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Kurt Biedenkopf

Ein deutsches Tagebuch 1989-1990

Cover: Ein deutsches Tagebuch 1989-1990
Siedler Verlag, Berlin 2000
ISBN 9783886807123
Gebunden, 456 Seiten, 25,51 EUR

Klappentext

Kurt Biedenkopfs Aufzeichnungen beginnen im Juni 1989, als Michail Gorbatschow zu einem Staatsbesuch nach Bonn reist, während zu gleicher Zeit die Grundfesten des sowjetischen Imperiums ins Wanken geraten. Tag für Tag verfolgt Kurt Biedenkopf die entscheidenden Ereignisse des europäischen, des deutschen Umbruchs. Als einer der ganz wenigen Politiker sieht Biedenkopf die großen wirtschaftlichen Belastungen der Vereinigung voraus, aber auch die Möglichkeiten, die sie birgt. Biedenkopf unterliegt Irrtümern, doch seine Hoffnungen und sein Optimismus überwiegen. Mehr und mehr zeigt sich, dass die Menschen in der Noch-DDR auf ihn bauen. In den letzten Monaten ihrer staatlichen Existenz wird Kurt Biedenkopf Bürger der DDR und - gegen den anfänglichen Widerstand von Helmut Kohl - Spitzenkandidat für die Landtagswahl in Sachsen; schließlich wird er im Oktober 1990 mit absoluter Mehrheit zum sächsischen Ministerpräsidenten gewählt. Das Tagebuch endet am 9. November 1990, als zum ersten Mal der Bundesrat aus allen 16 deutschen Ländern zusammentritt.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 28.11.2000

Peter Carstens gefällt es, dass dieses Buch, das Biedenkopf ursprünglich offensichtlich für seine Kinder verfasst hat, weder eine verkappte Wahlkampfschrift noch Abrechnung eines frustrierten Politikers ist. Stattdessen habe Biedenkopf keine Scheu, sich gelegentlich auch unsympathisch zu präsentieren, was ihn gerade besonders sympathisch mache. So wird nach Carstens in diesem Buch deutlich, dass der Autor 1989 beruflich in eine Sackgasse geraten war, während er gleichzeitig deprimiert darüber fantasierte, dass er in mancher Hinsicht doch der bessere Bundeskanzler als Helmut Kohl gewesen wäre, der seiner Ansicht nach Fehler über Fehler gemacht hat. Deutlich wird auch, so Carstens, wie Biedenkopf durch zahlreiche Reisen nach Ostdeutschland zunehmend ein Gefühl für die Situation der Ostdeutschen entwickelte und nach und nach bei ihm der Wunsch entstand, sich dort zu engagieren. Dass Biedenkopf die Passagen, in denen er von "seiner eigenen beträchtlichen Kompetenz" spricht, nicht nachträglich geglättet hat, wertet Carstens nicht negativ - im Gegenteil: gerade dies mache einen Großteil des "Charmes" dieser Aufzeichnungen aus und sei Teil der "Chronistenpflicht". Carstens gefällt die Leidenschaft, mit der Biedenkopf sich am Aufbau Ostdeutschlands beteiligt hat und resümiert, dass sich dieses Tagebuch liest wie ein "politischer Roman".
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Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 19.10.2000

Natürlich erfreuen sich ältere Politiker oder Päpste gern an ihrer Lebensleistung. Aber am meisten freut sich immer Jan Ross. Bei Kurt Biedenkopfs Tagebücher aus den beiden Wendejahren zum Beispiel darüber, wie eine `brachliegende oder fruchtlos sich verzehrende Hochbegabung` mit dem Umzug in den Osten einen neuen Daseinszweck bekommt! Auch Wirklichkeitslust und Überraschungsbereitschaft, die sich in Biedenkopfs Tagebücher zeigten, imponieren ihm mächtig. In einigen Passagen sieht er zwar ein bisschen viel der `biografisch-historischen Gesamtsinnstiftung`. Aber trotzdem: `Irgendwie freut man sich mit.` Weil sich alles so schön gefügt hat in Biedenkopfs Leben.