Andrej Kurkow

Petrowitsch

Roman
Cover: Petrowitsch
Diogenes Verlag, Zürich 2000
ISBN 9783257062472
Gebunden, 444 Seiten, 20,40 EUR

Klappentext

Aus dem Russischen von Christa Vogel. Der junge Geschichtslehrer Kolja gerät auf der Suche nach den geheimen Tagebüchern des ukrainischen Vorzeigedichters Taras Schewtschenko in die kasachische Wüste, wo er bei einem Sandsturm fast umkommt. Ein alter Kasache und seine beiden Töchter retten ihm das Leben. Doch das ist erst der Anfang einer langen Reise ? und einer zarten Liebesgeschichte.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 08.02.2001

Nicole Henneberg findet den Roman, der die Flucht der Hauptfigur Kolja vor der russischen Mafia durch den Kaukasus und Tschetschenien beschreibt, sehr gelungen. Er sei "spannend, witzig und intelligent", lobt die Rezensentin, die sich von Anfang an in den "Bann" dieses Buches gezogen sieht. Dabei schreibt sie dem Roman mehr als Unterhaltsamkeit zu: es sei zugleich die ironische Widerspiegelung einer "aus den Fugen geratenen Welt" und Kolja der überzeugende Stellvertreter der "postkommunistischen Verhältnisse" in der ehemaligen Sowjetunion. Lediglich in den Szenen, in denen die "äußere Gewalt" der Lage, wie in Tschetschenien eindringlich und "dominant" geschildert werde, gehe der Protagonist ein wenig unter; er werde sich selbst zwar nicht "untreu", bleibe aber blass und unauffällig. Die Episode selbst wirke "monoton. Am besten dagegen gefallen Henneberg die Szenen, in der der "leidenschaftlich verliebte" Kolja durch die kasachische Wüste wandert, weil hier die "sinnlichen und eindringlichen Bilder" überzeugen.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 15.12.2000

Dieser Roman hat alles, lobt Schamma Schahadat: Abenteuer, Liebe, fantastische Elemente und eine Krimi-Handlung. Das Russische daran ist, dass der Held an einem "Zookomplex" leidet. Kurkow habe diesen Begriff in einem Interview präzisiert, erklärt die Rezensentin und zitiert: `Passiv sein und auf Nahrung und Befehle warten`. So ein Mensch sei auch der Held dieses Buchs, der Nachtwächter Kolja. Nicht eigener Antrieb, sondern undurchsichtige Gestalten, die dem Nachtwächter an den Kragen wollen, treiben ihn zu einer Schatzsuche in die kasachische Wüste, wo er einem schönen Mädchen begegnet und allerhand fantastische Abenteuer zu bestehen hat - Schahadat erwähnt einen "Penis in einer Fischdose" und Drogen in einer Packung Kindernahrung - bevor er sich mit seiner Liebsten als Direktor des Kindernahrungs-Betriebs niederlässt. Die Rezensentin beschreibt Kurkow als einen Autor auf "mittlerem Niveau", der "intelligente Unterhaltung" liefert. Mittleres Niveau gemessen an wem? Tolstoj? Das verrät Schahadat nicht, aber sie hat sich mit dem Buch so gut amüsiert, dass ihr am Ende sogar die "postsowjetische" Schlunzigkeit des Helden als durchaus sympathischer "orientalischer Fatalismus" erscheint.
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Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 09.12.2000

Als "sauber gearbeitete, postsowjetische Unterhaltungsliteratur" charakterisiert der Rezensent mit dem Kürzel "ebl." diesen Roman. Der Autor selbst bezeichne sich als postsowjetischen Schriftsteller, und dass er eigentlich Drehbuchautor ist, spüre man, so der Rezensent, an den knappen Dialogen, den schnellen Schnitten und der vielen Action. Die inhaltliche Zusammenfassung dieses Buches liest sich jedenfalls wie ein Krimi, und zwar einer mit einem tieferen Sinn, denn ein zweites Buch sei in die Romanhandlung eingearbeitet. Man darf sich wohl auf eine geistreiche Unterhaltung freuen.

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 09.12.2000

Kolja Mensing lässt sich von diesem "beruhigend sentimentalen Roman selbst zu sentimentalen Gedanken hinreißen. Mehr als ein Drittel der gesamten Rezension berichtet er über seine eigene Heimat und von philosophischen Büchern wie der Kritik der bürgerlichen Ideologie, vom ostdeutschen Nachbarn in die Altpapiertonne geworfen, von Mensing wieder herausgefischt. Konkret über das Buch berichtet er, dass es in erster Linie von der Sehnsucht handelt, "in der Welt anzukommen und gleichzeitig in ihr zu verschwinden". Eine Sehnsucht, die auch Kurkows Helden aus seinen ersten Büchern teilen. Handlungsreste schwimmen dabei eher "wie zufällig an der Oberfläche." "Das ist alles" schreibt Mensing und er meint dies durchaus bewundernd.
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