Anna Maria Jokl

Die Perlmutterfarbe

Ein Kinderroman für fast alle Leute
Cover: Die Perlmutterfarbe
Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main 2001
ISBN 9783518389126
Taschenbuch, 284 Seiten, 8,99 EUR

Klappentext

Anna Maria Jokl schrieb "Die Perlmutterfarbe", einen "Kinderroman für fast alle Leute", in den dreißiger Jahren im Prager Exil. Im Mikrokosmos einer Schule fängt sie scharfsichtig die drohende Welt des heraufziehenden Nationalsozialismus ein, vor der sie 1933 aus Berlin geflohen war. Erzählt wird vom Gegeneinander zweier Schulklassen, vom Prozess einer Gruppenbildung, bei dem aus Lüge und Feigheit Verleumdung und Verrat entstehen. Es geht um Machtgier und Mitläufertum - und um den Versuch einzelner, trotz alledem die eigene Integrität zu bewahren.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 13.10.2004

Der Rezensent Carsten Hueck ist schwer beeindruckt von diesem Buch, dass in den vergangenen zwölf Jahren in immer neuen Editionen im Suhrkamp Verlag erschienen ist und auf das sich im wesentlichen der späte Ruhm der Autorin Anna Maria Jokl gründet. Geschrieben hat Jokl das Buch schon 1937. Nicht nur die Handlung, in der "die Erfahrung des Totalitarismus im Deutschland der Nationalsozialisten" verarbeitet wird, ist fesselnd - auch das Manuskript hat eine spannende Geschichte. Obwohl die Autorin es bei ihrer Flucht vor den Nazis nicht mitnehmen konnte, gelangte es wieder in ihre Hände. Nach Meinung des Rezensenten bewegt sich der Roman auf dem gleichen Niveau wie George Orwells "Farm der Tiere" oder William Goldings "Herr der Fliegen". Es ist ähnlich "zeitlos" und eine Beschreibung von Machtgier und Mitläufertum, Ausgrenzung und Gewaltherrschaft. Die Autorin lässt die Geschichte an einer Schule spielen, sie zeigt "detailliert, doch nie langatmig, innere und äußere Vorgänge, ambivalente Gefühle und Zweifel von Tätern". Damit war die Autorin nach Huecks Meinung ihrer Zeit weit voraus. Sie "nimmt spätere Erkenntnisse der Sozialwissenschaften und Psychologie vorweg" und zeigt "die Struktur autoritärer Charaktere und Funktionsweise totalitärer Systeme".

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 24.04.2003

Susanne Mayer bespricht voller Begeisterung Anna Maria Jokls Kinderroman für die Zeit-Schülerbibliothek, der immerhin in den fünfziger Jahren der meistausgeliehene Roman in öffentlichen Büchereien war. Die jüdische Schriftstellerin Jokl erzählt darin eine Geschichte von Verrat, Treulosigkeit und miesen Typen in der Schule, aber auch von dem Mut eines Mädchens, sich gegen diese Hetzgemeinschaft zu stellen. Dabei findet die Rezensentin die tatsächliche Geschichte dieses "schönen Buches" ebenso aufregend wie die erzählte. So berichtet die Rezensentin, dass Jokl den Roman 1937 im Prager Exil geschrieben hat, das Manuskript jedoch auf der weiteren Flucht nach England zurücklassen musste. Ein korrupter Fluchthelfer besann sich jedoch seines besseren Selbst und brachte ihr ungebeten das Manuskript. Nach dem Krieg kehrte Jokl nach Berlin zurück, wurde von der DDR jedoch - wieder einmal - zur unerwünschten Person erklärt und verließ Deutschland endgültig. Ihr Buch verschwand aus den Regalen. Ohne diese Verwicklungen, seufzt Mayer, wäre "Die Perlmutterfarbe" heute vielleicht so bekannt wie "Emil und die Detektive" und das Klagen über den Mangel starker Mädchenfiguren könnte leiser ausfallen.