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Another Chicago Magazine

1 Presseschau-Absatz

Magazinrundschau vom 16.11.2021 - Another Chicago Magazine

Heute dümpelt das MAD-Magazin weitgehend in der Bedeutungslosigkeit vor sich hin, aber in den 60ern und 70ern erreichte das satirische Comicheft mit seinem grell-überspitzten Humor ein Millionenpublikum und bildete damit einen Nährboden für die im folgenden florierende US-Comedy: Wer in MAD nicht nur den Kakao gezogen wurde, fand im Grunde nicht statt. Das verdeutlicht auch noch einmal ein Sammelband mit akademischen Aufsätzen, den Thomas Larson in aller Ausführlichkeit bespricht. Bei aller Nostalgie schleichen sich da allerdings auch melancholische Untertöne ein: "MAD offenbarte einem jugendlichen und erwachsenen Publikum mit dem entsprechenden Humor, wie leicht es Politikern - ob nun ein Prinz-Eisenherz-artiger Kennedy sein oder einen Bombenabwürfen drohender Extremist wie Barry Goldwater -, wie leicht es Politikern also fällt, die Medien auszuspielen und uns zum Besten zu halten. ... Ich frage mich, ob MADs Kasperhaftigkeit, dem sich in den letzten Jahren apokalyptische Attacken auf die herrschende Ordnung beigemengt haben, zur zügellosen Machtlosigkeit beigetragen hat, die viele von uns empfinden." Denn "in gewisser Hinsicht, in der Welt des Post-Faktischen und Post-Trump, hat MADs zynisch-absurde Realität unsere 'auf der Realität basierende' Welt ersetzt. Die zynische Außenseiterperspektive des MAD-Magazins auf die Medien, auf Institutionen und diejenigen, die 'es geschafft haben', ist zum zentralen Bestandteil amerikanischer Kultur geworden: All die Trolle, Woken, Canceler, Faktenverleugner und QAnon-Kohorten von heute scheinen direkt dem Seiten eines MAD-Hefts entsprungen zu sein. Die Antwort der nicht-durchgeknallten Mehrheit zu diesem täglichen Geschwafel liegt nicht darin, das zu parodieren, sondern vor machtloser Abscheu mit dem Kopf zu schütteln. MADs schroffe Satire sollte nach wie vor versuchen, unsere düstere Politik und unser Stammesdenken zu unterwandern, während der abgeschottete Bullshit von Facebook bis zu den Impfgegnern sich immer weiter und weiter auftürmt. Zugleich fühlt es sich aber auch an, als könnte nichts, nicht einmal unreife Heiterkeit unseren gesellschaftlichen und kulturellen Wahnsinn durchdringen, geschweige denn lindern."