In der
FAS fragt sich auch der frühere Piraten-Politiker
Christopher Lauer, warum ausgerechnet
Elon Musk das Verantwortungsgefühl mitbringen sollte, das man für das Betreiben von
Twitter benötigt: "Aus eigener Erfahrung aus mehr als zwanzig Jahren Internetnutzung kann ich berichten, dass das Thema freie Meinungsäußerung eigentlich und ausschließlich nur von denen vorgebracht wird, die
mit Kritik an dem Quatsch, den sie gerade ins Netz geblasen haben, nicht klarkommen. Es scheint ein weitverbreitetes Problem zu sein, dass Menschen das Recht, ihre Meinung frei zu äußern, mit einem Phantasierecht verwechseln, nicht kritisiert oder ignoriert werden zu dürfen. Schaut man sich an, wie Musk mit Menschen umgeht, die von ihrem Recht auf freie Meinungsäußerung Gebrauch machen, um ihn oder seine Unternehmen zu kritisieren oder auch nur Fragen zu stellen, muten seine Anwandlungen, die Meinungsfreiheit wie eine Monstranz vor sich herzutragen, ein wenig wie Satire an."
Elon Musk liebt Twitter und er hasst Regeln,
hält der Medienwissenschaftler
Michael Seemann in der
taz fest, der Musk nicht nur als Meinungsfreiheitsabsolutisten unheimlich findet, sondern auch als Unternehmer: "Der hohe Kurs der Tesla-Aktie ist der wichtigste Grund für Musks Reichtum. Die ungeheure Marktkapitalisierung des Unternehmens - aktuell
eine knappe Billion Dollar - ist schwer zu erklären. Tesla musste die zehn nächstgrößeren Autohersteller der Welt komplett ersetzen und dann noch ordentlich wachsen, um diesen Investorenerwartungen zu entsprechen. Dabei verkauft Tesla derzeit nicht mal eine Million Fahrzeuge im Jahr.
Allein VW verkauft zehnmal so viele. Der
Bloomberg-Kolumnist Matt Levine hat die sogenannte
Elon-Markt-Hypothese aufgestellt: 'So wie der Finanzmarkt derzeit funktioniert, berechnet sich der Wert von Anlangen nicht nach ihren Einnahmen, sondern nach der (assoziativen) Nähe zu Elon Musk.' Das gilt nicht nur für den Aktienmarkt, sondern auch für Musks Engagement in Kryptowährungen. Sein Hypen und Fallenlassen von
Bitcoin und Dogecoin führte immer wieder zu enormen Kursschwüngen, auch wenn dieses Engagement hauptsächlich aus wenigen nur halb ernstgemeinten Tweets bestand."
Aber auch mit Anarchie habe das, was Musk vorschwebe, nichts zu tun,
betont Olivier Hamant in
Le Monde: "Wie der Journalist und Theoretiker
Pierre-Joseph Proudhon sagte, ist Anarchie '
Ordnung ohne Macht'. Im Gegensatz dazu schlägt Elon Musk vor, jede Meinung in der Unmittelbarkeit seines sozialen Netzwerks zu teilen. Es handelt sich also um das genaue Gegenteil:
Unordnung mit Macht."