
Der Kritiker und Kulturjournalist Bálint Kovács
ist hin und weg von "Marshal Fifty-Six", der neuen Inszenierung des Autors und Regisseurs
Béla Pintér: Denn "Pintér zeigt endlich, dass es möglich ist, über das
Ungarn des Jahres 2021 im Theater konkret, gültig und prägnant zu sprechen, ohne zum sechshundertfünfundfünfzigsten Mal 'Richard III.', 'Cabaret' und andere Klassiker hervorzuholen und darin ein paar ironische Anspielungen auf das aktuelle System zu verbergen, wie es - mit Ausnahme einiger weniger Ausnahmekünstler - der kleine Teil des ungarischen Theaters tut, der sich überhaupt für das interessiert, was ihn hier und jetzt umgibt. Pintér beweist auch, dass eine Aufführung über die
aktuellsten Themen des öffentlichen Lebens nicht automatisch zu einem politischen Kabarett werden muss." Und er ist sehr hart zu den Goldjungs von
Orbáns System der "nationalen Kooperation" (NER), "in einer Art und Weise, die in diesem Land, das
stark durch Selbstzensur belastet ist, nicht üblich ist. Die meisten würden sich das nicht mal in einer Vorlesung oder einem Interview trauen. Ob das alles mutig von Pintér ist, ob jemand, der so offen seine Meinung vertritt,
wirklich den Kopf hinhält, oder ob im Gegenteil eine ständige Selbstzensur im heutigen Ungarn
unnötig ist, sei dahingestellt, aber es sagt auf jeden Fall viel über den gegenwärtigen Zustand der öffentlichen Angelegenheiten in Ungarn aus, dass die erste Option überhaupt in Erwägung gezogen wird - denn natürlich wird sie das."