Amanda Petrusich

Um keinen Preis verkaufen

Die wilde Jagd nach den rarsten 78ern und die Suche nach der Seele Amerikas
Cover: Um keinen Preis verkaufen
Matthes und Seitz Berlin, Berlin 2023
ISBN 9783751803922
Gebunden, 329 Seiten, 25,00 EUR

Klappentext

Aus dem Amerikanischen von Robin Detje. Mit einem Vorwort von Christoph Dallach und einem Essay über das Sammeln von Andreas Maier. Die Welt der nordamerikanischen Plattensammler ist bizarr und wirkt in Zeiten von Musikstreaming und Plattformökonomie fast schon antiquiert. Doch es waren jene Sammler der 78er-Schellackplatten, die Vorgänger der Vinyls, die den Kanon US-amerikanischer Musik prägten und noch heute für deren Erhalt und immer wieder neue Entdeckungen sorgen.   Amanda Petrusich beleuchtet diese ferngerückte Welt mit ihren Sammlern, Händlern und Musikern. Zwischen Flohmarktkisten lässt sie sich von einem Sammler in die Kunst des Aufspürens seltener Platten einführen und taucht selbst ab in eine rauschhafte Suche nach alten 78ern. Kenntnisreich schlüsselt sie die tontechnischen Erfindungen und Anfänge der Musikindustrie in den "race records" auf, aber im Kern dreht sich doch alles um die Wurzeln der nordamerikanischen Musik, einzelne Songs und die frühen schwarzen Blues-Musiker:innen, die Schlüsselfiguren für deren Entwicklung waren. Dabei spricht aus jeder Zeile der ebenso versierten wie leidenschaftlichen Kritikerin und Autorin eine tiefe Liebe zur Musik, die förmlich dazu auffordert, selbst zurück zu den Ursprüngen des Musikhörens zu finden, die Töne auf den Trägern wieder greifen zu können und jedes Knistern als Indiz für die Geschichte hinter dem Song wahrzunehmen.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 17.10.2023

Fasziniert erkundet Rezensent Olaf Velte gemeinsam mit Amanda Petrusich die Welt der Schellack-Schallplatten-Sammler. Die Journalistin widmet sich, erfahren wir, der Szene jener Enthusiasten, die zerbrechliche 10-Zoll-Scheiben sammeln, auf der in den ersten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts populäre Musik diverser Genres gepresst wurden. Die Sammler sind auch Forscher, was laut Velte Petrusichs Recherche zugute kommt, aber auch etwas Problematisches hat, insbesondere wenn urbane weiße Spezialisten sich schwarze Musikkultur aneignen und dabei auch umdefinieren. Petrusich ist ihrem Thema durchaus ebenfalls verfallen, meint der Rezensent, auf emotionale Formulierungen verweisend. Schnell, dynamisch und selbstironisch ist das geschrieben, heißt es weiter, eine große Spannbreite der Sammelleidenschaft tut sich auf. Auch fragt sich die Autorin laut Velte gelegentlich, ob das nerdige Katalogisieren die richtige Haltung ist zu dieser Musik. Sollte man nicht eher "tanzen, heulen, sich besaufen"?

Rezensionsnotiz zu Deutschlandfunk Kultur, 13.04.2023

Dass (Platten-)Sammler ein etwas verschrobenes Völkchen sind, findet Rezensent Thomas Groß auch in Amanda Petrusichs Essay auf unterhaltsame und dennoch nachdenkliche Weise bestätigt. Er lernt bei der Lektüre, dass es den Sammlern vor allem darum geht, durch das Bewahren und Pflegen ihrer Sammlungen dazu beizutragen, dass ein musikalisches Gedächtnis erhalten bleibt und nicht dem Vergessen überantwortet werden muss. Dabei widme sich die Autorin, als Musikjournalistin dem Thema auch selbst verhaftet, den verschiedenen Gewohnheiten des Sammelns und Aufstöberns, aber auch herausragenden Sammlerpersönlichkeiten wie James McKune, der mit seiner Anthologie des American Folk nicht nur Bob Dylan beeinflusst haben dürfte. Ein spannendes ethnografisches Tasten, findet Groß, er hätte sich nur gewünscht, dass auch Fragen feministischer und postkolonialer Prägung nachgegangen worden wäre.