Alain Claude Sulzer

Ein perfekter Kellner

Roman
Cover: Ein perfekter Kellner
Edition Epoca, Zürich 2004
ISBN 9783905513363
Gebunden, 218 Seiten, 21,00 EUR

Klappentext

Der Roman beginnt in den dreißiger Jahren im vornehmen Parkhotel bei den Gießbachfällen hoch über dem Brienzersee im Berner Oberland. Erneste arbeitet als Kellner und soll den Neuankömmling Jakob unterweisen. Sie verlieben sich ineinander. Leider muss Erneste feststellen, dass Jakob ihn betrügt und sogar für einen älteren, zahlungswilligen Mann, einen berühmten Schriftsteller, verlässt. Tief verletzt geht Erneste seinen Weg und wird überraschend nach Jahrzehnten von seiner Lebensliebe um einen dreisten Gefallen gebeten.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 26.01.2005

Der Rezensent Volker Breidecker hat Freude an diesem Roman, mit dem Alain Claude Sulzer Thomas Manns "Zauberberg" aus einer ebenso ungewöhnlichen wie unterhaltsamen Perspektive wiedererzählt. Allerdings hat er auch einiges an ihm auszusetzen: So findet er die Konstruktion ein bisschen "manieriert" und Sulzer Versuch, "dramatische Momente" zu schaffen, nicht so gelungen wie andere Aspekte der Erzählung. Besonders angetan ist er dann aber von Sulzers Händchen für "feine Miniaturen und kleine Beobachtungen" und seinem "subtilen literarischen Anspielungsreichtum". Auch von der künstlerischen, "handwerklich veredelten" Aufmachung des Buches ist der Rezensent richtig begeistert.
Lesen Sie die Rezension bei buecher.de

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 11.01.2005

Normalerweise sei ein Kellner eine eher unscheinbare Figur, sinniert Gieri Cavelty, jemand, der gleichermaßen zuvorkommend wie zurückhaltend sein müsse. Cavelty gefällt es, mit welcher Liebe der Schweizer Schriftsteller Alain Claude Sulzer seinen "schattenhaften" Protagonisten, den Kellner Erneste, gleichsam "vom Hintergrund der Restauranttapete ablöst und uns als Individuum vorstellt": Erneste sei nicht nur "ein perfekter Kellner", versichert Cavelty, sondern außerdem homosexuell. Eine seiner Bekanntschaften sei der Lernkellner Jakob, den er auch als Liebhaber anlernt; Jakob setzt sich in die USA ab und wird dort zum Privatsekretär und Geliebten eines Großschriftstellers, in dem unschwer Thomas Mann zu erkennen sei. Dieser plumpe Vergleich stört Cavelty; eine Form der abgeschmackten Denunziation, schreibt Cavelty, die im Widerspruch stünde zu dem sensiblen Porträt, das Sulzer von dem Kellner zeichne, der normalerweise nicht mal als Nebenfigur eines Romans in Frage käme. Trotz dieses Ausrutschers lässt Cavelty den Rest des Romans gelten, der zwar etwas mehr erzählerisches Temperament hätte vertragen können, aber von einer stillen Spannung gehalten werde.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 03.12.2004

Geliebt wird in diesem Roman. Die Liebe verraten. Und lange, sehr lange - drei Jahrzehnte - gewartet. Doch nicht die großen Gefühle sind es, die für den Rezensenten Joseph Hanimann die Geschichte des Kellners Erneste so bezaubernd gemacht haben - Erneste, der nach einem Jahr des Glücks in die Gleichförmigkeit seiner alten Existenz zurücksinkt und dort verharrt, den Blick auf den Punkt in der Vergangenheit gerichtet, als er mit Jacob zusammen war, auf das Jahr 1936, als Jacob ihn verließ, um einem Schriftsteller, der wohl, vermutet Hanimann, Thomas Mann nachempfunden ist, ins amerikanische Exil zu folgen. Was den Rezensenten so bewegt hat, ist die Gestaltung der Jahre des Wartens, der "wunschlos unglücklichen Gleichförmigkeit zwischen Vergangenheit und Gegenwart", aus der Erneste erst gerissen wird, als ihn 1966 ein Brief des früheren Geliebten erreicht, und mit ihm eine "unverschämte Bitte". Ein Roman über eine Existenz in Grau, und darin: "zarte Farbtöne" - "als wäre ein üppiger Zauberberg im verinnerlichten Mattglanz einer einfachen Liebesgeschichte neu abgelichtet worden".
Lesen Sie die Rezension bei buecher.de

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 07.10.2004

Ursula März scheint außerordentlich beeindruckt zu sein von diesem Roman, der die Geschichte eines alternden, homosexuellen Hotelkellners erzählt. Erneste, dem das Dienen "nicht nur Beruf, sondern Gefühlsform ist", so März, hatte in den dreißiger Jahren eine große Liebe: den Kellner Jakob, mit dem er zusammen in einem Schweizer Grandhotel arbeitete und lebte. Jakob verließ ihn wegen eines berühmten - und wohl auch reichen - Schriftstellers, der März an Thomas Mann erinnert. Dreißig Jahre später meldet sich Jakob wieder, ganz unbefangen, und bittet Ernest ihm dabei zu helfen, Geld von dem alten Schriftsteller zu besorgen. Wie das alles erzählt ist, ringt unserer Rezensentin großen Respekt ab: Alain Claude Sulzer wechselt in seiner Dramaturgie zwischen Erinnerungen an die dreißiger und dem Handlungsbericht in den sechziger Jahren. Er verfügt über eine "geradezu klassische, ja altmodische Souveränität" und eine "distinguierte Sprache", lobt März. Im Zentrum der Erzählung stehe der Kellner Erneste "mit der ganzen Charakterwürde des Passionierten". Das genüge völlig für einen Roman, und so könne es sich Sulzer leisten, "das ganze Orchester der Hotelwelt nur wie ein fernes Geräusch einzusetzen".