Bernard MacLaverty

Die Schule der Anatomie

Roman
Cover: Die Schule der Anatomie
Ammann Verlag, Zürich 2003
ISBN 9783250600541
Gebunden, 458 Seiten, 24,80 EUR

Klappentext

"Da sieht man's wieder. Das ist der Martin, den ich kenne. Immer auf der Suche nach einem sicheren Weg, etwas Gefährliches zu tun." Eine ausgehende Jugend in Belfast, Ende der 60er Jahre. Martin Brennan steht vor der Frage, ob er Priester werden will oder Naturwissenschaftler. Vorerst einmal hat er allerdings nur eins im Sinn: um alles in der Welt die Abschlußprüfung zu bestehen. Seine Freunde, der sportliche Alleskönner Kavanagh und der extravagante Blaise Foley, haben da schon einen Plan, dessen Durchführung jedoch mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit außerhalb jeglicher vom Katholizismus bestimmten Anstandsregeln liegt. Aufwühlende Zeiten für ein Land zwischen den Bekenntnissen und für einen Jungen, der seinen Platz in der Welt sucht - und bei den Frauen.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 25.06.2003

Jörg Magenau zieht ein gemischtes, letztlich aber doch positives Fazit aus der Lektüre dieses zweigeteilten irischen Entwicklungsromans von Bernhard MacLaverty. Zwar findet er den ersten Teil, "eine klassische Schülerstreichgeschichte mit Feuerzangen-Humor in irisch-katholischer Grundausstattung", eher nichts sagend und "ermüdend", doch der zweite Teil, den man nach Magenaus Meinung auch separat lesen könnte, stellt für ihn einen durchaus zufrieden stellenden Ausgleich dar. Die Geschichte spielt zur Zeit des gerade entflammten Bürgerkriegs vor gut 30 Jahren, in besagtem zweiten Teil geht es aber nur um eine Liebesnacht im anatomischen Institut, in dem der Protagonist nach der Schule arbeitet. Trotzdem schaffe es der Autor, staunt Magenau, die großen Themen des Buches in dieser Nacht unterzubringen und dabei stimmig zu bleiben: "Es gelingt MacLaverty in diesem Abschnitt, Neugier und Stumpfheit, Empfindsamkeit und Gefühllosigkeit, Liebe und Töten, Befreiung und Rückbindung ans katholische Mutterland in eine emotionale Gemengelage zu bringen", die der politisch prekären Situation ebenso gerecht wird wie dem jugendlichen Protagonisten, so resümiert der Rezensent angenehm überrascht.
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Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 06.05.2003

Bernard MacLavertys Roman "Die Schule der Anatomie" hat Rezensent Thomas Hermann recht gut gefallen. Im Mittelpunkt steht die Geschichte einer männlichen Adoleszenz im restriktiven katholischen Milieu Belfasts in den späten sechziger Jahre des 20. Jahrhunderts, berichtet Hermann. Auflehnung ist hier nur im Verborgenen möglich. Während der erste Teil im Zeichen eines tolldreisten Schülerstreichs steht, ereilt den Helden im zweiten Teil das Glück in Form der zufällig auftauchenden Australierin Cindy während einer Nachtschicht im Anatomischen Institut. Es gehöre jedoch zum Zauber von MacLavertys Roman, lobt Hermann, dass er alle möglichen Klischeeklippen umschiffe und in eine stimmige Romanze steuere. Die Gespräche und Handlungen der beiden erhielten vor dem Hintergrund der in der Stadt wütenden Unruhen zusätzlich eine politische Dimension, hält Hermann fest. Überzeugend findet er auch die Übersetzung von Hans-Christian Oeser, der MacLaverty im deutschen Sprachraum eine adäquate Stimme verleihe. "Es ist bemerkenswert", resümiert der Rezensent, "mit welcher Leichtigkeit MacLaverty die Geschichte von Martins Erwachsenwerden im Brennpunkt von Elternhaus, Kirche, Schule, Beruf und Freunden erzählt."

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 19.03.2003

"Die Schule der Anatomie" scheint Sabine Franke gefallen zu haben. Sie lobt Bernard Mac Laverty als "genauen Beobachter" und "sorgsamen Erzähler", der nur vordergründig die Geschichte einer ausgehenden Jugend in Belfast erzähle. "Unauffällig ziehen sich feine Deutungsnerven durch das Muskelfleisch der Geschichte", die sich aber zur Verwunderung der Rezensentin nicht in einen festen Bedeutungsrahmen fügen. So kommt ihr MacLavertys Roman dann auch wie eine überdimensionierte Kurzgeschichte vor, deren Höhepunkte die "eckigen" Dialoge der drei Abschlussschüler sind. Die Heranwachsenden unterhalten sich "schlagfertig und geistreich" über die Probleme ihres Alters, also vor allem über das ewige Rätsel Frau. MacLaverty schafft es, die "glorreiche Zeit der Schulpflichtigkeit" wieder auferstehen zu lassen, lobt Franke, unterstützt von der tadellosen Arbeit des Übersetzers Hans-Christian Oeser, der dafür "ausdrücklich" zu loben sei.
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