A. F. Th. van der Heijden

Tonio

Ein Requiemroman
Cover: Tonio
Suhrkamp Verlag, Berlin 2011
ISBN 9783518422595
Kartoniert, 672 Seiten, 26,90 EUR

Klappentext

Aus dem Niederländischen von Helga van Beuningen. Worüber man nicht reden kann, darüber muß man einen Roman schreiben, so lautet die Lebens- und Überlebensmaxime A. F. Th. van der Heijdens. Es ist die einzige Art und Weise, wie er dem Schicksal seines 22jährigen Sohnes begegnen kann. Tonio van der Heijden starb am 23. Mai des Jahres 2010 in Amsterdam: Ein Auto überfuhr ihn am frühen Morgen auf dem Weg nach Hause. In einem zweiteiligen Roman findet und erfindet der Ich-Erzähler Adri die ersten sechs Lebensjahre seines Sohnes, und zwar von der Geburt im Juni 1988 bis zum Schuleintritt. Dieser Romanteil gehorcht dem Motto: den Sohn festhalten, ihn schützen vor allen Gefahren. Der zweite Teil konstruiert, in Form eines Kriminalromans, die für sich betrachtet völlig unlogischen Todesumstände von Tonio. Entstanden ist auf diese Weise ein berührender und bewegender Roman über das Unglück schlechthin, über die Unbegreifbarkeit des Unvorstellbaren zugleich ein Buch über die unabweisbaren Fragen nach der eigenen Schuld, ein Buch der Trauer.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 14.09.2012

Dirk Schümer verneigt sich vor A. F. Th. van der Heijdens Requiem auf seinen Sohn, der mit 21 Jahren bei einem Verkehrsunfall ums Leben kam. Er würdigt den niederländischen Autor als großen Schriftsteller, dessen Werk sich durch sprachmächtige, präzise Wahrnehmung und Reflexion auszeichnet. Ein Versuch, den Verlust des Sohnes durch Schreiben zu verarbeiten, ist "Tonio" für ihn nicht, kann es auch nicht sein, er sieht darin vielmehr den Versuch des Autors, dem "Schicksal seine Verzweiflung" entgegen zu rufen. A. F. Th. van der Heijden erinnert sich an Tonios Leben, schildert mit quälender Wahrhaftigkeit den Tag des Unfalls, das Erleben der Eltern, ihre Verzweiflung und Agonie - für Schümer ein "Mammutprojekt von Trauerarbeit". Sein Fazit: ein berührendes und beeindruckendes Werk.
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Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 21.05.2012

In der europäischen Gegenwartsliteratur sucht Rezensent Ulrich Baron ein Buch wie dieses vergebens. Nach der Lektüre scheint er so erschüttert wie beseelt von einer schwer zu beschreibenden Hoffnung, dass der Tod eines geliebten Menschen nicht umsonst sein könnte. Wie der große niederländische Epiker Van der Heijden in diesem Requiemroman den Schmerz, die Hoffnung, die Verzweiflung über den Unfalltod seines Sohnes in Worte fasst, erfüllt den Rezensenten mit größtem Respekt. Entstanden ist für Baron aber nicht nur ein schonungsloses Buch des Schmerzes, sondern auch ein Erinnerungsbuch, in dem der Autor mit fast kriminalistischer Energie die letzten Stunden im Leben seines einzigen Kindes rekonstruiert.
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Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 06.03.2012

Sehr bewegt hat Stefan Weidle A.F. Th. van der Heijdens Buch über den Tod seines Sohnes Tonio, der kurz vor seinem 22. Geburtstag bei einem Fahrradunfall ums Leben kam. Für den Rezensenten ist der Autor der für ihn persönlich "wichtigste" zeitgenössische Schriftsteller. Der Schriftsteller hat auch bei diesem unfassbaren Unglück nichts anderes als Worte, meint Weidle, weshalb van der Heijden auch nur mit dem Schreiben dieses Buches mit seiner Trauer umgehen könne. Im ersten Teil schildert der niederländische Autor die erste Reaktion auf den Unfall, Krankenhausszenen und das langsam einsetzende Bewusstsein von der Ungeheuerlichkeit dieses Einschnitts. Dazwischen werden immer wieder Rückblenden zum Kennenlernen der Eltern oder Tonios Leben geschoben, so Weidle. Im zweiten Teil versucht der Autor, den letzten Tag im Leben seines Sohnes zu rekonstruieren und hier ist auch das einzige Mal, in dem van der Heijden nicht allein als trauernder Vater, sondern als der "großartige" Schriftsteller spürbar wird, den der Rezensent so bewundert. Der Besuch des Unfallorts ausgerechnet zur Rückkehr der Fußball-Nationalmannschaft von der Südafrika-WM lässt "kurz" ein "Kunstwerk" hervorblitzen, für Weidle sehr tröstlich, wie er schreibt. Und es lässt ihn hoffen, dass trotz gegenteiliger Äußerungen des Autors dieser Requiem-Roman doch nicht das letzte Buch von van der Heijden ist.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 10.01.2012

Roman Bucheli zeigt sich sehr berührt von diesem "Requiem" A. F. Th. van der Heijdens auf seinen 2010 durch einen Verkehrsunfall ums Leben gekommenen Sohn. Der niederländische Autor, den er bereits, was Form und Umfang seiner Bücher betrifft, als "exzessiven" Schriftsteller kennengelernt hat, zeigt sich auch hier schamlos offen, herzzerreißend gibt er sich seiner Trauer und Verzweiflung hin und stellt sich schonungslos den Fragen, die dieser sinnlose Tod dem Leben stellt, so der Rezensent. Wenn er den Tod des Sohnes derart zum "Stoff" macht, könnte man das zwar für "pietätlos" oder "pathetisch" halten, da der Autor es aber in Literatur überführt, steht sein Buch in einer Reihe mit Kunstwerken wie Michelangelos "Pieta", versichert der Rezensent. Van der Heijdens Buch ist in seinen Augen tatsächlich ein "Requiem" mit musikalischen Qualitäten in Sprachklang und Rhythmus, das, wie Bucheli lobt, von Helga van Beuningen zudem hervorragend ins Deutsche übertragen wurde.
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