen keines Wortes."

Andres Herzog hat sich für die NZZ das auf einem ehemaligen Industriegelände entworfene Glasi-Quartier beim Bahnhof Bülach angeschaut. Ein neues Stück Stadt mit etwa 600 Wohnungen ist hier entstanden, die Gebäude stehen so dicht, das bei Herzog Erinnerungen an Paris wach werden: "Die Architekten haben viele unterschiedliche Häuser und Grundrisse entworfen, die Regeln folgend eine Vielfalt erzeugen. Jedes Haus ist etwas anders und doch ähnlich. Je nach Seite verändern die Fassaden ihren Ausdruck. Es ist diese Varianz, die wir an alten Städten schätzen. Dichte ist eine Chance für Urbanität. Ein großer Teil der Erdgeschosse wird öffentlich genutzt. Das Bistro hat jeden Tag geöffnet. Es gibt ein Café, einen Lebensmittelladen, ein Nagelstudio, eine Velowerkstatt, einen Coiffeur, ein Fitnessstudio, einen Designershop. Auch eine Kita und öffentliche Toiletten gehören zum Programm. Durchmischung heißt das Zauberwort. Dazu gehört auch der Mix aus Eigentums-, Miet- und Genossenschaftswohnungen, der beweist: Diese Form der Stadt ist für verschiedene Einkommensschichten bezahlbar."

Efeu - Die Kulturrundschau vom 16.03.2024 - Architektur

Haus Rabe. Foto: Kulturstiftung Landkreis Leipzig


Andreas Platthaus besucht für die FAZ das von Architekt Adolf Rading Ende der 1920er in Zwenkau bei Leipzig erbaute Wohnhaus der Familie Rabe. Schade, dass es so wenig bekannt ist, meint er. "Das sollte sich ändern, denn komplett so gut erhaltene Beispiele fürs funktionale Bauen gibt es wenige." Ganz abgesehen von der Wandkunst Oskar Schlemmers und dem fantastischen Farbkonzept. Inzwischen gehört es der Kulturstiftung Landkreis Leipzig und kann besichtigt werden.

Efeu - Die Kulturrundschau vom 13.03.2024 - Architektur

Süchbaatar-Platz, Ulan-Bator © Zazaa Mongolia, Lizenz: CC BY-SA 4.0 DEED

SZ-Autorin Lea Scheffler besucht in der Münchner Pinakothek der Moderne der Ausstellung "The Gift", die sich einem eher ungewöhnlichen Thema widmet: geschenkte Architektur. Nicht immer macht das Geschenk die Beschenkten auf Dauer glücklich, lernt Scheffler. Dennoch schreibt sie vor allem über Positivbeispiele: "Die Hauptstadt der Mongolei, Ulan-Bator, die bis ins 20. Jahrhundert hauptsächlich aus Jurten bestand, konnte sich mit Unterstützung aus sozialistischen Ländern zu einer modernen Stadt weiterentwickeln. Einige Bauressourcen wurden geschenkt, andere Materialien erforderten eine Gegenleistung. Manche Geschenke waren allerdings auch Ausdruck des Wettbewerbs zwischen der Sowjetunion und China - also keine reine Philanthropie. Die Kuratoren konzentrieren sich auf das 'blaue Geschenk' im dritten und vierten Wohnbezirk Ulan-Bators. Mittelpunkt der Geschichte ist ein Fabrikant, der eine der ersten geschenkten Wohnungen beziehen konnte."
Stichwörter: Ulan Bator, Mongolei, Geschenk

Efeu - Die Kulturrundschau vom 12.03.2024 - Architektur

Entwurf für das Woho in Berlin von Mad Arkitekter


Holz ist in jedem Fall das Baumaterial der Stunde, erkennt Ulf Meyer in der NZZ mit Blick auf die zahlreichen geplanten Holzhochhäuser: "Holz als natürlicher, nachwachsender Baustoff verändert ... auch das Erscheinungsbild der Architektur. Bedingt durch das Schwinden und Quellen, haben Holzfassaden ihre eigene Ästhetik. Holz arbeitet, verformt und verfärbt sich. Das kann zum Reiz der Fassaden beitragen. ... Das Büro Mad Arkitekter aus Oslo baut in Berlin-Kreuzberg gerade das Wohnhochhaus 'WoHo', und zwar als vertikales, urbanes Quartier. Am Gleisdreieck-Park soll der 98 Meter hohe Turm mit 29 Geschossen durch Vor- und Rücksprünge in der Kontur und begrünte Rasterfassaden akzentuiert werden. Im Erdgeschoss sollen Bäckerei, Cafés, Spätverkauf und Werkstätten unterkommen, im Sockel eine Kita, eine Kiezkantine, Jugendeinrichtungen, ein Indoor-Spielplatz, Ateliers und Familienwohnungen. Das öffentlich zugängliche Dachgeschoss soll eine Bar und eine Sauna bieten."

Efeu - Die Kulturrundschau vom 11.03.2024 - Architektur

Kengo Kuma, Coeda House. Foto: Kawasumi Kobayashi Kenji Photograph Office


Angesichts der tristen deutschen Architektur wurde FAZ-Kritiker Matthias Alexander bei einem Interview mit dem japanischen Architekten Kengo Kuma, dem die Bundeskunsthalle Bonn gerade eine Ausstellung widmet, ganz warm ums Herz: "Ohne Fachjargon und ohne Rückgriff auf zusammengeklaubte Begrifflichkeiten aus der Philosophie erläutert er die Maximen seiner Entwurfspraxis in einfachen, bildreichen Worten. Was wieder eine Leerstelle hierzulande vor Augen führt: Die Position des Großen Weisen unter den deutschen Architekten, der in der Hochschullehre und mit Publikationen zu Grundfragen der Architektur ebenso hervorgetreten ist wie mit international beachteten Bauten, ist unbesetzt. Der Ansatz Kumas ist ein künstlerischer: Die Wirkung von Gebäuden lässt sich nicht allein mithilfe von Logik erfassen, er versteht seine Bauten vielmehr als Klangkörper, durch die er in diesen selbst, aber auch in den Betrachtern und Nutzern etwas zum Singen oder gar Tanzen bringen möchte. Was für manche esoterisch klingen mag, ist nur seine Art, die seelische Verarmung, die mit der Moderne einhergegangen ist, zu überwinden."