Alem Grabovac

Das achte Kind

Roman
Cover: Das achte Kind
Carl Hanser Verlag, München 2021
ISBN 9783446267961
Gebunden, 256 Seiten, 22,00 EUR

Klappentext

Alem Grabovac erzählt in seinem Roman eine aufrüttelnde Geschichte über Herkunft und Zugehörigkeit. Smilja schuftet als Gastarbeiterin in der Schokoladenfabrik, ihr Mann Emir, ein feierfreudiger Kleinganove, landet später im berüchtigten Gefängnis Goli Otok in Jugoslawien. Nach der Geburt ihres Sohnes Alem trifft Smilja eine folgenschwere Entscheidung: Ihr Baby wächst bei einer strengen deutschen Pflegefamilie mit sieben eigenen Kindern auf. Jedes zweite Wochenende aber verbringt der Junge mit seiner Mutter und ihrem neuen gewalttätigen Freund im Frankfurter Bahnhofsmilieu. Erst als Erwachsener macht sich Alem auf die Suche nach seinem leiblichen Vater.  Alem Grabovac erzählt die erschütternde Geschichte eines extremen Aufwachsens, ungeschönt und ohne Wertung.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 21.08.2021

Für Tilman Spreckelsen sind die autobiografischen Bezüge in Alem Grabovacs Roman leicht auszumachen. Die retrospektiv erzählte Geschichte der Sozialisation eines jungen Jugoslawen, der in einer Pflegefamilie in Deutschland aufwächst und mit verschiedenen (unfähigen) Vätern, Traditionen und Kulturen konfrontiert ist, wird laut Spreckelsen zudem mit Orts- und zeitgeschichtlichen Daten sowie mit kulturellen Referenzen zu Pop und Marken geerdet. Gelegentliche Floskeln und gestelzte Dialoge im Text werden laut Rezensent durch dichte Beschreibungen aufgewogen, die die Zerrissenheit des Jungen eindrücklich schildern.
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Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 28.04.2021

Rezensentin Susanne Lenz bewundert Alem Grabovacs Lebenshaltung, die sich in diesem Roman spiegelt, der die Geschichte eines Gastarbeiterkindes in der Bundesrepublik erzählt. Für Lenz besteht kein Zweifel, dass der Autor von sich erzählt, wenn er sich mit  Themen wie Familie, Herkunft, Migration und Entfremdung auseinandersetzt, mit Nazistiefvätern und Partisanenopas, Sandmännchen und der nie endenden Suche nach dem richtigen Vater. Wie der Autor mit Perspektiven spielt, eine lakonisch kraftvolle Sprache schreibt, ohne zu urteilen oder zu klagen, ist das Privileg des Wanderers zwischen den Welten, erkennt Lenz.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 03.03.2021

Rezensent Fritz Göttler lobt Alem Grabovacs neuen Roman in den höchsten Tönen: Allein die Entscheidung, die eigene Autobiografie in Romanform niederzuschreiben, gefällt dem Kritiker gut. Vor allem aber lässt er sich so gespannt wie bewegt von Grabovac mitnehmen auf eine fünf Jahrzehnte umfassende Reise durch verschiedene Welten. Der Autor erzählt ihm hier zunächst von seiner Mutter Smilja, die in den Siebzigern als jugoslawische Gastarbeiterin bei einem Autozulieferer in Frankfurt arbeitet, während ihr Sohn Alem unter der Woche bei der deutschen Pflegeeltern aufwächst. Grabovac nimmt aber ebenso den Vater Emir, einen brutalen Taschendieb, der schließlich im jugoslawischen Gefängnis Goli Otok landet, so wie den Pflegevater Robert, einst Soldat in Russland und noch immer ein bisschen Nazi in den Blick, resümiert der Rezensent. Göttler staunt nicht nur, wie Grabovac das Schicksal der Einwanderer ganz ohne Opferperspektive skizziert, sondern bewundert auch das Vermögen des Autors, dem Leser "subtil" die eigenen Vorurteile vor Augen zu führen.
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Rezensionsnotiz zu Die Welt, 13.02.2021

Rezensent Mladen Gladic hält Alem Grabovacs Lebensgeschichte für unbedingt lesenswert: Wie der Junge seiner kroatischen Mutter Smilja weggenommen wird, um in einer Pflegefamilie zu landen, die das Ende des Nazi-Regimes weniger als Befreiung denn als Niederlage empfindet, und später in Belgrad Fakten zu seinem auf Goli Otok ermordeten Vater recherchiert, birgt wertvolle "Migrationserfahrung", davon ist der Kritiker überzeugt. Der Rezensent bemerkt daher mit Bedauern die literarischen Schwächen des Bandes, zu denen er langatmige Passagen, ausufernde Nebensächlichkeiten und fehlende Hintergrundinformationen zählt.

Rezensionsnotiz zu Deutschlandfunk Kultur, 12.02.2021

Alem Grabovac tut gut daran, seinen Roman klar als Autofiktion zu kennzeichnen, meint Rezensentin Ursula März - andernfalls sei der harten Geschichte vom jungen Alem, der als Sohn einer kroatischen Gastarbeiterin zur Hälfte bei ihr und zur Hälfte bei deutschen Pflegeeltern aufwächst, vermutlich Kolportage vorgeworfen worden. Die Relevanz des Stoffs steht für die Rezensentin außer Frage, und auch die Wertfreiheit in Grabovacs berichtartigem Erzählen weiß sie zu schätzen - etwas weniger "skrupulöse Zurückhaltung" hätte dem Stil des Romans aber vielleicht doch gutgetan, räumt sie ein.