Alma Guillermoprieto

Havanna im Spiegel

Eine Erinnerung an die Revolution
Cover: Havanna im Spiegel
Berenberg Verlag, Berlin 2009
ISBN 9783937834337
Gebunden, 320 Seiten, 25,00 EUR

Klappentext

Aus dem Spanischen und Englischen von Matthias Wolf. 1970 verließ die junge Mexikanerin Alma Guillermoprieto New York, um in Havanna als Dozentin an der Staatlichen Ballettschule zu lehren. Fast ein Jahr lang arbeitete sie in Studios ohne Spiegel. Ihre schlecht ausgebildeten, aber vor Ehrgeiz glühenden Schüler trainierten ohne dieses als individualistisch verschrieene Hilfsmittel. Und doch fand die junge Frau inmitten chronischen Mangels und revolutionärem Durcheinander ein Volk von begeisterten, hingegebenen Menschen, die sie tief berührten und ihr Leben in neue Bahnen lenkten. Dieses Erinnerungsbuch einer Frau, die heute als eine der besten Lateinamerika-Spezialisten für den "New Yorker" schreibt, führt zurück in eine Zeit, als noch ein ganzer Kontinent an Fidel Castros Lippen hing, während das politische Experiment, über das er stundenlang redete, bereits gescheitert war, als Tänzer und Revolutionäre dieselbe geschichtsträchtige Bühne bevölkerten und selbst ein Pas de Deux sich in einen zutiefst politischen Akt verwandeln konnte.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 11.05.2010

Alma Guillermoprietos Erinnerungen an ihre Zeit als Tanzlehrerin in Havanna im Jahr 1970 sind beileibe keine nostalgische Revolutionsromantik, stellt Rezensent Knut Henkel angetan fest. Deutlich ist für den Rezensenten noch die Irritation der Autorin herauszulesen, wie gering im revolutionären Kuba die Kunst geschätzt wurde und insbesondere die "Widersprüche" der kubanischen Wirklichkeit sind der damals 20-jährigen Mexikanerin sehr präsent, erklärt der Rezensent. Henkel fällt aber auf, dass insbesondere, wo es um die kritische Beurteilung der kubanischen Entwicklung geht, eher die 60-jährige Journalistin spricht als das "unbedarfte Tanzküken". Wie schon in ihren Auslandsreportagen beweise Guillermoprieto einen scharfen Blick für Details, lobt Henkel, der diesen "ungewöhnlichen" Blick auf das revolutionäre Kuba offensichtlich sehr erhellend fand.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 04.01.2010

Rezensent Merten Worthmann sieht in diesen Erinnerungen der amerikanischen Autorin Alma Guillermoprieto einen weiteren Beleg für das Gespür des Berenberg Verlag, literarisch hochstehenden Journalismus ausfindig zu machen. Die hierzulande eher unbekannte Guillermoprieto, setzt uns Worthmann in Kenntnis, gehört in den USA zu den profilitiersten Autorinnen, vom Magazin Foreign Policy wurde sie zu den hundert einflussreichsten Intellektuellen gerechnet. In diesem Buch erinnert sie sich an das Jahr 1970, da sie, als junge sehr avantgardistische Tänzerin im Ensemble von Merce Cunningham, vom Meister nach Kuba als Lehrerin geschickt wird. Gekränkt bis verzweifelt ob dieser Zurückweisung, begibt sie sich ins revolutionäre Havanna, in dem Avantgarde vor allem Parteinähe bedeutete und Spiegel im Tanzsaal nicht geduldet wurden, weil sie dem "individualistischen Hochmut" Vorschub leisteten. Und auch wenn sich ihr Entsetzen über die "strukturelle Kunst- und Intellektuellenfeindlichkeit" schwerlich mit dem Willen zur Revolution verbinden lassen, so wie auch die politischen und persönlichen Bögen in diesen Erinnerungen manchmal ein wenig disparat verlaufen, so bewundert Worthmann doch, wie Guillermoprieto das "bizarre Dreieck aus Tanz, Revolution und Todessehnsucht" abschreitet.
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Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 22.12.2009

Rezensent Knut Henkel ist recht angetan von Alma Guillermoprietos Erinnerungen an das revolutionäre Kuba. Das Buch der erfahrenen Journalistin, die unter anderem für die Washington Post, die New York Times und den New Yorker schreibt, ist für ihn ein interessanter, aber nie nostalgischer Rückblick auf ihre Zeit als junge, politisch unbedarfte Tanzlehrerin im Havanna der 1970er Jahre. Besonders schätzt er die Beobachtungsgabe der Autorin und die ungewöhnlichen Einblicke, die sie ermöglicht. So hat er viele ihm bislang unbekannte Details über das Kuba der siebziger Jahre erfahren. Sein Resümee: melancholische Erinnerungen an eine Revolution, "die viele Hoffnungen weckte und nur wenige erfüllte".