Magazinrundschau - Archiv

HVG

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Magazinrundschau vom 14.03.2023 - HVG

Der Theaterregisseur und Autor György Vidovszky lebt in Irland und arbeitet sowohl auf der Insel als auch in Ungarn. Im Gespräch mit Rita Szentgyörgyi geißelt er das lausige Miteinander, das in der ungarischen Gesellschaft Einzug gehalten hat: "Ich denke, dass der böse Geist aus der Flasche freigesetzt wurde und es wird furchtbar schwierig sein, ihn wieder in die Flasche hineinzustopfen. Es geht um Hassrede. In den vergangenen Jahren haben wir die Diskriminierung verschiedener gesellschaftlichen Gruppen erlebt, mal waren Homosexuelle, mal waren die Migranten unsere Feinde, jetzt gerade ist es die Europäische Union. Die Russen, unsere früheren Feinde, sollen jetzt Freunde sein, und die Ukrainer die Feinde. Jeder im Land versucht sich zu positionieren, denn von jedem kann es in jedem Augenblick ein Feind werden, wie jetzt aus den Lehrern oder den Ärzten. Niemand ist in Sicherheit, von jedem kann sich etwas herausstellen, niemand hat im Leben ernsthaften Halt und niemand weiß, in welche Richtung sich das eigene Leben entwickelt. So entstand meine neue Inszenierung von Professor Hannibal, um dieses toxische Milieu zu zeigen, das uns umgibt."

Magazinrundschau vom 07.03.2023 - HVG

Dora Matalin porträtiert die Schauspielerin und Drehbuchautorin Nóra Rainer-Micsinyei, die noch über Frauenrollen im ungarischen Film promovierte, bevor die Regierung die Budapester Universität für Schauspiel- und Filmkunst (SZFE) komplett umgestaltete: "Ich bin Schauspielerin und was mich in meiner Doktorarbeit interessierte, war, welche Rollen heutzutage Schauspielerinnen angeboten werden, welche Eigenschaften der zeitgenössische ungarische Film ihnen gibt und wie er sie zeigt. Was hervorsticht ist, dass in den Filmen nur selten unabhängige, in Führungspositionen arbeitende, auch finanziell erfolgreiche Frauen erscheinen, deren Konflikte nicht in erster Linie um Paarbeziehungen oder mit Männern entstehen. Darüber hinaus fehlen Protagonistinnen aus der LGBTQ-Community ganz ... Ich trauere keinem Casting nach, zu dem ich nicht eingeladen werde, weil ich eine bestimmte Meinung über die gegenwärtige Regierung habe und die auch kundtue. Es würde in mir einen größeren Konflikt verursachen, wenn ich meine Meinung verheimlichen müsste, damit ich bestimmte Aufgaben erhalte."
Stichwörter: Ungarischer Film

Magazinrundschau vom 14.02.2023 - HVG

Die Arbeit "Queer Budapest 1873-1961" der Historikerin Anita Kurimay erschien 2020 beim Universitätsverlag der Chicago University. Anlässlich der ungarischen Ausgabe spricht Kurimay im Interview mit Dóra Matalin über die Stellung und Betrachtung von queeren Gemeinschaften in der Vergangenheit und in der Gegenwart Ungarns. "Seitdem die LGBTQ-Community Ziel von Angriffen wurde, und als eine der schlimmsten Dinge, die der Liberalismus der Welt gab, betrachtet wird, ist sie in einer ausgesprochen schwierigen Lage. Queer zu sein, sich mit queeren Menschen zu beschäftigen, wurde zu einer ungarnfeindlichen Sache, als hätte der Westen uns dieses 'schreckliche Ding' befohlen. Wer darüber schreiben will, steht im Verdacht, selbst 'vom Thema betroffen' zu sein; warum würde man sich sonst damit beschäftigen? Für die Forschung zu queeren Themen gibt es keine Fördergelder. Es sei denn, man trickst und stuft die Arbeit zum Beispiel als Teil der Familienforschung ein. (…) Die Gegenüberstellung von 'guten Schwulen - schlechten Schwulen' ist systemunabhängig und kennzeichnete die Einstellung aller politischen Führungen in Ungarn. In erster Linie bestimmte die Nutzung des öffentlichen Raumes, wer als guter Schwulen galt: derjenige, der dort unsichtbar war. (…) Ich halte es für außerordentlich schädlich zu behaupten, dass es erst seit 1989 eine nennenswerte queere Subkultur in Ungarn gibt, denn damit tun wir so, als gäbe es queere Menschen nur in liberal-demokratischen Systemen. Es ist aber gleichgültig, wer gerade an der Macht war, queere Menschen lebten stets hier, sie waren auch in nichtdemokratischen Systemen Teil der Geschichte und nicht nur als Opfer, sondern auch als Gestalter der Ereignisse."
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Stichwörter: Kurimay, Anita, Queer, Ungarn

Magazinrundschau vom 31.01.2023 - HVG

Im Interview mit Lin Dóra Mata spricht der Regisseur György Mór Kárpáti über den unabhängigen ungarischen Film. "Möglicherweise denken heutige Kulturpolitiker, sie wüssten, was das Land braucht, doch die Wirklichkeit ist bunter. Ich hoffe, dass sie irgendwann begreifen, dass eine ungarische Filmkultur nur existieren kann, wenn unterschiedliche Filme entstehen können. (…) Dass unabhängige Filme nur durch Freundschaftsdienste und unentgeltliche Arbeit entstehen, ist nicht normal. Doch wenn ich es seit zwanzig Jahren so mache, kann ich damit nicht von heute auf morgen aufhören. Wenn das so weitergeht, kann es aber passieren, dass mein nächster Film nicht in einem Sommercamp mit zwanzig jugendlichen Protagonisten spielt, sondern in einem einzigen Raum mit drei. Einige meiner Kollegen haben ihre Filme vor kurzem ebenfalls unter solchen Umständen beendet. (…) Die Zuschauer müssen verstehen, dass dies jetzt Armenfilme sind, die sich nicht mit der unglaublichen Auswahl zum Beispiel bei Netflix messen können. Diejenigen, die den ungarischen Film lieben, müssen wachsam sein, denn für das Marketing dieser unabhängigen Filme gibt es ebenfalls wenig Geld, so dass sie die Zuschauer kaum erreichen. Es ist eine gewaltige Aufgabe für die Kino- und Filmklubbetreiber, für die Vertreiber und für die Zuschauer, die alle die Nachrichten über diese Filme untereinander teilen sollen."

Magazinrundschau vom 17.01.2023 - HVG

Am 15. Januar starb im Alter von 74 Jahren der im rumänischen Siebenbürgen geborene Philosoph Gáspár Miklós Tamás, einer der bedeutendsten und wohl letzten öffentlichen Intellektuellen Ungarns. András Hont, der mehr als zehn Jahre lang für HVG die Artikel von Tamás redigierte, erinnert sich an ihn: "Die Schaffenden, die jene Kultur, in die wir hineingewachsen waren, mit wer weiß welcher Farbprägung von einem Edelmetall dominierten, verlassen uns gerade. Jancsó, Makovecz, Esterházy, Zoltán Kocsis und jetzt Gáspár Miklós Tamás (zwischen den Geburtstagen des jüngsten und des ältesten liegen 30 Jahre und dennoch sind sie klar abgrenzbar gegenüber der Epoche von Illyés, Ottlik und Bibó). Sie waren gleichzeitig Erschaffer und Vermittler, unter letzterem verstehe ich, dass sie Beschützer einer vergangenen Bildung, ja Kultur waren. Zwar ist noch einigermaßen sichtbar, wer auf sie folgen könnte, es ist aber weniger sichtbar, wem die Neuen etwas übermitteln sollen. (…) Ich schrieb anfangs, dass ich nicht weiß, was genau vom Lebenswerk von TGM bleibt. Denn ich weiß nicht, wer ihn begreifen wird, und wer ihn überhaupt wird begreifen wollen."

Vor kurzem gab es noch ein Interview mit Gáspár Miklós Tamás, in dem er recht schwarz für die Zukunft Europas sieht: "Wo ich Faschismus sehe? Überall. Der Faschismus, insbesondere der Postfaschismus ist keine Diktatur im herkömmlichen Sinne. Er wird nicht vom Staat vollzogen, sondern von einer mit Gewalt und Ausgrenzung sympathisierenden Bevölkerung. Der Postfaschismus bringt diesen erschreckenden, irrationalen Schwung in die öffentliche Sphäre, dessen wichtigstes Element die Diskriminierung ist - siehe die Migration, siehe Genderfragen."

Der aus Siebenbürgen stammende Filmemacher Róbert Lakatos spricht im Interview über die Situation der ungarischen Filmemacher in Siebenbürgen: "Kinematografische Lehre gibt es hier, Filmproduktion nicht. Ein kleiner Teil der Filmstudenten bekommt irgendwelche Arbeiten bei den regionalen Medien, doch wir bilden vor allem Fachkräfte für Budapest aus. Ergo sind wir Provinz, mit jener Frustration und dem teilweise falschen Überlegenheitskomplex, dass wir wohl Potential hätten für ein eigenes kulturelles Zentrum, doch fehlt dazu leider sowohl die wirtschaftliche als auch die politische Kraft. Tröstlich ist, dass rumänisch-ungarische Koproduktionen entstehen, in denen auch wir Siebenbürger Ungarn eine kleine Lücke für uns finden können. (…) Unsere kulturellen Tradition auch im Film zu nutzen ist für mich wichtig, so wie dies in der Musik Béla Bartók und Mihály Dersch taten. Das ist meine Welt. Der Film 'Wessen Hund bin ich?' war eine Ausnahme, denn ich war sehr frustriert angesichts des politischen Abgrunds vor uns. Mein jetziges Filmprojekt ist ein altes, doch ich musste damit warten bis die in Westeuropa herrschende Erwartungswelle, wonach der osteuropäische Film aktuelle gesellschaftliche Probleme aufzuarbeiten hat, schwächer wurde. Grob ausgedrückt war der Westen nicht an unseren kulturellen Traditionen interessiert, sondern an unserem Elend. Jetzt langweilt es sie hoffentlich, denn einige Beispiele zeigen, dass auch Filme, die kulturelle Traditionen thematisieren, Zugang finden."

Magazinrundschau vom 20.12.2022 - HVG

Der Historiker Péter Csunderlik spricht im Interview mit Péter Hamvay über Parallelen zwischen ungarischen Politiker des späten 19., frühen 20 Jahrhunderts, sowie dem gegenwärtigen Ministerpräsidenten Viktor Orbán und über das von ihm erschaffte "System der Nationalen Kooperation". "Wie die Politiker des 19. Jahrhunderts, weiß auch Viktor Orbán, dass 'national' das stärkste Attribut ist und wem es gelingt, dieses zu vereinnahmen, der kann die Macht leicht erlangen, die Institutionen besetzen und wer es von ihm wegnehmen will, der kann als Verräter der Nation stigmatisiert werden. Als Orbán den Groß-Ungarn Schal trug, stellte er das Land vor die Wahl: Mit wem bist du? Mit dem ungarischen Ministerpräsidenten oder mit den ihn angreifenden Staatoberhäuptern? Es ist leicht zu erraten, wofür die Mehrheit sein wird. Fidesz ist darin interessiert, dass symbolische Gegensätze entstehen und sich der Blick nicht auf den Gegensatz der Privilegierten zu den Armen richtet. (…) Das System der Nationalen Kooperation ist ein postmodernes Gebilde. Es basiert nicht auf Werten, sondern auf Interessen."
Stichwörter: Ungarn, Orban, Viktor

Magazinrundschau vom 13.12.2022 - HVG

Die Urbanistin Borbála Koniorczyk startete im Jahre 2019 unter dem Titel "Wonder Woman Budapest" eine Initiative, die insbesondere Denkmäler und Skulpturen von bedeutenden Frauen in der ungarischen Hauptstadt aufgestellt sehen möchte. Einige Bezirke und Selbstverwaltungen zeigen sich offen für eine öffentliche Ausschreibung, die mit Diskussionsrunden, historisch-wissenschaftlicher Aufarbeitung sowie Publikationsreihen Hand in Hand begleitet sein soll. Im Interview mit Sára Szilágyi erklärt Koniorczyk, warum sie begehbare Mahn- und Denkmäler wichtig findet: "Denkmäler in Ungarn sind archaisch, voller Pathos. Viele hängen daran, obwohl wir vor allem im Ausland zunehmend Beispiele sehen, die bürgerfreundlicher sind. Im Jahre 2022 bräuchten wir Mahnmäler, an die herangetreten, die angefasst werden können, in die man gar hineinklettern kann. Die fahnenhaltenden Reiterskulpturen können den Stadtbewohner nicht mit einzubeziehen, obgleich für die Aufarbeitung der Vergangenheit genau das geschehen müsste. Insbesondere in Ungarn, wo wir mit den Erinnerungen an das konfliktreiche 20. Jahrhunderts bis heute nicht wirklich etwas anfangen können. Darum ist es wichtig, dass Mahn- und Denkmäler entstehen, mit denen sich die Menschen verbunden fühlen. Wenn es keinen ehrlichen Dialog über die Vergangenheit gibt, dann können wir auch nur unsicher in die Zukunft gehen."

Magazinrundschau vom 29.11.2022 - HVG

Der Literaturwissenschaftler Zoltán Hafner, leitete bis vor einem Jahr das Budapester Imre-Kertész-Institut zur Bewahrung, Aufarbeitung sowie Veröffentlichung des literarischen Nachlasses des Literaturnobelpreisträgers. Das Institut wurde von der umstrittenen Regimehistorikerin und Fidesz-nahen Oligarchin Mária Schmidt gegründet, mit dem deklarierten Ziel, die der Berliner Akademie der Künste hinterlassenen Dokumente von Kertész nach Ungarn zu holen. Hafner war mit Kertész befreundet und war für die ungarischen Ausgaben seiner Bücher verantwortlich. Er sah jedoch seine Arbeit zunehmend beeinträchtigt und kündigte seine Stelle beim Institut beinahe unbemerkt im Juli 2021. Nun spricht er im Interview mit Gábor Murányi zum ersten Mal über die Hintergründe und wie es dazu kommen konnte, dass das "Arbeitstagebuch" zum "Roman eines Schicksallosen" auf Deutsch erschienen ist, bevor es in Ungarn veröffentlich wurde: "Das ist eine lange Geschichte mit mehreren Wendungen die mindestens bis zur Jahrtausendwende zurückgeht, als sich Kertész - noch vor dem Nobelpreis - entschied, seinen 'geistigen Abdruck' in das Archiv der Berliner Akademie der Künste 'emigrieren zu lassen'. Die damals hinterlassenen Dokumente, Manuskripte, Briefe und Fotos blieben unvollständig. Und in der Folgezeit wurde das bei Kertész und bei mir hier in Ungarn aufbewahrte Material größer und größer. Es geht um einen unglaublich gewichtigen Lebenswerkkorpus. Bei Sándor Márai werden mittlerweile seine Tagebücher als sein Hauptwerk betrachtet, und meiner Ansicht nach werden wir das auch im Falle von Kertész künftig so sehen. (…) Ich sagte ihm und seiner Frau wiederholt, dass für die Aufarbeitung und Pflege eine Institution in Ungarn gut wäre, doch wir fanden dafür hierzulande keine Offenheit (…) Sagen wir es so, dass niemand hier bereit war, eine klare Zu- oder Absage zu geben und so kam es auch, dass die Sammlung des Berliner Archivs bis zum Tode Kertész´ mehrmals, und einmal durch seine Witwe auch nach seinem Tod, erweitert wurde. (…) Ich setze meine Arbeit nun als Privatperson fort. Ich sehe keine Lösung. Juristisch können die Texte ohne redaktionelle Arbeit und Kommentierung erscheinen, doch das wäre - ich kann es nicht anders sagen - ein Schlag ins Gesicht der geäußerten Intentionen von Imre."

Magazinrundschau vom 22.11.2022 - HVG

Anlässlich der Veröffentlichung seines neuen Gedichtbandes spricht 1974 geborene Dichter und Dramaturg Krisztián Peer, einer der wichtigsten Autoren seiner Generation, im Interview mit Róbert Németh über Illusionen und Erkenntnisse der Wende, die er zusammen mit Dichtern und Schriftstellern wie dem verstorbenen János Térey oder István Kemény, Attila Bartis, Árpád Kun u.a. durchlebt hat. "Wir dachten damals, es würde von Tag zu Tag besser werden. Denn von Tag zu Tag war die Freiheit größer, wenigstens haben wir es so empfunden und wir dachten damals noch, dass es darüber einen gesellschaftlichen Konsens gibt, dass Freiheit etwas Gutes sei. Vor Kurzem hat mich ein jüngerer Freund scharf kritisiert: Ich würde mich zu viel mit Politik beschäftigen, dabei hätte das politische System auf höchstens zehn Prozent meines Lebens Einfluss. Er konnte sich nur deswegen dermaßen irren, weil er in seinem erwachsenen Leben nicht für eine Minute Gelegenheit hatte, daran zu glauben, dass er an einem großartigen Ort lebt. (…) Ich muss hinzufügen, ich war lange Zeit in vielen Freundeskreisen der Jüngste, und ich folgte sowohl im Geschmack als auch im Denken den Großen. Bis zur Jahrtausendwende saßen in den sympathischen Kneipen junge Menschen, die Künstler sein wollten, denn die Kunst ist das prädestinierte Gelände zur Ausübung von Freiheit, kein Beruf, sondern Lebensform. Die heute in den sympathischen Kneipen sitzenden junge Menschen sind eher Aktivisten, die erbost über den individualistischen Freiheitsbegriff der älteren Generationen sind, die für systematische Zusammenhänge blind waren. Ich neige dazu ihnen Recht zu geben, doch heutzutage verkehre ich in Kreisen, in denen ich der älteste bin. Ein Kind der systemwechselnden Illusionen."

Magazinrundschau vom 08.11.2022 - HVG

Vor kurzem erschien der neue Roman ("Az év légiutaskísérője - Der Flugbegleiter des Jahres") des Schriftstellers und Dichters László Darvasi, der mit Dániel Bittner über den Realitätsgehalt seiner Geschichten spricht. "Wir wurden systematisch zu einem Propagandaland, wo in bequemen Büros, in gebügelten Anzügen und eleganten Kostümen die Feindbilder ausgedacht und von Tag zu Tag mantrahaft wiederholt werden. Das Errichten und Unterhalten der Maschinerie ist unsere historische Schuld. Selbstverständlich möchten die Menschen mehr Farben und ein sonnigeres Leben und dieses auch zur Schau stellen. Als Schriftsteller kann ich jedoch das Drama nicht ignorieren. Das sehe ich jedoch nicht auf den Plakaten und auch nicht im türkischen Viertel in Wien. (...) Obwohl die Propaganda akzeptiert wird, arbeiten unglaublich starke Überlebensinstinkte in den Menschen, ohne die das Land nicht mehr existieren würde. Doch die Ungarn ertragen so einen Druck und diese frustrierende Heuchelei auf Dauer nicht. Dieses Land nimmt es bisher nicht zur Kenntnis, dass ihm schändlich wenig geboten, aber sehr viel von ihm verlangt wird. Aber irgendwann wird dieser zentralistische Alptraum zu Ende gehen. Vielleicht nicht mal durch Wahlen, ich weiß es nicht. Das Leben der Protagonist*innen meiner Romane wird von starker Widerspenstigkeit und Widerstand angetrieben, auch wenn darunter viele alte, dem Tod nahestehende Menschen oder Aussätzige sind. Ich schrieb dennoch keine politischen Romane, hoffe ich."