Antonio Lobo Antunes

Einblick in die Hölle

Roman
Cover: Einblick in die Hölle
Luchterhand Literaturverlag, München 2003
ISBN 9783630871431
Gebunden, 290 Seiten, 20,00 EUR

Klappentext

Aus dem Portugiesischen von Maralde Meyer-Minnemann. In diesem autobiografischen Roman zeigt Antonio Lobo Antunes nicht nur die dreckige Seite des Angolakrieges, sondern klagt zudem seinen eigenen Berufsstand an: die Psychiatrie. Das Buch gibt einen erschütternden Einblick in die existentiellen Qualen eines Mannes, der an der Unmenschlichkeit verzweifelt.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 07.07.2003

Für Martin Luchsinger ragt dieset Roman, der im Original bereits 1983 erschienen ist, aus zweierlei Gründen aus dem bis dahin entstandenen Werk des portugiesischen Autors heraus. Das Buch erzählt von dem Erinnerungsstrom eines Psychiaters auf einer Autofahrt von Algarve nach Lissabon und lässt Kindheit, Erlebnisse aus dem Krieg in Angola, den Berufsalltag als Psychiater und Erinnerungen an frühere Liebesbeziehungen Revue passieren, fasst der Rezensent zusammen. Ungewöhnlich für Antunes findet er den autobiografischen Hintergrund des Romans und zudem die "Überblendung verschiedener Erzählstränge", die er in diesem Buch erstmalig anwendet. Die Reflexionen, die fast durchweg pessimistisch, deprimiert und durch "Selbsthass" gefärbt sind, nehmen dennoch aufgrund ihrer "Empfindsamkeit" für den Protagonisten ein, meint der Rezensent, der zwar keinen "Nutzen" in diesen nihilistischen Betrachtungen erkennen kann, aber die Darstellung von "Scheitern und Weitermachen" gelten lässt.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 24.06.2003

Selbst eingefleischte Fans des portugiesischen Schriftstellers gäben zu, die Lektüre seiner Romane sei eine Tortur, weiß Leopold Federmair. Warum das so ist, erklärt er mit Antunes' literarischem Verfahren, seinen Erzählstoff zu heterogenisieren. Wo andere klassische Autoren ihren Wahrnehmungsstrom metaphorisch bündeln und homogenisieren, lasse Antunes den Assoziationen freien Lauf. Federmair attestiert dem Autor eine "tendenzielle Entkoppelung von Zeichen und Bezeichnetem", ein Merkmal barocker Literatur, wie er hinzufügt. Dennoch hätten auch Antunes' Romane eine solide "fleischliche" Basis, versichert der Kritiker, der Autor nehme seine Heterogenisierungen auch immer wieder zurück und folge in seinen Romanen ohnehin einem einzigen großen Erzählstrom und -stoff. Bei "Einblick in die Hölle" handelt es sich chronologisch gesehen um den dritten Roman des Portugiesen, der - für Federmair etwas ausgelaugt - linke Antipsychiatriethesen verarbeitet. An den Erstling 'Der Judaskuss" reicht für Federmair kein späterer Roman Antunes' mehr heran.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 14.06.2003

"Kerkermeister", "Diktatoren, Clowns und Irre" sind die Psychiater, behauptet Antonio Lobo Antunes in diesem frühen Roman, der 1983 erschien und eine Abrechnung war mit dem eigenen Berufsstand. Er selbst war Psychiater, bis 1985 noch, als er die Schriftstellerei zum (würdigeren) Beruf machte. Die große Zukunft, die er da als Autor noch vor sich hatte, findet sich, stellt der Rezensent Alexander Kissler fest, nur im Keim in diesem Werk. Der Mensch, irgendwo zwischen "Tier und Ding", eingesperrt in das Land, das Portugal heißt: "Alles findet sich in Verwesung, stirbt oder ist gestorben." Zur Größe, andererseits, zu der Lobo Antunes später fand, fehlen hier noch, so Kissler, der Wille zur Form, die Abwechslung, der Mut. Geradezu "schematisch" manche Textmanier. Dennoch nehmen 25 Seiten den Atem, "an deren Ende der Militärarzt Antunes von seinen Kollegen und sich selbst verspeist wird."
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