9punkt - Die Debattenrundschau - Archiv

Medien

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9punkt - Die Debattenrundschau vom 24.03.2023 - Medien

In einem offenen Brief warfen Mitarbeiter der Jungle World der linken Zeitung Transfeindlichkeit vor, die Rede ist von "Dämonisierung", auch mangelnde Solidarität mit Transmenschen wird der Redaktion unterstellt, berichten Maximlian Beer und David Vilentchik in der Berliner Zeitung: "Auf Anfrage der Berliner Zeitung reagierte die Jungle World mit einem kurzen Statement auf die Anschuldigungen. Darin betont das Blatt seine 'pluralistische linke' Ausrichtung. 'Über Feindschaft gegen Transmenschen berichten wir regelmäßig und bekämpfen diese'. Allerdings gebe es keine einheitliche Position zum Transaktivismus. Die Redaktion habe immer Wert darauf gelegt, auch linke Strömungen nicht von Kritik auszunehmen. Das Problem ist nur, dass Kritik für manche Aktivisten nach Verrat klingt."
Stichwörter: Transaktivismus, Jungle Word

9punkt - Die Debattenrundschau vom 23.03.2023 - Medien

Auch die Deutsche Welle hat am Freitag bekannt gegeben, bis 2025 beim Programm einzusparen und Stellen abzubauen. Gestern versuchte die Geschäftsleitung erfolglos die Mitarbeiter von der Notwendigkeit der Maßnahmen zu überzeugen, berichtet Joachim Huber im Tagesspiegel: "Ein Mitarbeiter berichtete, dass schon am 17. Mai 2021 in einem virtuellen Management-Meeting die Projektion der Finanzsituation in den kommenden Jahren vorgestellt worden sei. Danach sei für das Jahr 2024 ein Defizit zwischen 17 und 27 Millionen Euro vorausgesagt. Die drohende Unterfinanzierung sei demnach lange bekannt. Statt frühzeitig unter Einbeziehung der Belegschaft und Belegschaften zu reagieren und Investitionen zurückzustellen, habe die Geschäftsführung weiter Geld ausgegeben. In der Mitarbeiterversammlung wurde der Vergleich mit der Privatwirtschaft gezogen, wo ein solches Verhalten einer Insolvenzverschleppung gleichkäme."
Stichwörter: Deutsche Welle

9punkt - Die Debattenrundschau vom 21.03.2023 - Medien

In der SZ kann der Staatsrechtler Christoph Möllers die Entscheidung des Berliner Landgerichts, die Veröffentlichung durch die von der Akademie der Künste herausgegebene Zeitschrift Sinn und Form vorläufig zu untersagen (Unsere Resümees), nicht nachvollziehen: "Die Akademie ist eine politisch unabhängige sich selbst verwaltende Körperschaft mit einem gesetzlich vorgegebenen, aber offenen ästhetischen Auftrag. 'Staat' ist sie nicht mehr als eine öffentliche Universität, die sich sogar auf Grundrechte berufen kann. Der freie politische Willensbildungsprozess ist durch die Zeitschrift nicht gefährdet. Was aber ist mit der Pressefreiheit vermeintlicher Wettbewerber? Ihr Geschäft könnte erschwert werden. Die Prüfung eines tatsächlichen Konkurrenzverhältnisses zwischen Sinn und Form und Lettre International wurde in der Entscheidung aber eher unterstellt als belegt. Zudem schafft nicht jede Erschwerung des Wettbewerbs einen Eingriff in die Pressefreiheit."
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9punkt - Die Debattenrundschau vom 20.03.2023 - Medien

Die ARD soll - womöglich zusammen mit dem ZDF - zum größten Streaminganbieter der Republik werden, zitiert Achim Sawall von dpa (hier bei golem.de) den neuen ARD-Vorsitzenden Kai Gniffke, der bei einer Tagung in der Evangelischen Akademie Tutzing gesprochen hat. Demnach will er einen "Marktplatz für alle deutschen Medien. Dabei geht es darum, eine Medieninfrastruktur zu schaffen, die die Chance hat, die Macht der Social Networks und der großen Plattformbetreiber zu brechen." Das ganze hat nur einen, aus der Geschichte der Anstalten bekannten Haken: "Das wird enorm viel Geld kosten."

Und noch eine dpa-Meldung (ebenfalls bei golem.de), die am Wochenende unterging: Google soll der Verwertungsgesellschaft Corint Media vorläufig 5,8 Millionen Euro für die Nutzung von Presseerzeugnissen zahlen. Diese Zahlung ist begründet aus dem neuen Leistungsschutzrecht für Presseerzeugnisse. "Die Summe ist weit von der ursprünglichen Forderung der Verwertungsgesellschaft entfernt. Corint Media hatte als angemessene Vergütung von Google eine Zahlung in Höhe von 420 Millionen Euro gefordert. Google wiederum hatte für das Repertoire von Corint Media, das rund ein Drittel der deutschen Presseleistungsschutzrechte vereint, eine Zahlung von 3,2 Millionen Euro pro Jahr angeboten."

9punkt - Die Debattenrundschau vom 17.03.2023 - Medien

Bei Springer wurde die gesamte Bild-Chefredaktion abgesetzt, samt Chefredakteur Johannes Boie, der im Oktober 2021 Julian Reichelt abgelöst hatte. Konkrete Gründe nennt Springer dafür nicht, also wird spekuliert: Matthias Döpfner verband mit dem Wechsel von Reichelt zu Boie, der lange bei der SZ war, "die Erwartung auf einen kulturellen wie inhaltlichen Wechsel", schreibt Joachim Huber im Tagesspiegel. "Weniger Reichelt-Rabaukentum, verfeinerte, intellektuellere Ansprache des Bild-Publikums. Und in der Redaktion eben das Ende eines Regimes, das offenkundig von Machtmissbrauch speziell den Mitarbeiterinnen gegenüber gekennzeichnet war. Boies Spezialauftrag: Endlich mal Ruhe im Bild-Puff! Aber Bild ist Bild. Boie wurde zunehmend von weiten Teilen der Redaktion nicht als Boulevardmann gesehen, die Spannungen und Richtungsstreitigkeiten scheinen immer größer geworden zu sein."

Boies Abgang zeugt "von einer gewissen unternehmerischen Kurzatmigkeit, die seit dem Einstieg des amerikanischen Finanzinvestors KKR im Verlag herrscht", meint Alexander Kissler in der NZZ. "Die Stimmung im Haus schwankt derzeit zwischen Zynismus und Resignation, der innere Widerspruch schwelt fort: Wie laut und grell, wie sehr gegen den Mainstream gerichtet sein darf ein deutsches Blatt in einem letztlich amerikanisch dominierten Unternehmen, dessen Vorstandsvorsitzender immer wieder Signale der politischen Korrektheit in die Vereinigten Staaten senden muss?"

9punkt - Die Debattenrundschau vom 16.03.2023 - Medien

Der Zeithistoriker Paul Nolte greift in den Streit um die Staatsfinanzierung von Presseinstituten wie Sinn und Form ein, gegen die Lettre-International-Herausgeber Frank Berberich geklagt hat (unsere Resümees). Dem Professor missfällt Berberichs "Staatspresse"-Rhetorik. Nolte möchte den Staat nicht als Feindbild sehen und freut sich, dass die Fusion von Staat und Gesellschaft in Deutschland quasi längst stattgefunden hat: "Der Staat als Schirmherr, als Treuherr, gewiss auch als Finanzier und oft genug als Ermöglicher von Zivilgesellschaft, von Wissenschaft, von Kultur und Kreativität: Das ist Normalität in liberalen Demokratien, in freiheitlichen Gesellschaften. Ohne 'Staatsknete' keine freie Kulturszene. Und wer würde bestreiten, dass deren Freiheit uneingeschränkt gilt - oder handelt es sich vielmehr um 'Staatskünstler'?"

9punkt - Die Debattenrundschau vom 15.03.2023 - Medien

In Italien muss sich die Tageszeitung Domani mit einer Klage des Staatssekretärs im Arbeitsministerium, Claudio Durigon, herumschlagen. Und sie ist nicht die einzige, berichtet Michael Braun in der taz: "Verleumdungsklagen von Politiker*innen gehören mittlerweile zum Alltag des Redaktionsgeschäfts. Im November 2022 war es Ministerpräsidentin Meloni selbst, die Schadensersatz in Höhe von 25.000 Euro einklagte, weil sie sich durch einen Domani-Artikel verleumdet sah, in dem ihr vorgeworfen wurde, sie habe in der Frühphase der Coronapandemie einem Unternehmer und Parteifreund bei dessen Maskengeschäften per Anbahnung nützlicher Kontakte unter die Arme gegriffen. Die Verhandlung steht noch an. Allerdings wäre es verfehlt, in diesen letzten Fällen den Beweis dafür zu sehen, dass unter der seit Oktober 2022 in Italien regierenden Rechten die Pressefreiheit unter Druck gerät. Es ist schlimmer: Die Unsitte der auf Einschüchterung zielenden Klagen hat eine lange Tradition und wird einfach fortgesetzt." Wie das Beispiel des linken Politikers Matteo Renzi zeigt, der den Corriere della Sera - erfolglos - auf 200.000 Euro Schadenersatz wegen der Bekanntgabe unliebsamer Fakten zur Parteienfinanzierung verklagt hatte.

Am Weltfrauentag feierte man bei Burda ausgelassen Geschlechtergerechtigkeit und Sichtbarkeit von Frauen, einen Tag zuvor hatte man "der gesamten Grafikabteilung der Bunten gekündigt, 14 Angestellten, davon 12 Frauen, auch den leitenden Art-Directoren", weiß Aurelie von Blazekovic in der SZ. Der Gesamtbetriebsrat des Verlags "vermisst eine glaubwürdige Strategie für die Printmarken und eine Zukunftsperspektive im Digitalen. Die Furcht in der Belegschaft, dass der Verlag Marken wie die Bunte und den Focus verkommen lässt, bahnte sich schon vor der Verkündung der Sparmaßnahmen an. Vor einigen Wochen wandte sich der Gesamtbetriebsrat in einem dreiseitigen Brief an die Geschäftsführung des Verlags. In ihm heißt es, man sei 'zunehmend besorgt', habe 'Sparrunden ertragen, unter Outsourcing gelitten und Personalabbau hinnehmen müssen', unter anderem die Schlussredaktionen seien abgeschafft worden."

9punkt - Die Debattenrundschau vom 08.03.2023 - Medien

Die Aufarbeitung des Fox-Skandals um Lügen über das Wahlergebnis in den letzten amerikanischen Präsidentschaftswahlen (unser Resümee) geht weiter. Jeremy W. Peters und Katie Robertson können in der New York Times durch geleakte Textnachrichten nachweisen, dass der berüchtige Anchorman Tucker Carlson, der die Lügen über den Sender intensiv weiterverbreitete, privat sehr genau wusste, dass es sich um Lügen handelte. Die Geschichte gibt auch anderweitig Aufschluss darüber, wie dieses Medium aus dem Murdoch-Imperium funktioniert: "Einige von Carlsons privaten Äußerungen über Trump lassen sich nur schwer mit dem Lob in Einklang bringen, das er dem ehemaligen Präsidenten öffentlich zuteil werden ließ. Manchmal scherzten der Moderator und seine Produzenten über die Frage, wie ein Nachrichtenzyklus ohne Trump aussehen würde. Und sie sagten fröhlich seine schwindende Macht als politische Kraft voraus."

9punkt - Die Debattenrundschau vom 07.03.2023 - Medien

Der Stern darf bei Gruner + Jahr bleiben, aber die verkaufte Auflage sank in den letzten Jahren von 650.000 auf 325.000, das kostenpflichtige Digitalabo soll laut IVW bei 34.000 liegen, weiß Lisa Priller-Gebhardt in der SZ. Nun will Bertelsmann 30 Millionen Euro für Redaktion und Technik ausgeben und vierzig neue Stellen schaffen - als Ziel sind 100.000 neue Stern-Plus-Abonnenten in den nächsten zwei Jahren geplant: "Zu der neuen Strategie gehört wohl auch, die Trennung der Redaktionen von Stern.de und des gedruckten Heftes aufzuheben. Aus Hamburg ist zu hören, dass alle Inhalte künftig von einer großen Redaktion erstellt werden, in der nur noch Menschen mit Digitalkompetenz arbeiten sollen. Diese Fusion ist in den meisten anderen Medienhäusern vor Jahren vollzogen worden. Beim Springer-Verlag in Berlin gerade recht radikal, wo innerhalb von drei Jahren 100 Millionen Euro bei Welt und Bild eingespart werden sollen. Weil Papier, Distribution und Druckereien teuer sind, will man dort in absehbarer Zukunft die Papierausgaben einstellen und ausschließlich online publizieren."

9punkt - Die Debattenrundschau vom 06.03.2023 - Medien

In der FAZ kann der Publizist Friedrich Dieckmann ja irgendwie verstehen, dass die Lettre gegen die Zeitschrift Sinn und Form klagt, die von öffentlichen Mitteln lebt, während Frank Berberich seine Lettre privat finanziert: "Die Kränkung, auf die er seit dem September 2020 mit Beschwerdebriefen an die Kulturstaatsministerin reagierte, bestand darin, dass Lettre International als Zeitschrift von der Pandemie-Beihilfe ausgeschlossen blieb, die das Ministerium Buchverlagen damals in Höhe von zehn Millionen Euro gewährte. Berberich verwies auf Verkaufsausfälle im Umfang von 1500 bis 2000 Exemplaren pro Ausgabe und einen entsprechenden Verlust von 50.000 Euro im Jahr 2020 und fand sich angesichts der unbestrittenen Qualität und Bedeutung des Blattes nicht weniger förderungsbedürftig als Buchverlage und Buchhandlungen ... Die Antwort des Ministeriums auf dieses begründete Klagelied: Der Staat dürfe 'nicht in den publizistischen Wettbewerb der Presse eingreifen', und 'Eine finanzielle Förderung einzelner Zeitschriften mit öffentlichen Geldern unterliege daher sehr hohen (verfassungsrechtlichen) Hürden'. Berberich platzte daraufhin der Kragen, er schrieb seinen vierzehnseitigen Brief, den das Ministerium nicht mehr beantwortete, und erklärte die von staatsfinanzierten Institutionen herausgegebenen Zeitschriften pauschal für illegal." Aber selbst wenn er gewinnt, retten wird seine "unentbehrliche" Zeitschrift das nicht, fürchtet Dieckmann. Ideen anyone? Hier geht's übrigens zum Lettre-Abo.