Dushu ist das wichtigste und einflussreichste
intellektuelle Magazin Chinas. Seit 1979 fand darin die Auseinandersetzung mit westlicher Theorie vom Strukturalismus bis Habermas und Derrida statt (
mehr hier). Nun ist eine sechsbändige - chinesische - Ausgabe mit den wichtigsten Texten von 1996 bis 2005 erschienen, einer Zeit, in der die Autoren der Zeitschrift ihre Kritik am
wirtschaftlichen Liberalisierungskurs der Kommunistischen Partei verstärkten. Zhang Yongle
stellt die Bände vor und zeichnet in seinem Artikel "Keine verbotenen Bezirke für die Literatur?" sehr ausführlich die bewegte Geschichte des Magazins nach: In der Umorientierung von
Dushu seit Mitte der Neunziger "spiegelte sich die dramatische
ideologische Kluft wider, die seither die kritischen Intelligenz spaltet, als viele der Autoren der Zeitschrift begannen, die Entwicklung in China zu kritisieren. Das war ein höchst kontroverser Standpunkt, der bald als der einer '
neuen Linken' oder gar als 'postmodern' gebrandmarkt wurde. Beide Bezeichnungen waren stark negativ konnotiert: es war seit den Siebzigern beinahe ein Skandal, wenn ein Intellektueller als 'links' (im Gegensatz zu 'liberal') bezeichnet wurde, da die Mehrheit der Intelligentsia zum Opfer der ultralinken Politik der Kommunistischen Partei geworden war. Postmodern war aber noch seltsamer, denn wie konnte man als Intellektueller das
Ideal westlicher Modernisierung in einer dem Fortschritt so sehr hinterherhinkenden Gesellschaft wie China kritisieren?"