Brigitte Seebacher

Willy Brandt

Cover: Willy Brandt
Piper Verlag, München 2004
ISBN 9783492043830
Gebunden, 455 Seiten, 22,90 EUR

Klappentext

Brigitte Seebacher, dritte Frau von Willy Brandt wertet in ihrer Biografie bislang unbekanntes Quellenmaterial aus, zu dem ausschließlich sie Zugang hat. So werden beispielsweise viele der immer weiter wuchernden Legenden rund um den Rücktritt als Bundeskanzler 1974 widerlegt. Unbekannte Zusammenhänge werden sichtbar, die helfen, die politische und menschliche Ausnahmeerscheinung Willy Brandt zu verstehen.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 06.12.2004

Reichlich durchwachsen erscheint Rezensent Alexander Gallus diese Biografie Willy Brandts, die seine dritte und letzte Ehefrau, Brigitte Seebacher, nun vorgelegt hat. Zwar lese sich das Buch "gar nicht schlecht", es sei "selten langweilig" und an einigen Stellen "schön boshaft-unterhaltsam". Aber eine Biografie aus einem Guss ist der Journalistin und Historikerin nach Ansicht von Gallus nicht gelungen. Hagiografische Passagen wechselten sich ab mit autobiografischen, biografischen und historischen Abschnitte. Generell gefällt Gallus das Buch immer dann, wenn Seebacher Willy Brandt persönlich nah ist. Die Schilderung des Geliebten in den ersten Jahren ihres gemeinsamen Lebens etwa findet er genauso liebevoll wie die des todkranken, vom Krebs gezeichneten Ehemanns anrührend. Je mehr sich die Autorin aber politisch-historischen Fragen zuwende, desto "schwächer" und "einseitiger" werde das Buch. Das Freund-Feind-Schema, nach dem Seebacher die Weggefährten, Förderer, Mitstreiter, Konkurrenten einordnet, wirkt auf Gallus allzu simpel. Ihr Versuch, Rut Brandt und Herbert Wehner die Verantwortung für den Kanzlersturz 1974 zuzuschieben, kann ihn trotz "aufwändiger Archivrecherchen" nicht überzeugen. Einen schlüssigen Beweis für die Intrigen-These bleibe Seebacher schuldig. Insgesamt vermittelt das Buch bei Gallus den Eindruck, "dass Brigitte Seebacher ihre Sichtweise auf Willy Brandt überträgt". Am Ende sage das Buch mehr über sie als über seinen Protagonisten aus, resümiert Gallus. "Jeder muss selbst entscheiden, ob dafür die Lektüre lohnt."

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 16.07.2004

Im Vorwort berichtet die Autorin Brigitte Seebacher, so referiert Christian Kind, wie Willy Brandt ihr, seiner damaligen Frau, auf dem Sterbebett nahegelegt habe, ein Buch über ihn zu schreiben. Diesen Auftrag hat sie nun, zwölf Jahre später, erfüllt. Reicht dem Rezensenten das? Das wird nicht so recht deutlich. Eher wohl schon. Brandt werde als verschlossener und depressiver, "aber warmherziger und liebenswerter" Mensch porträtiert, auch über seine Einstellung zu ausländischen Staatsmännern gebe seine Biografin freimütig Auskunft. Rezensent Kind wertet das Buch als "Dokument einer engen Beziehung" - was allerdings in seinen Augen Probleme aufwirft. So moniert der Rezensent, dass "die Bewunderung der zur Ehefrau aufgestiegenen politischen Mitarbeiterin" sich "in Ton und Stil" des Buches niederschlage. Die Autorin sei "gelernte Historikerin", gleichwohl gelinge es ihr nicht, die "Vermutungen und Andeutungen" um die Rolle Herbert Wehners in der Affäre um den DDR-Spion Guillaume historisch plausibel zu machen. Sie berichte zwar, in Moskau auf die Spur von Dokumenten gestoßen zu sein, die eine enge Verwicklung Wehners in den Rücktritt des ersten sozialdemokratischen Bundeskanzlers nahe legen; mehr als die Spur dieser Dokumente könne sie freilich nicht bieten. Und inwiefern, so der Einwand des Rezensenten gegen Seebachers Verschwörungstheorie, wäre Wehner, selbst wenn ihm "insgeheim ein im Zeichen des Sozialismus vereinigtes Deutschland" vorgeschwebt hätte, mit einem Kanzler Helmut Schmidt gedient gewesen?

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 26.06.2004

Der Titel klingt wie der einer Biografie, doch Willy Brandts Witwe Brigitte Seebacher hat durch das Porträt ihres verstorbenen Mannes hindurch eine "politische Kampfschrift" geschrieben, findet ein höchst unzufriedener Rezensent Frank Lübberding. Auf die Frage: "Was hat Willy Brandt bewegt und erfüllt?" antworte Seebacher mit einer für für den Rezensenten unverschämten Eindeutigkeit: "Ihr Brandt war vor allem Patriot, reduzierte den Sozialstaat auf die Sicherung des Existenzminimums und war immer an der Seite der USA." Das, so der Rezensent empört, seien ja geradezu "Versatzstücke einer konservativen Agenda"! Seebachers Blick "glätte" Brandts Leben "bis zur Unkenntlichkeit" in eine Eindeutigkeit, die so ganz seinem politischem Genie widerspreche. Diese Art der karikaturalen Darstellung mache natürlich auch vor Brandts geschiedener Frau Rut (selbst Autorin einer "eindrucksvollen" Brandt-Biografie) nicht halt. Nicht zuletzt dadurch sei Seebachers Buch vor allem dazu gut, den Unterschied beider Frauen an Brandts Seite klarzumachen, den Unterschied nämlich "zwischen Charakter und Charakterlosigkeit".

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 08.06.2004

Einen zwiespältigen Eindruck hat diese Brandt-Biographie von Brigitte Seebacher, Brandts Lebensgefährtin und Ehefrau in seinen letzten vierzehn Lebensjahren, bei Rezensent Hans Arnold hinterlassen. Ein "deutlich gezeichnetes und lebendiges Bild" Brandts sei der Autorin gelungen, lobt der Rezensent einerseits. Seebacher belebe und bereichere mit ihren Situationsschilderungen und Momentaufnahmen aus dem täglichen Leben mit Brandt, ihren Beschreibungen von Reaktionen und Äußerungen von ihm zu vielen Themen und Ereignissen und auch mit eigenen Interpretationen und Bewertungen das bestehende Bild von Brandt. Andererseits hält er Seebacher vor, dass sie den sozialdemokratischen Kanzler allzu subjektiv zeichne, um sich selbst ins "rechte Licht" zu rücken. Am "interessantesten und eingängigsten" erscheinen ihm denn auch die Kapitel über Brandts Werdegang von seinen Anfängen bis zum Wahlsieg 1972, also eine Zeit lange vor seiner Verbindung mit der Autorin. In den übrigen Kapiteln habe sich die Autorin zum "integralen Teil" des Bildes von Brandt gemacht. Er kritisiert in diesem Zusammenhang, dass in Seebachers Darstellung das politische Denken und Fühlen Brandts sehr viel stärker konservativ und national wirke, als dies in seinem öffentlichen Wirken erkennbar gewesen sei. Ungut findet er zudem die vielen abwertenden Formulierungen und Anspielungen der Autorin gegenüber Brandts politischen Freunden und Weggefährten.
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Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 27.05.2004

Mit einem "lauten Seufzer" und ein wenig Mitleid mit Willy Brandt hat Rezensent Gunter Hofmann das Buch Brigitte Seebachers zur Seite gelegt. Die Autorin, 14 Jahre lang mit dem Ex-Bundeskanzler liiert, hat ein "belangloses", wenn nicht gar "anmaßendes" Buch geschrieben. Diesbezüglich ist sich der Rezensent nicht ganz sicher. Doch er weiß ganz genau, dass Seebacher der Komplexität eines Willy Brandt und der damaligen Ereignisse nicht gerecht wird. Sie erklärt den Einfluss Wehners, den Rücktritt, die Rolle Ost-Berlins und Moskaus "nach einem simplen Konspirationsmuster" und ergeht sich in "kleinen, giftigen Andeutungsmixturen", die zwar Methode haben, aber nichts "Neues, Belegbares oder auch nur Logisches" mit sich bringen. Mehr als bedauerlich findet es der Rezensent, dass von der Vielschichtigkeit Brandts, seinen "Irrtümern und Metamorphosen" nichts sichtbar wird. Der Leser sei am Ende überzeugt, dass das Buch "allenfalls" im Namen Willy Brandts verfasst worden war. In seinem Sinn sicher nicht.