Peter Sprengel

Rudolf Borchardt

Der Herr der Worte. Biografie
Cover: Rudolf Borchardt
C.H. Beck Verlag, München 2015
ISBN 9783406682070
Gebunden, 504 Seiten, 29,95 EUR

Klappentext

Rudolf Borchardt war nicht nur ein virtuoser Sprachkünstler, dem tiefsinnige Gedichte, brillante Essays, ironisch-satirische Erzählungen und Reden von sensationeller Wirkung gelangen. Er war auch ein zutiefst politisch empfindender Mensch, der aus dem "Untergang der deutschen Nation" persönliche Konsequenzen zog und - mit der großen Ausnahme des Ersten Weltkriegs - schon früh aus dem Vaterland ausstieg. Als Mieter alter Toskana-Villen erprobte der Emigrant und Monarchist - bis zur gewaltsamen Rückführung in das Deutsche Reich 1944 - den Anschluss an althergebrachte aristokratische Lebensformen. Gleichzeitig war er als Übersetzer (vor allem Dantes) um die Rettung des kulturellen Erbes Alteuropas bemüht. Die hier vorgelegte Biografie kann auf Hunderte von Briefen zurückgreifen, die in den letzten zwei Jahrzehnten erstmals herausgegeben wurden, und nutzt darüber hinaus unveröffentlichte Materialien. Auf dieser Grundlage gelingen überraschende Entdeckungen wie die einer monströsen Fälschung Borchardts. Hier lernen wir nicht nur den Dichter und Publizisten gleichsam von innen, sondern auch den 'verlorenen Sohn', Ehemann und Familienvater, vor allem aber und immer wieder den Liebhaber Borchardt kennen.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 09.02.2016

Mit gemischten Gefühlen hat Kai Kauffmann Peter Sprengels Rudolf-Borchardt-Biografie gelesen. Der Literaturwissenschaftler vermag dank eingehender Recherche durchaus manche Lücke in Borchardts Lebensgeschichte zu schließen, betont der Kritiker, der das Buch wie einen spannenden "Abenteuerroman" voller sensationeller Enthüllungen und satirischer Zuspitzungen liest. Leider muss der Rezensent aber während der fesselnden Lektüre auch feststellen, dass es Sprengel nicht gelingt, Borchardts narzisstische Persönlichkeitsstruktur mit seinen imaginationsreichen und wortgewaltigen Werken zu verbinden. Über den Schriftsteller Borchardt und seine "phantasmagorische" Gedankenwelt hat Kauffmann hier deshalb nur wenig erfahren.
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Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 17.12.2015

Endlich eine Biografie über dieses faszinierende Irrlicht der deutschen Literaturgeschichte, wenn auch eine, die den Rezensenten Thomas Karlauf - und der muss sich als Autor einer George-Biografie auskennen! - in mehrfacher Hinsicht enttäuscht. Borchardt schildert er als eine Art Gegenpol zu George, allerdings ohne dessen lyrisches Vermögen. Borchardt, so Karlauf, war vor allem Rhetoriker, wirkte durch seine Person mehr als durch seine Werke. Und hier liegt für ihn die erste Enttäuschung: Die Substanz seines Werkes halte den Irritationen, die die Persönlichkeit Borchardts auslöste, in keiner Weise stand. Die zweite Enttäuschung betrifft leider die Biografie selbst: Auch der Biograf ist dem Irrlicht nach Karlauf nicht gewachsen, Er attestiert der Biografie einen Mangel an Entschiedenheit gegenüber ihrem Gegenstand. Sprengel hätte dem Borchardt ab und zu mal auf die Finger klopfen sollen: "So nicht, lieber Freund!"

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 16.11.2015

Martin Mosebach empfiehlt durchaus die Lektüre von Rudolf Borchardts dichterischem Werk am Ende seiner Lektüre von Peter Sprengels Biografie über den großen sonderbaren Ästheten. Dass der zu reaktionären Momenten neigende Borchardt eine Ehrenrettung nicht nötig hat, weiß Mosebach. Was er bei Sprengel findet, ist denn auch alles andere, ist Beschreibung und Würdigung eines hoch energetischen Schriftstellerlebens, dass der Autor detailreich und laut Mosebach unter Verwendung von Borchardts Briefen vermittelt. Mosebach ist gebannt von den Zitaten, aber auch von Borchardts dreisten Hochstapeleien, die Sprengel der Leserin mitteilt und die Mosebach als "komischen Kontrast" nimmt zum legendären Pathos Borchardts.
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Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 26.09.2015

Mit Peter Sprengel kennt Rüdiger Görner zumindest einen literaturwissenschaftlich arbeitenden Biografen, der ansprechend zu schreiben weiß und nicht aus dem angelsächsischen Raum stammt. Sprengels Biografie über den Hofmannsthal-Freund Rudolf Borchardt findet er überzeugend durch sorgfältige Recherche und Konturschärfe in der Darstellung von Borchardts privater wie intellektueller Entwicklung zu einem Solitär unter den deutschen Schriftstellern, wie Görner ihn nennt. Dass der Autor Borchardts Ich-Spaltung, die Leugnung seiner jüdischen Identität, zu einem Leitmotiv der Biografie macht, scheint Görner nachvollziehbar. Ebenso die Herausarbeitung von Borchardts Interesse an der Antike als eines poetischen Lebenselements in dessen Wirken.