Aleida Assmann

Die Wiedererfindung der Nation

Warum wir sie fürchten und warum wir sie brauchen
Cover: Die Wiedererfindung der Nation
C.H. Beck Verlag, München 2020
ISBN 9783406766343
Gebunden, 334 Seiten, 18,00 EUR

Klappentext

Bei Intellektuellen steht der Begriff der Nation unter Generalverdacht. Doch wer sagt denn, dass Nation automatisch ethnische Homogenität und eine 'Volksgemeinschaft' bedeutet, die andere ausschließt? Das ist die Sicht von Rechtsextremen, die den aufgegebenen Nationsbegriff inzwischen für sich erobert haben. Die Friedenspreisträgerin Aleida Assmann ruft dazu auf, die Nation neu zu denken und sie gegen ihre Verächter zu verteidigen.
Die Tabuisierung der Nation hat in Deutschland zu einem Mangel an Aufklärung und Diskussion über Sinn und Rolle der Nation geführt. Aleida Assmanns neues Buch möchte zu einer solchen Debatte anregen: Es plädiert für die Wiedererfindung einer Form von Nation, die sich als demokratisch, zivil und divers versteht und sich solidarisch auf die gewaltigen Zukunftsaufgaben einstellen kann. Der gesellschaftliche Zusammenhalt ist nicht nur in Deutschland ein Problem. Um die aktuelle Krise der Nation auch in anderen Ländern besser zu verstehen, ist es unabdingbar, die Narrative zu untersuchen, mit denen gesellschaftliche Gruppen ihre Vergangenheit, Zukunft und Identität bestimmen. Sie erweisen sich als ein Schlüssel für die Frage, was Nationen spaltet - und was sie wieder zusammenbringen kann.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 11.02.2021

Rezensent Johann Michael Möller bewundert den "halsbrecherischen" Mut, den Aleida Assmann seiner Meinung nach mit ihrem Buch über die Nation beweist. Wie die Autorin aus der Mitte der Zeit heraus, mit "großer Gelassenheit" und fern von jeglichem "sinistren Denken" den Nationen-Begriff zu rehabilitieren versucht, findet Möller lesenswert. Dass Assamann nicht historisch, sondern kulturwissenschaftlich argumentiert, scheint der Rezensent ein wenig zu bedauern, ebenso Assmanns Unlust, die Abkehr vom Nationalismus anhand des Widerstands gegen die Wiedervereinigung zu beschreiben.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 06.01.2021

Rezensent Herfried Münkler bewundert die Kulturwissenschaftlerin Aleida Assmann für ihren Mut, sich des Themas Nation und nationaler Identität anzunehmen, ohne sich in der Vergangenheit zu "verheddern". Wie sich die Autorin zunächst den Theoriediskussionen zuwendet, um dann "offensiv" die eigene Position zu entwickeln, findet Münkler überzeugend. Assmanns Verständnis von der Nation als ethnisch offenes Konzept, das die eigene Geschichte kennt, scheint Münkler außerdem zu schmecken, zumal ihm Assmanns Blick in die Zukunft letztlich "zuversichtlich" erscheint.
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Rezensionsnotiz zu Die Welt, 12.12.2020

Rezensent Marc Reichwein scheint etwas enttäuscht von Aleida Assmanns Versuch, den Begriff der Nation zu rehabilitieren. Auch wenn die Kulturwissenschaftlerin nicht auf den ausgetretenen Pfaden der Historiker wandelt, wie Reichwein anerkennt, sondern das unbehagliche Narrativ von der (deutschen) Nation untersucht und dagegen integrative Momente des Konzepts stark machen möchte, bleibt das Buch ihm einen eigenen Ansatz weitgehend schuldig. Das Buch liest sich für ihn mitunter wie eine Exzerpt-Sammlung zu Francis Fukuyama, die Assmann lediglich durch ihren "Wunschbegriff" von Nation ergänzt, der laut Reichwein auch noch "Konfliktfelder" wie das Thema Grenzen ausblendet. Das ist zu wenig, findet er.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 24.11.2020

Rezensent Thomas Steinfeld sieht in Aleida Assmanns Eintreten für eine "menschenfreundliche" Nation eher einen frommen Wunsch als eine historisch oder mit der gesellschaftlichen Wirklichkeit in Übereinkunft zu bringendes realistisches Ziel. Insofern sind die hier versammelten Texte, laut Steinfeld mutmaßlich aus verschiedenen Anlässen verfasste Vorträge und Diskussionsbeiträge, für den gestrengen Rezensenten nicht mehr als "Sonntagsreden". Auch, weil Assmann für Steinfeld viel zu vage von "Entgiftung" des Nationalstaats spricht, ohne das "historische Subjekt" zu benennen, und zu vage fasst, was Nation als Kollektiv eigentlich eint oder einen soll.
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Rezensionsnotiz zu Deutschlandfunk Kultur, 23.11.2020

Rezensent Jens Balzer hält Aleida Assmanns Aufruf an die Linke, gegen die Vereinnahmungen von rechts einen neuen, progressiven Begriff von Nation zu etablieren, für eine schöne Idee, die die Philosophin und Historikerin zudem einnehmend ausformuliert, wie Balzer findet. Der Rezensent hat dennoch Einwände gegen das Buch. Erstens scheint ihm die Linke (namentlich Grüne und Linkspartei) die Heimat längst wiederentdeckt zu haben. Zweitens taugt laut Balzer auch Assmanns solidarische Nation als Utopie, aber nicht für die Realität. Das lässt Balzer schon die von Assmann angeführte Verständigung zwischen Ost und West auf die Einheit ahnen. Der dadurch freigesetzte Rassismus fällt dabei unter den Tisch, meint er. Insofern hat das Buch auch etwas von einer Sonntagsrede, so Balzer.