Anna Yeliz Schentke

Kangal

Roman
Cover: Kangal
S. Fischer Verlag, Frankfurt am Main 2022
ISBN 9783103970814
Gebunden, 208 Seiten, 21,00 EUR

Klappentext

Dilek und Tekin sind ein junges Paar in Istanbul. Nicht erst seit dem Juli 2016 hat sich auch für sie die Stadt verändert. Als Dilek Jahre später in ein Flugzeug steigt, weiß ihr Freund nichts davon, niemand soll wissen, dass sie, die online "Kangal" heißt, bald in Frankfurt landet. Ayla ist überrascht, als ihre Cousine Dilek sich bei ihr meldet, die gemeinsamen Sommer sind lange her. Und während sich Tekin in Istanbul auf die Suche macht, fragt sich Ayla: Wer ist Dilek heute? Sie will ihr glauben, aber ist das, was Dilek fürchtet, auch wahr? Anna Yeliz Schentke erzählt von der Freundschaft in instabilen Zeiten. Von aktueller Unterdrückung und von einer Generation, die auf der Suche ist: nach einer gemeinsamen Sprache, nach Sicherheit und Zugehörigkeit.

Rezensionsnotiz zu Deutschlandfunk Kultur, 15.09.2022

Rezensentin Judith von Sternburg findet in Anna Yeliz Schentkes "Kangal" viele Gründe, sich für sich selbst zu schämen, wenn sie Klischees und Stereotypen begegnet, die sie offenbar teilt. Worum gehts? Hauptprotagonisten in diesem Romandebüt sind Dilek, die im Internet für ihre politischen Erdogan-kritischen Aktivitäten den Decknamen "Kangal1210" benutzt und nach einer Reihe zerschlagener Demos Istanbul fluchtartig in Richtung Deutschland verlässt, wo sie auf besonders Erdogan-treue Anhänger stößt. Dann ist da ihr Freund Tekin, den sie nicht in ihren Fluchtplan eingeweiht hat, und ihre in Frankfurt lebende Cousine Ayla, die zum Missfallen ihrer Eltern ihren Ehemann verlassen hat, weil er sie geschlagen hat. Was sie in ihren Augen für die Deutschen zu einem Klischee macht. Das alles ist kunstvoll miteinander verwoben und Schentke hebt auch nie den Zeigefinger, versichert die betroffene Rezensentin.

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 25.06.2022

Als politisch "brisant" bezeichnet Rezensentin Anke Dörsam den Debütroman von Anna Yeliz Schentke. Vor dem Hintergrund der Proteste in der Türkei 2013 und 2016 erzählt "Kangal" von der Studentin Dilek, die ihren Freund Tekin bald verlassen wird, um aus Istanbul zu ihrer Cousine Ayla nach Frankfurt auszuwandern. Dabei geht es um den Widerstand, der sich im Netz organisiert und an dem die drei Figuren teilhaben - "Kangal" bedeutet Hirtenhund und ist Dileks Deckname im Untergrund. Aber nicht nur inhaltlich, sondern auch formal und sprachlich erzeugt der Roman seine "Relevanz", betont Dörsam: wie durch Auslassungen und Sprünge in den Kommunikationswegen zwecks Verschlüsselung, durch wechselnde Telefonnummern eine "Vogelperspektive" erzeugt werde, die aber nie einen kohärenten Überblick gewährleiste, findet Dörsam beeindruckend, und lobt auch, wie Schentke die Geschichten der drei Hauptfiguren wie in einem "Zopf" ineinanderflechte. So sei der Roman nicht nur politisch brisant, sondern in seiner Erzählweise auch ganz "auf der Höhe seiner Zeit".

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 31.05.2022

Rezensent Fridtjof Küchemann erfährt in Anna Yeliz Schentkes Roman über mehrere Generationen von Deutschtürken, die, teils auf der Flucht vor politischen Anfeindungen, teils zurück in der Türkei, mit ihrer Herkunft und ihren Lebenswegen hadern, welche unterschiedlichen Sichtweisen es  auf türkisches Leben in Istanbul und in Deutschland gibt. Überzeugend findet er Schentkes unaufgeregten Ton, der dennoch eindringlich ist, und die plastischen Erzählungen der Figuren, die ihm Empfindlichkeiten, Differenzen und Widersprüchliches innerhalb und zwischen den Generationen sichtbar machen.
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